Kommentar Griechenland und Eurogruppe: Den Horizont verbaut
Die Einigung über das Rettungsprogramm ist ein Diktat. Athen wird die Bedingungen, mit denen hier ein Exempel statuiert wird, kaum erfüllen können.
D ie gute Nachricht zuerst: Griechenland bleibt im Euro, der drohende „Grexit" wurde bei der Krisensitzung der Eurogruppe in Brüssel abgewendet. Nun die schlechte Nachricht: Griechenland muss den gescheiterten und bei der Parlamentswahl mit großer Mehrheit abgewählten Austeritätskurs fortsetzen. Die neue Regierung in Athen kommt sogar unter noch strengere Kuratel.
Dies ist ein Sieg für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der an Griechenland ein Exempel statuieren wollte. Es gehe nicht nur um einzelnes Land, sondern um ganz Europa, sagte Schäuble bei seiner Ankunft in Brüssel. Die Botschaft ist so klar wie brutal: Auch Frankreich, Italien und alle anderen, die die Regeln verletzen, müssen sich warm anziehen.
Denn darum geht es im Kern: Um Verträge und Regeln - und um die deutsche Anmaßung, allein über diese Regeln zu bestimmen. Weil Schäuble kein Vertrauen in seinen neuen Amtskollegen Jannis Varoufakis hat, muss der nun am Wochenende nachsitzen und bis Montag eine Liste der geplanten Reformen vorlegen. Berlin kann dann in aller Ruhe prüfen, ob sie den Vorgaben des „Programms" entspricht.
Das „Programm" - es ist von einem Hilfsangebot zu einem Folter-Instrument geworden. Um vier Monate wird es nun verlängert - statt um sechs, wie Varoufakis beantragt hatte. Nur wenn Athen in dieser Zeit die Spar- und Reformdiktate abarbeitet, die eigentlich abgewählt worden waren, fließen die dringend benötigten Hilfskredite. Erst danach soll es einen neuen Deal geben - vielleicht.
Schuldendrama ohne Ende
Doch wie soll es die linke Regierung in Athen überhaupt schaffen, das ihren Wählern zu verkaufen? Wie soll sie in so kurzer Zeit Strukturreformen und Privatisierungen umsetzen, an denen schon ihre konservativen Vorgänger gescheitert waren? Wie soll der Schuldenberg in Griechenland abgebaut werden, der nach Jahren der Austerität viel höher ist als zu Beginn der Krise?
Auf all diese Fragen bleibt Schäuble eine Antwort schuldig. Er hat der neuen Regierung in Athen eine unmögliche Agenda vorgeschrieben und den Horizont für eine andere, bessere Politik verbaut. Das Schuldendrama wird deshalb weitergehen. Auch das politische Drama, das Europa seit Jahren lähmt, setzt sich nun fort. Es lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wir haben keine Wahl.
Drei Krisensitzungen der Eurogruppe haben gereicht, diesen fatalen Eindruck zu bestätigen. Aber immerhin wurden die Regeln eingehalten. Ist doch auch schon was.
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