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Kommentar Handelsabkommen JeftaPrivatisierung durch die Hintertür

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die EU und Japan beschließen das Jefta-Abkommen. Das klingt nach zollfreiem Handel, der beiden zugute kommt, doch ist es eine neoliberale Mogelpackung.

Bei Jefta und weiteren Handelsabkommen der EU geht es nicht in erster Linie um Zollabbau, der angesichts von Trumps Zollpolitik auch angebracht ist Foto: ap

J efta, das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan, zeigt eins: Die RepräsentantInnen der EU ziehen ihr als Handelspolitik getarntes neoliberales Programm durch, das in der Deregulierung von Märkten und Privatisierungen ein Allheilmittel sieht. Bei Jefta und weiteren anstehenden Handelsabkommen der EU geht es nicht in erster Linie um Zollabbau, der angesichts von Donald Trumps Zollpolitik auch angebracht ist. Stattdessen geht es um grundlegende Weichenstellungen für die Politik der beteiligten Wirtschaftsräume unter dem Motto: multinatio­nale Konzerne first, Menschen egal. Das ist nicht die richtige Antwort auf Trump, wie gern behauptet wird. Das ist eine Variante trumpscher Politik.

EU-weit sind Millionen von BürgerInnen gegen die Logik dieser Handelsabkommen auf die Straße gegangen. Denn die Proteste gegen den vorerst gescheiterten Wirtschaftspakt TTIP mit den USA und das mit Kanada ausgehandelte Ceta richteten sich immer auch gegen die Politik im Interesse des Profits, die mit diesen Abkommen verankert werden sollte und soll.

Es schadet VerbraucherInnen, wenn öffentliche Dienstleitungen wie die Wasserversorgung in die Hände privater Unternehmen gegeben werden müssen. Selbst wenn Jefta das nicht explizit vorsieht, sondern nur Hintertürchen für versierte JuristInnen offen lässt – ist die Profitgier groß, ist es auch die Fantasie.

Es ist fuchsschlau, aber nicht klug, dass die EU-Spitzen aus dem Abkommen mit Japan das ausklammern, was besonders umstritten ist: die als Investorenschutz verbrämten Klageprivilegien für Unternehmen, denen politische Entscheidungen nicht passen. Würde Jefta das vorsehen, müsste nicht nur das Europäische Parlament, sondern müssten alle EU-Mitglieder den Pakt ratifizieren. Offenbar glaubt die EU-Kommission selbst nicht, dass das gelingen könnte. Doch Abkommen, die in den Parlamenten wohl nicht mehrheitlich akzeptiert werden, sollte sie gar nicht erst schließen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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12 Kommentare

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  • Wirtschaft funktioniert heute total global, wer nicht mitmacht ist draußen. Europa hat sich heute schon aus Zukunftsindustrien herauskatapultirt. Smartphones werden in den USA entwickelt und in China gebaut, da stören die Europäer nur. Wir haben keine Chance autonome Autos zu bauen. Liefer- und Entwicklungskosten sind global. Nationale Normen funktionieren nicht mehr, dass merken gerade die Brexid Befürworter in GB. Smarte Stromnetze werden wir alleine nicht entwickeln. Das gleiche gilt für die neuen Anwendungen der Gentechnologie nur mal um ein paar Beispiele zu nennen. Wir brauchen eine weiter steigende internationale Zusammenarbeit oder wir machen da nicht mit und isolieren uns. Das gilt für die gesamte EU und natürlich auch für Deutschland.

  • 9G
    90680 (Profil gelöscht)

    Eigtl sollte bereits ein flüchtiger Blick in clandestin wirkende proceedings von TTIP, CETA ea im Verhandlungsvorfeld ausreichen.



    Auch wenn es OT klingen mag: DT‘s TTIP light über die kalte Protektionismusküche kann kaum unbemerkt bleiben.

  • Sorry, aber das glaube ich nicht mehr. Im Endeffekt hat sich auch jeder geärgert, daß wir TTIP und CETA nicht gemacht haben. Der Widerstand war groß, aber gegen was eigentlich genau. Alles in allem bedeutet es m. E. mehr Wohlstand der Bürger. Dieses Schreckensgespenst von wegen "no-government-justice" zieht bei mir zumindest auch nicht mehr wirklich. Denn auf irgendwas muss man sich doch einigen und wenn man es genau nimmt ist der EUGH genau das eine "no-government-justice" ...

    • @Nobodys Hero:

      Naja, ok, daß ich bei diesem Thema absichtlich falsch verstanden werde ist nicht überraschend.

      Letzten Endes bin ich der Meinung: sind solche Handelsabkommen für die Menschen eher etwas gutes, denn in der Regel profitieren alle Seiten.

      Des weiteren ist Trump ein erbitterter Gegner dieser Abkommen...da kann es ja nicht so schlecht sein!... ;)

    • @Nobodys Hero:

      Da hab ich mich aber geärgert...

    • @Nobodys Hero:

      sie argumentieren nicht, sie schreiben nur ihre Meinung oder darüber was sie glauben, aber heutzutage geht es ja auch nicht mehr um Argumente, sondern um gefühlte Wahrheiten, gell?

      • 9G
        90634 (Profil gelöscht)
        @wirklich?:

        "sie argumentieren nicht, sie schreiben nur ihre Meinung oder darüber was sie glauben ..."



        Na und, kann er/sie doch. Das ist ein Kommentarbereich, da finden sowohl argumentativ untermauerte Meinungen wie auch gefühlte Meinungen Platz. Wie in der - achtung Trigger-Wort - realen Welt eben auch. Das kann man doof finden, deswegen gehts trotzdem nicht weg.

        Dieses versuchte Wegrationalisieren von emotionalen Befindlichkeiten die man nicht nachvollziehen kann scheint Ausdruck des hilflosen umsichschlagens vieler Akademiker-Priester, weil diese bereits den Boden unter den Füßen verloren haben und mit ihm den Bezug zu den Befindlichkeiten der Menschen.

    • @Nobodys Hero:

      Also ich hab micht nicht geärgert, dass TTIP und CETA nicht gemacht wurden. Ihrer Pauschalisierung ist daher falsch!

      • @Frederik Andersen:

        erstens ist CETA bereits in vorläufiger Anwendung, was zeigt, wie wenig informiert Sie sind, nur die exclusiven Schiedsgerichte für Unternehmen gibt es erst, wenn alle nationalen Parlamente zugestimmt haben. Problematisch ist neben den Schiedsgerichten, das sich jetzt im Rahmen der regulatorischen Kooperation Gremien aus Politik und Wirtschaft bilden durch die geplante Gesetze der EU erst müssen, damit Wirtschaftsinteressensverbände schon vor der Einbringung in die Organe der EU diese nach ihren Vorstellungen abändern oder blocken können. Es gibt zahlreiche weitere problematische Details, aber das sind die strukturellsten Probleme, die unserem gesamten politischen System schaden

        • @Member0815:

          Es wurde bereits eingangs von Nobodys Hero behauptet, dass CETA nicht gemacht wurde. Genauigkeit ist Ihre Stärke nicht gerade! In diesem Zusammenhang ist vorläufig auch noch nicht endgültig oder abschhließend. Da Sie ja auf Präzision so viel Wert legen. LOL

          • @Frederik Andersen:

            Der Vertrag existiert und wird aktuell zu 90% angewandt, nach welcher Logik wurde CETA also "nicht gemacht"?

  • „Das ist eine Variante trumpscher Politik.“



    Was als Konflikt zwischen Libertären Kräften und den neuen Rechten etikettiert wird ist ein Konflikt zwischen den globalisierten und den nationalistischen Strömungen des Neoliberalismus. Bei letzterem wird dem inhumanes Wirtschaftssystem eine ordentliche Prise Rassismus zugewürzt, damit jeder weiß wer den Preis für den Reichtum Einzelner zu zahlen hat.