Kommentar Kanzlerkandidatin Merkel: Die neue Kohl

Merkel will noch mal. Doch das Land hat sich in den elf Jahren ihrer Kanzlerschaft stark verändert. Die AfD wird es ihr nicht leichtmachen.

Eine Bildmontage aus Angela Merkels und Helmut Kohls Gesicht

Irgendein Wortspiel: Mohl oder Kerkel oder Kohkel Foto: dpa/taz

Die Revolution fällt also aus. Angela Merkel will für die Union erneut als Kanzlerkandidatin antreten. Wirklich überraschend ist das nicht. Wer ihr in den zurückliegenden Monaten bei der Arbeit zugeschaut hat, konnte spüren: Diese Frau ist nicht nur gern Kanzlerin, sie hat auch noch was vor. An Ideen mangelt es ihr nicht. Nun also: die vierte Kanzlerschaft. Dass sie sie erringt, ist aber alles andere als ausgemacht.

Es wird, so viel ist schon heute klar, der anstrengendste Wahlkampf, den das Land je erlebt hat. Aber diese Auseinandersetzung ist überfällig. Zur Demokratie gehört der offen ausgetragene Wettstreit der Ideen. Die BürgerInnen dieses Landes werden sich darüber, jeder und jede für sich, verständigen müssen, was ihnen der Parlamentarismus wert ist. Nach vielen Jahren der – übrigens maßgeblich von Merkel selbst verantworteten – politischen Agonie wird es hoffentlich endlich wieder einen echten Austausch geben. Keine politische Figur verkörpert so deutlich wie Merkel den Wandel von der stillen Verwalterin zu jener Akteurin, die gezwungen wird, ihr Tun zu erklären.

Man kann sich denken, wer sich über die Nachricht aus dem Konrad-Adenauer-Haus am meisten freut. Bei der Alternative für Deutschland werden die Wahlkampfstrategen schon die ersten Slogans texten: „Erneuerung statt Stillstand“ – etwas in dieser Art. Und tatsächlich sieht die Sache auf den ersten Blick ganz einfach aus. Merkel, die Hassfigur der Rechtspopulisten, kandidiert erneut als Bundeskanzlerin. Ihre Partei, die CDU, will sich künftig der gesellschaftlichen Mitte widmen – und räumt damit den rechten Rand.

Was aber erst einmal nach einer Steilvorlage für rechte Blender aussieht, ist doch recht eigentlich die Diskussionsgrundlage für eine ganze Gesellschaft. Die etablierten Parteien und ihre Vertreter können jetzt zeigen, was sie unter Politik verstehen. Sie müssen Angebote machen, sagen, was sie ab 2017 ändern wollen. Arbeit, Steuern, Bildung, Handel, Umwelt- und Entwicklungspolitik – das alles sind Themen, die ja letztlich jeden konkret betreffen. Viele haben das aber aus dem Blick verloren.

Gelänge diese neue gesellschaftliche Verständigung im Wahlkampfjahr, könnte Angela Merkel schon bald, vielleicht in der Mitte der Legislaturperiode, das Kanzleramt Richtung Uckermark verlassen.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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