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Kommentar Libyen-UntersuchungDie falschen Lehren aus Bengasi

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Es ist gut, dass es eine Untersuchung der britischen Beteiligung an der Militärintervention in Libyen gibt. Das Ergebnis allerdings taugt nichts.

Bengasi, 2011 Foto: dpa

N icht immer ist man hinterher klüger. Es ist löblich, dass die Außenpolitiker des britischen Parlaments sich parteiübergreifend die Mühe gemacht haben, die britische Beteiligung an der Militärintervention in Libyen 2011 zu untersuchen.

Die stürzte schließlich nicht nur das Gaddafi-Regime, sondern verwandelte Libyen in einen gescheiterten Staat, der zwischen unzähligen Warlords zerbröselt. So entschlossen die Interventionsmächte den Diktator stürzten, so unentschlossen blieben sie, als es danach darum ging, Waffen einzusammeln, Milizen aufzulösen und Staatlichkeit aufzubauen.

In ihrem Bestreben, diesen Versäumnissen auf den Grund zu gehen, schießen die britischen Abgeordneten allerdings über das Ziel hinaus. Ihre Wertung, Gaddafi habe seine Drohung vom März 2011, Gegner massenhaft abzuschlachten, nicht ernstgemeint, lässt sich genausowenig überprüfen wie die Annahme der damaligen britischen Regierung und dann auch des UN-Sicherheitsrats, es habe im März 2011 wirklich ein Massaker an Zivilisten im libyschen Bengasi gedroht, gegen das man präventiv eingreifen musste.

Wenn man auf die letztere Annahme keine politische Strategie gründen kann, gilt das also auch für die erstere. Zu sagen, London habe der Angst vor einem „zweiten Srebrenica“ in Bengasi „unangemessenes Gewicht beigemessen“, ist blanker Zynismus in Zeiten des syrischen Horrors.

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Intervention ist außer Mode geraten, und das liegt auch an Libyen, das nach dem Ende des Eingreifens so spektakulär kollabiert ist. Die neue Mode heißt Nichteingreifen. So lässt die Angst vor einem „zweiten Libyen“ in Syrien heute Diktator Assad straflos und ist mitverantwortlich dafür, dass das syrische Regime ungestraft Verbrechen verüben kann, die viel schlimmer sind als diejenigen, zu deren Verhindern der UN-Sicherheitsrat im Jahr 2011 ein Eingreifen in Libyen erlaubte. Irgendwann wird es sicher auch dazu eine Untersuchung geben. Vielleicht ist dann jemand klüger.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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5 Kommentare

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  • "Das Ergebnis allerdings taugt nichts."

     

    Weil es Ihnen nicht passt Herr Johnson?

     

    Oder sind Sie tatsächlich dafür, den Krieg auf Verdacht zur Norm zu machen?

  • Da stellt ein Untersuchungsausschuss des britischen Parlaments mit großer Mehrheit fest, dass eine "drohende Abschlachtung politischer Gegner" durch die Ghaddafi-Regierung im Jahre 2011" nicht nachweisbar war und als Interventionsgrund ausscheide.Das gefällt unserem TAZ-Redakteur gar nicht - und vor allem gefällt ihm nicht, dass westliche Militärinterventionen irgendwie ein bisschen aus der Mode gekommen sind. Sein Vorschlag: Erst bombardieren, dann "Waffen einsammeln, Milizen auflösen, Staatlichkeit aufbauen." Eben genau so, wie es die USA und ihre Verbündeten im Irak und Afghanistan seit Jahren erfolgreich betreiben. Besonders zynisch wird die Sache, wenn die schreckliche Situation in Syrien auf mangelnden Interventionsenthusiasmus westlicher Staaten zurückgeführt wird - als ob die Situation in Syrien nicht wesentlich dadurch zustande gekommen ist, dass dutzende von ausländischen Staaten und Mächtegruppen permanent mit ihren jeweiligen Hilfstruppen den Konflikt immer weiter anheizen.

  • Das Problem bestand darin das Nato-Staaten als Lufwaffe einer Bürgerkriegspartei fungierten. Da wurde jede Truppenbewegung der Armee niedergebombt.

  • Wenn Libyen jetzt die einzige "shit show" gewesen wäre, die westliche Interventionspolitik in den letzten Jahrzehnten auf dem Spielplan hatte, dann hätte man dem Autor vielleicht noch mildernde Umstände für diese Kriegstreiberei zubilligen können. So aber muß man konstatieren, daß einige es offensichtlich nie lernen.

  • " Die neue Mode heißt Nichteingreifen. ..Diktator Assad straflos "

     

    Assad, Erdogan, Kim, Bongo... Es gibt viel zu tun, greifen wir ein!