Kommentar Machnig: Trotz Schaden nichts gelernt
Eigentlich hätte die SPD nach der Abzocker-Debatte sensiblisiert sein müssen, für drohende Gefahren. Doch Konsequenzen wurden keine gezogen.
D er Fall Machnig kommt für die SPD zum ungünstigsten Zeitpunkt. Eine Woche vor der Bundestagswahl ist der Eindruck vom letzten Jahr wieder da, als Peer Steinbrück monatelang über Vortragshonorare, Kanzlergehälter und Weinpreise diskutieren musste und selbst die Diskussionen befeuerte: dass es sich bei führenden Sozialdemokraten um Abzocker handelt – um Genossen, die ihre Bodenhaftung verloren haben.
Für eine Partei, die sich als Schutzmacht der kleinen Leute präsentiert, ist ein solches Image verheerend. Noch beunruhigender ist ein anderer Aspekt: Bei der SPD stimmt noch immer das Management nicht, das rechtzeitige Wahrnehmen von Gefahren. Steinbrück reiste, auch als er längst als einer der möglichen Kanzlerkandidaten der SPD benannt worden war, noch zu bezahlten Vorträgen durchs Land.
Matthias Machnig ließ sich in Steinbrücks Kompetenzteam holen, obwohl er um die politische Brisanz seiner Ruhestandsbezüge wissen musste. Der harte Check von Kandidaten und Mitarbeitern auf mögliche Skandale, die in US-Parteien Standard sind, scheint im Willy-Brandt-Haus noch immer nicht Usus zu sein.
Rechnet man die Alleingänge Sigmar Gabriels hinzu, irrlichtert die SPD zurzeit ähnlich durch die politische Landschaft wie die FDP 2009 – wenn auch nicht vom Größenwahn aufgeblasen wie die Liberalen damals. Bald darauf hatte die FDP ihren Wähleranteil halbiert.
Kommt es nach der Wahl zur Großen Koalition und agiert die SPD darin ähnlich erratisch wie zuletzt, dürfte erneut Merkel profitieren. Allmählich müssten in der SPD-Zentrale Überlegungen über eine bessere Koordination und Fehlervermeidung beginnen. Sicher sein, dass es solche geben wird, sollte man nach dem letzten Jahr nicht mehr.
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