EU-Parlament winkt Jefta durch: Freihandelszone bald in Betrieb
Der Wirtschaftspakt mit Japan tritt im Februar in Kraft. KritikerInnen fürchten, dass die öffentliche Wasserversorgung unter Druck gerät.
BERLIN taz | Das Europäische Parlament hat am Mittwoch das umstrittene Freihandelsabkommen Japan-EU Free Trade Agreement (Jefta) ratifiziert. Für den Pakt stimmten 474 Abgeordnete, 152 waren dagegen und 40 enthielten sich. Jefta wird bereits am 1. Februar 2019 in Kraft treten.
Für die EU hat das Abkommen angesichts des Zollstreits mit US-Präsident Donald Trump einen hohen symbolischen Wert. Jefta sei „ein Signal in einer Welt, in der Protektionismus und die Ablehnung des Multilateralismus voranschreiten“, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Multilateralismus meint Vereinbarungen unter vielen Staaten – und nicht nur unter zwei PartnerInnen, wie von Trump bevorzugt.
Jefta sei das größte Handelsabkommen, das je ausgehandelt wurde, sagte Malmström. In der größten Freihandelszone der Welt werden 635 Millionen VerbraucherInnen leben, ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung wird hier erwirtschaftet. Durch den Pakt entfallen fast alle Zölle, außerdem Handelsbarrieren, etwa für Autos. Der japanische Markt öffnet sich landwirtschaftlichen Produkten aus der EU, außerdem können nun öffentliche Aufträge an europäische Anbieter gehen. Davon werden etwa Hersteller von Bahnen und Logistikdienstleister profitieren.
Der Pakt bringe „unseren Unternehmen, Landwirten, Dienstleistern und anderen klare Vorteile“, sagte Malmström. „Diese Vorteile gehen auch mit der Verpflichtung beider Seiten einher, die höchsten Standards für unsere Arbeitnehmer, Verbraucher und die Umwelt einzuhalten.“
Klimaschädlich
So enthält das Abkommen als Erstes einen ausdrücklichen Hinweis auf das Pariser Klimaschutzabkommen. „Aber das sind nur schöne Worte“, kritisierte der Europaabgeordnete der Grünen, Sven Giegold. „Die CO2-Emissionen werden durch Jefta steigen“, sagte er. Denn durch mehr Wirtschaftswachstum und mehr Transporte stiegen auch die Emissionen. „Kompensationsmaßnahmen sind aber nicht vorgesehen“, sagte er.
Auch Organisationen wie Attac, der BUND oder die NaturfreundInnen und AktivistInnen, die sich unter anderem im „Netzwerk gerechter Welthandel“ organisieren, lehnen den Pakt ab. Sie fürchten, dass soziale und ökologische Standards aufgeweicht werden und öffentliche Dienstleistungen wie die Wasserversorgung unter Privatisierungsdruck geraten könnten. In Deutschland liegt etwa die Versorgung mit Trinkwasser und Entsorgung von Abwasser in den Händen der Kommunen. KritikerInnen halten die in Jefta vorgesehenen Ausnahmebestimmungen für nicht ausreichend, um hier Privatisierungen zu verhindern, wenn Unternehmen sie fordern.
Anders als das kanadisch-europäische Handelsabkommen Ceta muss Jefta nicht von den Parlamenten der EU-Mitglieder ratifiziert werden. Denn die VerhandlerInnen haben alle Punkte ausgelagert, die eine Zustimmung erfordert hätten. Dazu gehört der umstrittene Investitionsschutz, der Unternehmen Sonderklagerechte gegen politische Entscheidungen, etwa zum Umweltschutz, einräumt.
Auf das jetzt ratifizierte Abkommen sollen bald weitere folgen, etwa eins mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur und mit Australien.
Leser*innenkommentare
Elpaisverde
Was für ein positives Zeichen!
Die EU zeigt Trump langsam die Stirn und lernt laufen.
Jetzt noch eine engere Zusammenarbeit mit Russland, China und Indien.
Da liegt die wirtschaftliche Zukunft mit aufstrebenden Märkten und vielen JUNGEN Menschen.
Die USA sind runtergewirtschaftet und kämpfen bellend und beissend ums Überleben.
Noch keine 300 Millionen (vor allem ältere) Menschen werden nicht mehr die Zukunft der Welt bestimmen.
Russland wird Europa das nötige Gas für den Kohleausstieg liefern und die asiatischen Länder die Innovation.
Die findet inn Europa mit einer alternden Gesellschaft kaum noch statt.
Endlich scheinen manche in Brüssel wach zu werden und laufen der sich entwickelnden Welt hinterher.
Unserem Europa wird in Zukunft kaum noch einer hinterher rennen!
Die negativen Erscheinungen kommen damit auch. Dies ist aber kein Grund von Grüne und Linke alles zu blokkieren. In Zukunft werden sie sich an Problemlösungen beweisen können, nicht am Blockieren.
Ach, es gibt eigenlich keine Probleme, sondern Aufgaben.
kami
"Für den Pakt stimmten 474 Abgeordnete, 152 waren dagegen und 40 enthielten sich."
Laut Abstimmungsprotokollen des Europaparlaments gab es 156 Gegenstimmen:
www.europarl.europ...f%2fEN&language=EN
@KENDI: Dort sehen Sie in der Tabelle auch: Nur Grüne ("Verts/ALE") und Teile der Linken ("GUE/NGL") haben versucht, noch Änderungen der kritischen Passagen einzubringen - haben aber nicht die Mehrheit bekommen.
64984 (Profil gelöscht)
Gast
@kami Danke. Ist schon mal interessant. Aber mich würde trotzdem noch interessieren, wer sich enthalten hat und wer wirklich dagegen gestimmt hat. Z.B. Von den EU-Skeptikern und eben den Grünen und Linken. Scheint von keiner Zeitun& berichtet worden zu sein. Schon merkwürdig.
64984 (Profil gelöscht)
Gast
Warum schreiben Sie nicht, welche Parteien im EU-Parlament dafür gestimmt haben?
Denn diese Parteien werde ich solange nicht mehr wählen wie Jefta gilt, also wohl die nächsten 20-50 Jahre.
danny schneider
a.) komisch: zu dem Thema liest und hört man heute dank omnipräsenten Brexit quasi nichts!
b.) ", um hier Privatisierungen zu verhindern, wenn Unternehmen sie fordern." - wie bitte soll man das nun interpretieren? "wenn Unternehmen sie fordern"???