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Ist es in der Politik nicht ebenso wie in vielen ganz normalen Familien? ER baut Mist, SIE räumt die Scherben weg. SIE plant und entscheidet falsch, ER versucht, zu retten, was noch zu retten ist. Manch eine Ehe zerbricht daran.
Aber wehe, wenn der Nachbar plötzlich nicht mehr grüßt oder darüber redet, was er mitbekommen hat. Dann sind ER und SIE sich plötzlich einig: Der "böse" Nachbar ist an allem schuld.
Es gibt sogar noch mehr Gleichheiten zwischen Familien und der Politik. Immer dann, wenn es andere sind, die am Ende alles bezahlen, geht es nicht um irgend eine Substanz, sondern ganz ordinär um Befindlichkeiten, egal mit welchen pseudologischen Argumenten sie umsponnen werden.
Nein, hier tobt kein "Kampf der Geschlechter". So ein Kampf ist gar nicht nötig. Die Macht selbst ist ein Klischee. Eins, das mit dem Klischee, welches die traditionelle männliche Geschlechterrolle darstellt, nahezu identisch ist. Ob Machthaber mit einem y-Chromosom geboren wurden oder nicht, spielt in Bezug auf die Erwartungen, die Gesellschaften an Leute richten, denen sie Macht übertragen, überhaupt keine Rolle.
Macht und Machismo haben nicht nur die ersten vier Buchstaben gemeinsam. Macht ist schon so lange männlich, dass nicht einmal die genderbewusste taz das Verhältnis zwischen den entsprechenden Ideen hinterfragt. Auch für die taz ist Macht als solche nötig und erstrebenswert Wenn Frauen in die Männerrolle schlüpfen müssen, um Macht zu erlangen, dann müssen sie das eben tun, basta.
"[Klischees sind] vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden", schreibt Gero von Wilpert im Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1970. Der Mann muss es wissen. Er ist ein dreifaches Klischee: Als Mann, als Adliger und als Stichwortgeber. Da hilft es ihm auch nicht, wenn die Wikipedia zu trösten versucht.
"... die Eigenschaft, welche das Klischee bedeutet, [ist] nicht eine der Eigenschaften [...], welche die gleichartigen Einzelelemente zu einer benennbaren Klasse werden lässt, sondern vielmehr eine zusätzliche, davon unabhängige Eigenschaft". Mit schlichteren Worten: Frau Merkel, Frau Clinton, Frau May und Herr von Wilpert müssen persönlich gar keine Arschlöcher sein. Es genügt, wenn ihre Gefolgsleute von ihnen erwarten, dass sie die entsprechende Rolle spielen auf der großen Bühne männlich konnotierter Politik bzw. Kultur.
Wir haben 2016. So what?
Bernie Sander hat es, wie man gehört, geschafft, einige seiner "linken" Ideen ins Wahlprogramm der Demokraten zu bringen. Dafür hat er dann wohl so lange ausgehalten. Wäre Clinton einem E-mail-Gate erlegen, wäre er ohnehin der Kandidat, um den auch das Establishment der Demokraten kaum herumkommen würde. Wenn Clinton schlau ist, macht sie ihn zum running mate. Aber das wird natürlich nicht passieren.
"Theresa May hat gewonnen, weil sie bessere Nerven hatte als alle anderen."
Falsch.
Sie hat gewonnen, weil sie den meisten Rückhalt hat.
Abgesehen davon, dass selbst spezifische Frauenpolitik nicht unbedingt sozial ist, stehen Clinton und May sicherlich nicht für soziale oder friedliebende Politik - ganz zu schweigen von Le Pen oder Petry.
Selbst wenn die Zeit der mächtigen Frauen anbräche - macht das wirklich einen Unterschied, wenn die Politik so unsozial (oder unsozialer) ist, wie (als) unter männlichen Regierungschefs?
@BigRed Es ist (leider) die selbe Politik, das ist nicht geschlechtsabhängig. Was nicht heißen soll, daß der Frauenanteil nicht wachsen müsste, das muss er ganz gewaltig. Aber es ist vermessen (und auch diskriminierend) anzunehmen, daß unsozialses und egoistisches Denken "mänlich" sei.
Das mantraartig vorgetragene Recht Israels auf Selbstverteidigung verschließt in Deutschland den Blick auf die brutale israelische Kriegsführung.
Kommentar Frauen an der Macht: Kein Kampf der Geschlechter
Angela Merkel, Theresa May, Hillary Clinton: Kommen jetzt die politischen Jahre der mächtigen Frauen? Ach, Quatsch, da ist noch Donald Trump.
Hillary Clinton am Mount Rushmore Foto: ap
Jetzt gibt es keinen vernünftigen Zweifel mehr: Hillary Clinton wird von den US-Demokraten als Kandidatin für die Präsidentschaft nominiert. Theresa May ist die neue britische Premierministerin. Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde vom US-Wirtschaftsmagazin Forbeszum sechsten Mal in Folge zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. Frauen sind also unaufhaltsam auf dem Vormarsch? Ach, Quatsch.
Die Verhältnisse in den einzelnen Ländern lassen sich nicht vergleichen, ebensowenig wie deren Politikerinnen. Theresa May hat gewonnen, weil sie bessere Nerven hatte als alle anderen. Angela Merkel ist, auch wegen der starken Position des Bundestages, weniger mächtig, als das Ausland glaubt. Wie man im Inland weiß.
Und Hillary Clinton? Na ja. Abwarten. Der Abschied ihres Rivalen Bernie Sanders war quälend. Er hat ihn so lange hinausgezögert, dass er nicht mehr visionär und tapfer, sondern lediglich starrköpfig erschien. Mag sein, dass er gehofft hatte, seine Rivalin werde knapp vor der Ziellinie doch noch über ihre E-Mail-Affäre stürzen.
Aber das ist nicht geschehen. Sanders hat sich vermutlich verzockt. Was nicht bedeutet, dass er am Ende nicht doch der bessere Kandidat gewesen wäre – wenn es darum geht, Donald Trump zu verhindern. Bei seinem Kampf gegen Clinton spielt die Frauenfrage eine untergeordnete Rolle, es sei denn ex negativo: Mag sein, dass manche Frauen am Ende Hillary wählen – und nur deshalb Hillary wählen! –, weil Donald einfach nicht müde wird, ihnen unentwegt ins Gesicht zu schlagen. Ob das reichen wird, steht jedoch nicht fest.
Der Abschied von Clintons Rivale Bernie Sanders war quälend lang
Die jüngsten Meinungsumfragen besagen vor allem eines: dass das Rennen noch nicht gelaufen ist. Hillary Clinton und Donald Trump sind bei denen, die sie nicht begeistert unterstützen, bemerkenswert unbeliebt. Das liegt bei Clinton nicht in erster Linie daran, dass sie eine Frau ist. Sie gehört zum Establishment.
Für Bernie Sanders gilt das nicht. Wer auf „die da oben“ wütend ist, hätte ihn wählen können. Das hat nichts mit dem Kampf der Geschlechter zu tun. Es steht zu befürchten, dass Donald Trump nun auch bei den Demokraten erfolgreich auf Stimmenfang gehen kann. Beunruhigend. Er könnte tatsächlich Präsident der Vereinigten Staaten werden.
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Schwerpunkt Angela Merkel
Kommentar von
Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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