Kommentar Konflikt auf der Krim: Minsk-Prozess geopfert
Der Streit zwischen Russland und der Ukraine zeigt: Friedensverhandlungen machen keinen Sinn mehr. Eine letzte Hoffnung bleibt aber noch.
R ussland beschuldigt die Ukraine, auf der Krim einen Terroranschlag geplant zu haben. Ukrainische Quellen berichten hingegen, russische Soldaten auf der Krim seien desertiert. Dabei sei es auch zu Schusswechseln gekommen, die die russische Seite vertuschen wolle, indem sie diese Vorfälle der Ukraine in die Schuhe schiebe, die angeblich einen Terroranschlag geplant habe.
Auch wenn die Vorgänge auf der Krim undurchsichtig sind – ein Opfer dürfte jetzt schon feststehen: der Minsk-Prozess. Mit ihrem Terror habe die Ukraine den Minsk-Prozess ad absurdum geführt, findet der russische Präsident. Weitere semi-offizielle Friedensverhandlungstreffen im sogenannten Normandie-Format hätten nun auch keinen Sinn mehr.
Auch auf der ukrainischen Seite scheinen die Gegner der Verhandlungen von Minsk, die vor allem unter den rechtsradikalen Freiwilligenbataillonen zu finden sind, an Boden zu gewinnen. Die Umstände um den derzeit in Kiew geführten Prozess gegen Angehörige des Freiwilligenbataillons Tornado, denen die ukrainische Militärstaatsanwaltschaft Folterung und Vergewaltigung von Gefangenen vorwirft, zeigen, dass die Gegner der Minsk-Verhandlungen einen starken Rückhalt in der Gesellschaft haben.
Regelmäßig finden vor dem Gerichtsgebäude Solidaritätsdemonstrationen für die Angeklagten statt. Offen drohen die Angeklagten den Richtern mit Rache, sollten diese gegen sie urteilen. Zurechtgewiesen werden sie nicht. In den letzten Wochen häufen sich die Todesfälle an der Waffenstillstandslinie im Donbass erneut. Auch die hasserfüllte Rhetorik eskaliert auf beiden Seiten des Konfliktes. Wie weiter?
Formal geht es bei den Minsk-Verhandlungen nur um den Donbass, nicht um die Krim. Dass nun ausgerechnet der russische Präsident einen Zusammenhang zwischen der Lage auf der Krim und den Verhandlungen um den Donbass herstellt, sollte als Chance begriffen werden, die Krim in den Verhandlungsprozess einzubeziehen.
Da es auf der Krim keine Toten gegeben hat, ist dort der Hass auch nicht ganz so groß wie im Donbass. Und deshalb dürfte eine Einbeziehung der Krim in den Verhandlungsprozess diesen insgesamt eher erleichtern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies