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Kommentar Italienisches HafenverbotVerständliche hilflose Drohung

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Es ist legitim, dass Italien die europäischen Partner in die Pflicht nehmen will. Auf dem Rücken der Flüchtlinge lässt sich das aber nicht erreichen.

Du kommst hier nicht rein? (Symbolbild) Foto: ap

S eit Jahren schon fordert Italien eine Europäisierung der Flüchtlingspolitik – und jetzt versucht das Land, die Wende mit der Brechstange zu erzwingen. In Zukunft, so die Regierung in Rom, sollen die nicht unter italienischer Flagge fahrenden NGO-Schiffe die Geretteten bitteschön in andere europäische Länder bringen; die italienischen Häfen sollen ihnen verschlossen bleiben.

Wundern muss man sich nicht über diese Drohung. Spätestens seit 2015 heißt es immer wieder aus Brüssel, Italien müsse Unterstützung erfahren von den anderen europäischen Ländern. Geschehen ist jedoch äußerst wenig. Der europäische Umverteilungsplan, der die Aufnahme von etwa 100.000 in Griechenland und Italien angekommenen Flüchtlingen durch andere EU-Staaten vorsah, ist Makulatur. Statt sich zu verbessern, hat sich Italiens Situation im Vergleich zu 2014 deutlich verschlechtert.

Damals nämlich konnten viele Flüchtlinge einigermaßen ungehindert weiterwandern. Damit ist es heute weitgehend vorbei, wegen der lückenlosen Registrierung bei der Ankunft, auch wegen der weit strengeren Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich oder Österreich.

Die anderen Regierungen in der EU wissen das bestens. Mehr als die Zusage, dass Italien seine Flüchtlingsaufnahmekosten aus dem Stabilitätspakt herausrechnen darf, kam jedoch bisher nicht heraus. Deshalb greift Rom jetzt zu seinem Ultimatum. Gelöst wäre mit einer Sperrung der italienischen Häfen schier gar nichts. Es ist unter medizinischen und humanitären Aspekten schlicht unmöglich, die oft genug überfüllten Rettungsschiffe zu tagelangen Fahrten Richtung Frankreich oder Spanien zu nötigen.

So hat Italien recht und unrecht zugleich. Es ist legitim, dass das Land die immer wieder angekündigte Europäisierung der Flüchtlingsaufnahme durchsetzen will. Auf dem Rücken der Flüchtlinge und ihrer Retter lässt sich dieses Ziel jedoch nicht erreichen.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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8 Kommentare

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  • Natürlich hat Italien recht. Aber welche Lösung soll es geben, die unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen NICHT auf dem Rücken der Flüchtlinge angestrebt wird.

     

    Nebenbei, es kommt doch den Interessen der Eliten sehr entgegen, wenn sich die von der Globalisierung Abgehängten gegen andere Arme wenden als gegen die, denen sie ihre Lage verdanken. Die Flüchtlingsfrage am Köcheln zu halten ist aus dieser Sicht doch ganz praktisch.

     

    In Deutschland mag das nicht so wichtig sein, in Italien dagegen führt diese Spaltung zur Abwesenheit jedweder grundlegenden politischen Alternative.

  • Es ist doch grotesk und pure Heuchelei von Menschlichkeit, wenn wir Deutschen Bundeswehrboote vor Libyen kreuzen lässt, um die Flüchtlinge dann in Italien abzuliefern!

    Es ist schon lange an der Zeit, dem einen Riegel vorzuschieben.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Es sollten langsam mal unangenehme Wahrheiten auf den Tisch. In Italien landen derzeit überwiegend Menschen an die kaum Chancen auf Asyl oder Anerkennung als Flüchtlinge haben.

     

    Genau das ist auch das Problem. Weder Merkel noch sonst eine Regierung in Europa wird der Aufnahme einer großen Zahl von "Illegalen" zustimmen (das hat sie auch 2015 nicht getan, damals hatte man das BAMF angewiesen "durchzuwinken", was die Problematik elegant beseitigte, das wird so aber nicht nochmal passieren).

     

    Italien droht übrigens gerade noch recht dosiert. Der größte Teil derer die in Italien anlanden wird von den EU-Missionen gerettet. Den NGOs zu drohen bedeutet nur geringe Kapazitäten binden, aber gleichzeitig die größten Schreihälse auf Linie zu bringen.

     

    Wie auch immer, Merkel ist im Wahlkampf, Macron hat genug damit zu tun die verfehlte Migrationspolitik der Vergangenheit zu reparieren, die Briten sind ohnehin raus, die Spanier kämpfen sich noch immer aus einer Wirtschaftskrise, die Osteuropäer sind gänzlich abgeneigt, das wird so schnell nichts...

     

    Wenn man sich einmal ausserhalb Deutschlands umhört, dann ist der Ton da deutlich martialischer. Ich rechne eher mit der Errichtung dieser komischen Festung Europa als mit sonst was. So siehts aus @ Mankind2017.

  • Es sind nicht die Griechen, die im Mittelmeer ertrinken.

     

    Es wird Zei taufzuwachen, für Europäer, Amerikaner, und wer sonst noch reich ist, über den Tellerand eines warmen Öl-versorgntenm Autos zu schauen und Lösungen zu finden Sterben aufgrund Hunger, Mangelversorgung ....

  • Hier zeigt sich die mangelnde Solidarität und der auch nach 1945 /1989 immer novch vorhandnen Nationalismus europäischer Länder.

     

    Insbesondere polnische und ungarische Menschen (nicht Staaten!) schauen stillschweigend zu wie Mennschen ersaufen und überlassen die Probleme Italien.

     

    Könnte man diese pseudoeuropäischen Staaten, die unter Europa nur Egoismus verstehen nicht einfach mal wieder abkoppeln und sich selbst überlassen? Sollen Sie sich doch ihre Solidaritätsgemeinschaft anderswo suchen.

    • @Rudolf Fissner:

      "Insbesondere polnische und ungarische Menschen..."

       

      Richtig, wir deutschen Menschen retten. Da wir die Geretteten natürlich nicht selbst aufnehmen können, bringen wir sie nach Italien. Viel lieber würden wir sie nach Polen und Ungarn bringen, denn die müssen auch was für die von uns Geretteten tun.

       

      Ein Unding, dass Polen und Ungarn sich die deutsche Moral nicht zu eigen machen wollen.

  • Das Problem: Die Mehrzahl hat keinen Anspruch auf Asyl. Daher ist ein Verbleib z.B. in Deutschland dauerhaft, da sie wohl nie abgeschoben werden können (aus technischen Gründen). Ohne gesuchte fachspezifische Kenntnisse bleiben sie in der Sozialhilfe, in Hilfsarbeiterjobs oder in der Kriminalität. Das Asylrecht wird dadurch in Zukunft geschwächt.

  • "Auf dem Rücken der Flüchtlinge und ihrer Retter lässt sich dieses Ziel jedoch nicht erreichen."

     

    Die deutschen Retter entscheiden über die Einwanderung nach Italien? Um das Befinden der deutschen Retter muss sich Italien wohl keine Gedanken machen.