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Das ist schon das zweite mal, dass ich in der der TAZ eine Erwähnung des Schweizer Modells gefunden habe. Im ersten Artikel ging es um die Reaktion der Gelbwesten auf die Benzinpreiserhöhung. Wenn ich es aber richtig in Erinnerung habe, bezog sich die Abgabe nur auf Strom. Insofern passt das Modell nicht ganz zur geforderten Wende im Verkehr. Wie eine sozialverträglich Wende im Verkehr aussehen könnte, wäre aber eine spannende Frage. Arbeitsplatznahe Wohnungen werden ja immer teurer. Das ist in Deutschland so und auch in Frankreich. Vielleicht nicht in der Schweiz, da es dort viele Wohnungsbaugenossenschaften gibt.
Wie könnte eine sozialverträgliche Anwendung dieses Modells auf den Verkehrsbereich funktionieren? Da lange Pendelwege ja relativ viel Energie verbrauchen, dürfte die Pro-Kopf-Rückverteilung für einkommensschwache Familien geringer ausfallen, als für Gutverdiener, die sich einen Wohnung in Arbeitsplatznähe leisten können. Wie könnte man das machen?
Bevor man sich auf den Verkehrssektor stürzt, empfehle ich, alle Häuser und Wohnungen statt mit Heizöl oder Gas mit dem günstigen und preiswerten Strom zu beheizen. Die Infrastruktur ist vorhanden, und somit kann man ab sofort viel CO2 und der Verbraucher auch sehr viel Geld sparen!
@Wellmann Juergen Direkte Elektro-Heizung ist gesamt-energetisch sehr ineffizient & teuer. Gehe davon aus, dass Beheizung mit Wärmepumpe gemeint ist:
youtu.be/rjHtvYPqZFY - Wärmepumpe: Prinzip & Energiefluss (3:57 Video)
Das erfordert allerdings eine stetige Wärmequelle, die ein möglichst hohes Temperaturniveau auch an kalten Wintertagen halten sollte: Einfache Luft-Wärmepumpen schwächeln leider genau dann, wenn die meiste Heizenergie benötigt wird. Hingegen lässt sich schon ab 1~2 Meter Tiefe ein Erdwärme-Reservoir erschließen, mit dem man effektiv über den Winter kommt.
Noch weniger Antriebsleistung verbrauchen Wärmepumpen mit stellenweise leicht verfügbarem Grundwasser, das unerschöpflich 5~10°C liefert oder mit Tiefensonden, die fast allerorts den Wärmebedarf für ein EFH aus 1 oder 2 Bohrungen je 100~200m Tiefe liefern können, wo eine Temperatur von bis zu 15°C herrscht (von örtlichen Thermal-Quellen ganz zu schweigen):
www.energie-expert...ien/erdwaerme.html - Erdwärme-Brunnen, Kollektoren & Tiefensonden
www.bosy-online.de/Erdkollektoren.htm - Verschiedene Erdwärme-Kollektoren
Für städtisch dichte Bebauung bietet sich hingegen ein forcierter Ausbau von Fernwärme-Netzen an oder effiziente Insel-Lösungen mit Nahwärme aus Quartier-Klimazentralen:
de.wikipedia.org/w...#Vierte_Generation - Wärmenetze 4.0 + "Kalte Fernwärme"
aktionskreis-energ...3%A4rmequellen.pdf - Quartier-Klimatisierung mit Wärmerückgewinnung, Geothermie & kalter Nahwärme "Anergienetz" (Präsentation 17.05.18)
Volle Zustimmung. Nicht die Technologie allein macht's, sondern ihr gezielter und vor allem maßvoller Einsatz. Der Diesel ist daran gescheitert, dass er als Mittel der Wahl für alle Fälle propagiert wurde. Wenn der SUV-Wahn jetzt batteriebetrieben fortgesetzt wird, kommen wir keinen Schritt weiter.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist richtig und wichtig. Folgendes sollte allerdings nicht aus den Augen verloren werden:
1. Mit ihnen wurde die gesellschaftliche Diskussion um das "Energie sparen" komplett verdrängt. Sie stand im Gegensatz zu den Wachstumszielen, die mit "sparen" nicht zu erreichen sind.
2. Statt der seinerzeit zur Kraftwerksauslastung und als Begründung für den Ausbau von Kraftwerkskapazitäten geförderten "Nachtspeicher-Heizungen", wird heute und künftig die E-Mobilität gefördert.
3. Die "edelste aller Energieformen" ist ein Produkt, dass abhängig von anderen Energie verbrauchenden Produkten ist, und keine Frage von fehlenden Speicherkapazitäten.
