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Kommentar Macron und Merkel in USABundesregierung handelt falsch

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Noch hat Merkel Donald Trump nicht getroffen, doch die Stimmung ist schlecht. Dabei gäbe es eine Strategie gegen den Unberechenbaren.

Merkel hat sich aus wirtschaftlichen Interessen isoliert, gegen Trump kann sie so wenig ausrichten Foto: reuters

A ls Emmanuel Macron Anfang dieser Woche nach Washington flog, schien die Welt der EU noch in Ordnung. Der junge Staatschef werde als Anwalt französischer wie europäischer Interessen auftreten, so die Hoffnung. Macron hat diese Erwartung, trotz seines peinlichen Schulterschlusses mit US-Präsident Donald Trump, weitgehend erfüllt. In seiner Rede vor dem Kongress sprach er, als sei er „Monsieur Europe“.

Doch nun, da auch Angela Merkel am Freitag nach Washington pilgert, macht sich Pessimismus breit. Trump werde das Atomabkommen mit Iran kündigen und wohl auch Strafzölle auf Stahl und Aluminium verhängen, sagen Merkels Berater. Dieser Pessimismus mutet merkwürdig an. Vor allem das Timing erstaunt. Wieso bläst die Bundesregierung schon Trübsal, noch bevor Merkel mit Trump gesprochen hat?

Offiziell läuft die Befreiung der EU-Staaten von den US-Strafzöllen erst am 1. Mai aus. Bis zur Entscheidung über den Atomdeal bleiben sogar noch zwei Wochen. Das Problem ist allerdings, dass von echten Verhandlungen keine Rede sein kann. Die Entscheidung liegt allein bei Trump. Der US-Präsident muss keinen Finger rühren, damit die Strafzölle kommen und der Atomdeal platzt. Es genügt, dass er sich nicht bewegt, um die Europäer vor den Kopf zu stoßen. Deshalb bewegen sich Macron und Merkel. Der französische Staatschef versucht es mit einer Charmeoffensive, die Kanzlerin mit Pädagogik. Fruchten wird wohl nichts von beidem.

Das liegt nicht nur daran, dass Trump in der Außen- und Handelspolitik ein hoffnungsloser Fall ist. Selbst seine Berater wissen heute nicht, was er morgen tun wird. Das Problem liegt auch aufseiten der EU. Denn die Europäer treten nicht geschlossen auf. Macron und Merkel beteuern, sie hätten sich abgesprochen, haben aber unterschiedliche Interessen.

Merkel ist aus der EU-Front ausgeschert

Frankreich geht es vor allem um die Partnerschaft mit den USA. Bei Macrons Besuch standen die Außenpolitik und der Iran-Deal im Fokus. Deutschland hingegen möchte Exportweltmeister bleiben. Um das zu erreichen, ist Merkel aus der Front der EU-Handelspolitik ausgeschert. Statt auf die zuständige Kommission zu warten, schickte sie ihren Wirtschaftsminister vor. Das sorgte für Unmut und führt nun wohl auch zum Scheitern. Denn während Merkel und Altmaier den USA weit entgegenkommen wollen, um neue Zölle abzuwenden, lehnen Frankreich und die EU dies ab.

Die Europäer haben sich auseinanderdividieren lassen und deshalb nichts erreicht. „Angie goes to Washington“ wird wohl kein Hit mehr werden – sondern Symbol für eine schwache Kanzlerin und ein geschwächtes Europa.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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13 Kommentare

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  • Jetzt merkt man es endlich auch bei der taz, dass das Kanzleramt seit 12 Jahren fehlbesetzt ist.

  • „Macron hat diese Erwartung, trotz seines peinlichen Schulterschlusses mit US-Präsident Donald Trump, weitgehend erfüllt.“

     

    Eben nicht! Es ist bedeutungslos, welche schönen Reden er mit Blick aufs Publikum zu Hause hält. Wichtig ist, wie er bei den Verhandlungen mit Trump aufgetreten ist. Und dieser Auftritt war offensichtlich zur vollen Zufriedenheit seines Freundes Donald.

    Interessant war übrigens die Reaktion unserer bürgerlichen Presse auf T&M’s Kuschelkurs. Die meisten Autoren schoben regelrecht Panik, weil der europäische Schoßhund der Amerikaner in Zukunft wohl nicht mehr aus Berlin, sondern aus Paris kommt. Und dabei hatte man sich so schön in der Hegemonie eingerichtet…

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Naja, ein wenig (ganz mächtig) stolz war ja unser Hauptstadtpressekorps schon auf seine Ms "Leader of the Free World", nicht wahr? Da haben die ausländischen Kollegen immer so schön andächtig geschaut, wenn man mit nonchalanter Miene davon erzählte, "wie sie wirklich ist" etc..

       

      Und jetzt kommt doch tatsächlich dieser hübsche Neuling aus Frankreich daher und macht Einen auf erste Geige: Konzipiert forsch an Europa rum und strahlt dann den Donald so zuckersüß an, dass der glatt für drei Tage das Poltern vegisst. Als nächstes macht er wahrscheinlich noch mehr Sachen, wo Angie von Natur aus nicht mitziehen kann - geht Oben-Ohne-Angeln mit Putin und spielt Basketball mit Kim (auf einen etwas niedriger gehängten Korb), zum Beispiel.

       

      Am Ende muss man sich jetzt noch mit den arroganten Pinseln von Le Monde (oder so) gutstellen, um weiter "dazuzugehören". Echt jetzt - o tempora, o mores!

       

      ;-)

  • Einfach gar nicht ignorieren! Macht es wirklich Sinn, ausgerechnet mit den Leuten sprechen zu wollen, die sich täglich ihres ungezügelten Starrsinns und Irrsinns brüsten?

    Trump agiert wie ein Geschäftsmann, wie ein Staatsmann kann er doch gar nicht. „Hau die Leute vor den Kopf und sie werden sofort wissen wollen, woher der Schlag kam.“ Das hat bei ihm System, denn in seiner Welt funktioniert sowas anscheinend immer noch hervorragend. Wer dann so gar keine anderen Erfahrungen macht, der muss ja irgendwann glauben, er wäre der geilste Typ unter der Sonne - auch, wenn er in Wirklichkeit nur ein Toupet auf Kackstelzen ist.

  • "Das liegt nicht nur daran, dass Trump in der Außen- und Handelspolitik ein hoffnungsloser Fall ist."

     

    a) sieht nicht aus, dass die Welt unter Trump zu einem gefährlicheren Ort geworden ist

     

    b) mit solchem Handelsdefizit https://wolfstreet.com/wp-content/uploads/2018/03/US-trade-balance-2018-01-goods-services.png

    macht er in Sachen Außenhandel alles richtig. Man sollte sich eher fragen, warum seine Vorgänger nichts gemacht haben.

  • Die endgültigen Abgesänge auf Merkels Glanzzeiten als Außenpolitikerin wiederholen sich seit etwa zwölf Jahren mit schöner Regelmäßigkeit. Hier also wieder einer. Gratuliere, der ist besonders fein gelungen. Und der im lichtgestaltgeilen deutschen Medienzirkus ach so beliebte Vergleich zum feschen Newb aus Paris ist sogar einigermaßen dezent ausgefallen.

     

    Zugegeben hat die Kanzlerin auch mit Trump einen Gegenüber, den man weit schwerer nach bewährter Manier dahin mannhaft-eigensinnig stürmen lassen kann, wo man ihn gerne haben will - weil er möglichweise trotz allerbester Steuerung auf halbem Weg quer abbiegt. Aber ich warne trotzdem davor, hier vorschnell zu urteilen, so sehr es den geneigten Beobachter auch (mal wieder) unter den Fingern jucken mag, Merkels unelefantöse Art als Unfähigkeit zu deklarieren.

     

    Bisher hat immer sie Recht behalten, und die vielbeschworene Merkeldämmerung hat irgendwie nicht stattgefunden.

  • Guter Kommentar - alles richtig. Die Oberen in Berlin sollten ihn aufmerksam lesen.

    • @Claudio:

      Stimme Ihnen voll und ganz sowie ohne Einschränkungen zu.

       

      Das Problem liegt hier - wie so oft in der Vergangenheit - darin, dass die EU keine Union ist, sondern ein Verbund unterschiedlicher Staaten, die alle und jeder einzelne nach dem für ihn Besten schaut, und genau so agiert.

       

      Es führt also kein Weg daran vorbei, wir müssen das tun, was Politiker nur ungern tun - wir müssen entscheiden. Entscheiden darüber, ob wir zu einet Union werden möchten (was jedoch bedeutet, dass alle Staaten weitere Souveränität und Autonomie an die EU abgeben, oder ob wir die EU abwickeln.

       

      Vielleicht könnte gerade die Politik von Präsident Trump den Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung vorantreiben (?).

      • @Der Allgäuer:

        Oder lassn die EU wie sie ist. Ein Bund von Staaten. Als ein solcher Staatenbund ist er ja schließlch auch gegründet worden.

  • Weshalb sollte die Bundesregierung falsch handeln, wenn sie versucht, deutsche Interessen zu verhandeln. Selbst wenn es Frau Merkel nicht gelingen sollte, die Zölle zu verhindern, so hat sie es wenigstens versucht.

     

    Wann will den eigentlich die zuständige EU-Kommission handeln? Die Zölle sind für kommenden Dienstag geplat.

     

    Und in welchem Punkt war Herr Macron bitte erfolgreich? Er hat ein wenig den Gärtner gespielt und ansonsten nix erreicht.

    • @DiMa:

      "Wann will den eigentlich die zuständige EU-Kommission handeln? Die Zölle sind für kommenden Dienstag geplat."

       

      Gegenmaßnahmen sollen ergriffen werden, wenn T die Zölle erhebt, nicht vorher. Deshalb heißen sie auch GEGENmaßnahmen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Handeln kann man auch um einen Handelskrieg abzuwenden. Man muss also nicht auf den ersten Einschlag warten, sondern sollte versuchen, diesen abzuwenden.

         

        Das sollte eine Spielart guter Diplomatie sein.

        • @DiMa:

          Es wird doch verhandelt. Dabei geht das Gerücht um, dass sich einige amerikanische Politiker verletzt haben, als sie auf den Schleimspuren europäischer Abgesandter ausgerutscht sind.

           

          Merkel ist ja auch extra angereist.