4. Der Bedarf an "billiger" Energie wird aus ökonomischen Gründen mit dem extensiven Ausbau der IT und Digitalisierung (neben den Steigerungen des allgemeinen Konsums) zwingend erforderlich bleiben. Eine Lösung, wie sie mit der Verteuerung von CO2 Emissionen angeboten wird, darf - die Diskussion läuft ja bereits - den Wirtschaftsstandort nicht gefährden. Die energieintensive Industrie ist bereits entlastet, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.
5. Der Zusammenhang zwischen ehemals "Umweltzerstörung", heute Erderwärmung/Klimawandel, und Wirtschaftswachstum will nicht gesehen werden. Denn "sparen" ist dem Verbrauch abträglich und muss mit allen Mitteln vermieden werden.
In den 1980er Jahren waren simple Zusammenhänge präsenter als heute. Dass ist ebenfalls ein Katastrophe: eine Intellektuelle!
Richtig, die Weigerung der jeweiligen Regierungen die Grossverbraucher anzugehen ist skandaloes.
Der Gesamtenergieverbrauch ging 2018 deutlich zurueck, nicht nur im Stromsektor (EEG) sondern generell.
Siehe Ageb:
"
Pressedienst
Nr. 5, 2018 (19. Dezember)
Energieverbrauch 2018 deutlich gesunken
Geringster Verbrauch seit Anfang der 1970er Jahre / CO2-Ausstoß gesunken "
Sehr guter Beitrag!
Und bitte nicht vergessen: Viele von der EEG Umlage befreite Firmen bitte auch an der EEG Umlage (wieder) beteiligen um die Höhe der Umlage für alle wieder abzusenken.
Weidel verharmlost die AfD, Wagenknecht hilft ihr dabei. Das TV-„Duell“ war für beide ein Erfolg, und auch für den Springer-Sender Welt TV.
Kommentar Klima- und Verkehrspolitik: Prügelknabe Energiewende
Der Umbau der Stromwirtschaft kommt zügig voran. Der mangelnde Erfolg der Klimapolitik ist einer verfehlten Verkehrspolitik geschuldet.
Woran es hakt? An der Verkehrspolitik Foto: dpa
Die Energiewende hat schon viel Prügel bezogen. Vor allem eine Argumentation klingt so herrlich plausibel, dass Kritiker sie gerne nutzen. Und die geht so: Alljährlich bezahlen die Stromkunden einen zweistelligen Milliardenbetrag per EEG-Umlage, und dennoch sind die CO2-Emissionen Deutschlands seit Anfang des Jahrzehnts nicht merklich zurückgegangen. Warum also der ganze Aufwand? Vordergründig ist die Aussage korrekt, doch wie so oft lohnt hier der genauere Blick. Denn die Darstellung vermischt zwei Aspekte, die unbedingt zu trennen sind.
Im Stromsektor nämlich – und den alleine betrifft das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – sind die Fortschritte deutlich. Seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 gingen die CO2-Emissionen pro Kilowattstunde im deutschen Strommix um 24 Prozent auf 489 Gramm im Jahr 2017 zurück. Dies wohlgemerkt bei gleichzeitiger Abschaltung von einigen Atomkraftwerken. Im Jahr 2018 dürfte der CO2-Kennwert des Stroms abermals um etwa 5 Prozent sinken. Ob dieser Fortschritt nun erstens zu langsam und zweitens zu teuer erkauft ist, darüber kann man diskutieren – aber als unwirksam kann man die Bemühungen der Energiewende mit Blick auf den Strommix nicht bezeichnen.
Wenn Kritiker der Energiewende dennoch bestrebt sind, diese als teure Nullnummer darzustellen, argumentieren sie perfide: Die Fortschritte im Stromsektor werden kurzerhand mit den steigenden Emissionen andernorts – speziell im Verkehr – aufgerechnet. Dann bleibt vom Klimaschutz in Deutschland in der Tat wenig übrig. Jedoch: Dass die Menschen immer mehr fliegen und Auto fahren, kann man nun wirklich nicht dem Umbau der Stromwirtschaft und dem EEG anlasten.
Wer die Energiewende fair analysiert, trennt also die beiden Dinge sauber: die voranschreitende Stromwende einerseits, und die – von Symbolen abgesehen – nicht stattfindende Energiewende im Verkehr und in großen Teilen des Gebäudebestandes andererseits. Auch das Jahr 2018 hat gezeigt, wie die Stromwende vorankommt: Nach ersten Schätzungen wurde 5 Prozent weniger Strom aus fossilen Energien erzeugt als im Jahr zuvor, das bereits den Tiefstwert seit der Wiedervereinigung bescherte. Um ein Viertel ist die Kohleverstromung seit dem Start des EEG gesunken. Die erneuerbaren Energien unterdessen – im Jahr 2000 noch unter 7 Prozent – decken heute schon fast 40 Prozent des Verbrauchs.
Aber dann ist da eben die andere Seite, der Verkehrs als Sorgenkind. Der von Pkws verursachte CO2-Ausstoß ist seit mehr als 20 Jahren in Deutschland praktisch unverändert, jener von Lkws stieg in dieser Zeit sogar um 20 Prozent. Und der Flugverkehr hat in den zwei Jahrzehnten seine CO2-Emissionen sogar verdoppelt; sie eilen weiter von Rekord zu Rekord. Wenn es einen großen Fehler der bisherigen Energiewende gab, dann jenen, den Verkehr zu wenig beachtet zu haben.
Konsequent eine Verkehrswende einfordern
Wer mangelnden Erfolg der deutschen Klimapolitik beklagt, sollte also konsequenterweise die Verkehrswende einfordern. Nur: Wie sieht die idealerweise aus? Schließlich ist leidenschaftlich umstritten, was der beste Weg ist. Gehört die Zukunft der Batterie? Oder der Brennstoffzelle? Vielleicht auch dem Verbrennungsmotor mit regenerativ erzeugtem Methan oder erneuerbaren Flüssigbrennstoffen? Alles denkbar, natürlich auch ein Technologiemix, je nach Nutzungsprofil des jeweiligen Fahrzeugs. Und deswegen sollte die Politik nicht den Lobbys einzelner Techniken auf den Leim gehen, indem sie spezifisch fördert. Vielmehr sollte sie, um Fehlsteuerungen zu verhindern, die Energiewende im Verkehr technologieoffen angehen.
Der von Pkws verursachte CO2-Ausstoß ist seit mehr als 20 Jahren in Deutschland praktisch unverändert
Zielsicher gelingt das mit einer CO2-Steuer. Denn mit dieser setzt sich durch, was technisch am besten ist und was zugleich den klimapolitischen Zielen am ehesten gerecht wird – und nicht was Lobbyisten wünschen. Es gewinnt nicht jene Technik, die in theoretischen (gerne schöngerechneten) CO2-Bilanzen der grünen Seele schmeichelt. Sondern jene, die faktisch am klimafreundlichsten ist. So schützt eine CO2-Steuer vor Scheinlösungen. Das betrifft immer mehr auch den Strommarkt. Auch diesem täte ein Systemwechsel von der gesetzlichen Einspeisevergütung zur CO2-Steuer gut.
Strom aus fossilbefeuerten Kraftwerken würde teurer, und die erneuerbaren Energien könnten sich ohne Förderung am Markt behaupten. So hätte auch die leidige Debatte über die Kosten der Ökoförderung ein Ende, weil diese stetig sinken und schließlich auslaufen würden. Der Charme des marktwirtschaftlichen Ansatzes – CO2 verteuern, ansonsten den Marktakteuren freies Spiel gewähren – findet inzwischen viele Unterstützer.
Abgabe auf fossile Brennstoffe
Zum Beispiel propagieren sowohl die Klimaforscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung wie auch das wirtschaftsnahe RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung einen höheren Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen. Bei der Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz sollte man sich nicht verunsichern lassen durch die eskalierten Proteste in Frankreich, die sich an einer Erhöhung der Benzinsteuer entzündeten. Man sollte lieber in die Schweiz blicken, die ihre „Lenkungsabgabe“ auf CO2 wieder an die Bürger ausschüttet – pro Kopf. Damit erhält die Abgabe sogar eine soziale Komponente, denn aufgrund der Pro-Kopf-Regel profitieren tendenziell die Familien. Für den Staat bleibt das Ganze ein Nullsummenspiel – wichtig für die Akzeptanz.
Die Schweiz wählte zugleich ein Preisniveau, das ökologische Lenkungswirkung garantiert: Auf fossile Brennstoffe wird eine Abgabe von umgerechnet 85 Euro pro Tonne CO2 erhoben: Das ist das Vierfache dessen, was aktuell im europäischen Emissionshandel fällig wird. Eine ähnliche CO2-Abgabe für Deutschland, diskriminierungsfrei auf alle fossilen Energieträger erhoben, wäre ein Garant dafür, dass eine allumfassende Energiewende endlich stattfindet – und das Land nicht länger bei der Stromwende hängen bleibt.
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Schwerpunkt Klimawandel
Kommentar von
Bernward Janzing
Autor
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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