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Kommentar Flucht von Omar al-BashirMandela würde sich im Grab umdrehen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Südafrika hat den sudanesischen Präsidenten ausreisen lassen. Vom Wandel nach Ende der Apartheid ist nicht viel übrig geblieben.

Alles drehte sich um ihn: al-Bashir am Sonntag beim Gipfel der Afrikanischen Union in Johannesburg. Foto: ap

W ie peinlich ist das denn: Ein Gericht in Südafrika berät im Eilverfahren, ob ein Haftbefehl zu vollstrecken ist oder nicht, und noch während der laufenden Beratungen steigt der Verdächtige ins Flugzeug und fliegt davon, trotz geltendem einstweiligen Ausreiseverbot.

Man kann es für einen kleinen Triumph der Menschenrechte halten, dass Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir gar nicht erst das Ende des Staatengipfels der Afrikanischen Union (AU) abwartet und sich lieber heimlich aus dem Land schleicht, damit er nicht zufällig noch da ist, falls das zuständige Gericht die Verpflichtung der südafrikanischen Behörden zur Anwendung ihrer eigenen Gesetze bestätigt.

Aber am Ende ist Bashir weg und Südafrikas Justiz steht nackt da. Wäre Südafrika ein Rechtsstaat, hätte Südafrikas Luftwaffe das gerichtliche Ausreiseverbot für Bashir respektiert und die auf ihrem Rollfeld herumsitzende sudanesische Präsidentenmaschine am Abheben gehindert. So aber ließ sie die rechtswidrige Ausreise eines wegen Völkermords gesuchten Staatsoberhauptes zu.

Wenn Nelson Mandela noch am Leben wäre, würde er sich im Grabe umdrehen. Respekt vor dem Gesetz und Pflege der Rechtsstaatlichkeit gehörten zu den Grundprinzipien des demokratischen Südafrika nach dem Ende der Apartheid-Willkürherrschaft. Aber Südafrikas heutiger Präsident Jacob Zuma und die ehemalige Befreiungsbewegung ANC scheinen jetzt kein Problem damit zu haben, das Recht mit Füßen zu treten.

Für Afrika ist dies kein gutes Zeichen. Noch immer steht Südafrika auf dem Kontinent für einen gewissen Mindeststandard bei der friedlichen Überwindung von Konflikten und der gerechten Aufarbeitung der Vergangenheit. Aber für andere Länder Afrikas ist aus Sicht des ANC Dauerkrieg und Staatsterror offenbar in Ordnung.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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22 Kommentare

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  • Es ist immer leicht, Verstorbenen – die sich dagegen nicht mehr wehren und sich zur Sache nicht mehr äußern können – eine Meinung in den Mund zu legen, deshalb will ich darauf gar nicht eingehen. Man muss allerdings sehen, dass die Verhaftung eines amtierenden Präsidenten aufgrund eines Haftbefehls dieses europäischen Gerichts für Afrika, wie ein Südafrikaner es nannte und wie es in Afrika tatsächlich wahrgenommen wird, die AU und die ohnehin fragile Einheit Afrikas gesprengt hätte. Das sollte man bedenken, bevor man moralisiert.

  • Wenn Nelson Mandela noch leben würde, würde er sich wohl kaum in einem Grab umdrehen.

     

    Wer so einen Stuss schreibt, sollte noch mal zur Journalistenschule gehen!

     

    SCNR

    • @Iannis:

      Tote drehen sich übrigens auch nicht im Grab um, weswegen sich der Autor einen Spaß mit der Redewendung erlaubt hat.

      • @Moderation:

        Ist ja auch ein spaßiger Kontext, gell.

         

        Bei Leserkommentaren ist die TAZ-Redaktion nicht so jovial-großzügig. Da reicht schon, daß man der bevorzugten Realität andere Erfahrungen gegenüberstellt, um zensiert zu werden. Ich erinnere nur an das Thema Prostitution: DA kann ganz besonders nicht sein, was nicht sein darf, gelle?

  • Oh, glauben Sie etwa, Deutschland hätte den Schneid, einen Staatspräsidenten festzuhalten?

     

    Lächerlich!

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Etwa so wie Österreich die Präsidentenmaschine von Evo Morales zur Landung zwingt? Aber na klar doch. Warum denn auch nicht? Solange es sich um einen Feind meiner Freunde handelt ist alles erlaubt, alles möglich und wird diensteifrigst ausgeführt; und wenn es gegen jede internationale Vereinbarung sowie jahrhunderte alte, sinnvolle diplomatische Gepflogenheiten verstößt dann sitzt man die Affäre aus. Was soll einem den schon passieren wenn man sich im Arsch der USA verstecken kann?

  • Der "weiße Mann" misst wieder einmal mit zweierlei Maß.

    An dieser Stelle wäre es auch angebracht gewesen, die internationale Strafgerichtsbarkeit generell einmal kritisch zu hinterfragen. Der ICC ist – das war wohl auch der Sinn der ganzen Veranstaltung – in der Praxis ein „Afrika-Gerichtshof“. Sämtliche Verfahren des ICC waren bis dato gegen afrikanische Staaten gerichtet. Es gab kein ICC-Verfahren gegen die USA wegen ihrer Straftaten gegen die Menschlichkeit im Irak, in Afghanistan und zahlreichen anderen Staaten. Auch gegen Israel wurde noch nie wegen der Verbrechen in Gaza oder im Libanon ermittelt. Und selbstverständlich werden auch die Verbrachen in der Ostukraine nie vor dem ICC untersucht werden. Während zahlreiche afrikanische Staaten die ICC-Statuten verabschiedet haben, erkennen sowohl die USA, als auch Israel und die Ukraine den ICC nämlich nicht an – auch China und Russland gehören übrigens zum Klub der ICC-Verweigerer.

     

    Doch nicht nur das. Die USA haben sogar zahlreiche bilateraler Verträge abgeschlossen, die anderen Staaten untersagen, US-Bürger an den ICC zu überstellen. Der American Service-Members’ Protection Act ermächtigt den US-Präsidenten sogar implizit dazu, eine militärische Befreiung von US-Staatsbürgern vorzunehmen, die sich in Den Haag vor dem ICC verantworten müssten. US-Behörden ist es ferner verboten, mit dem ICC in welcher Form auch immer zusammenzuarbeiten und sämtlichen Nicht-NATO-Staaten kann die US-Militärhilfe gestrichen werden, wenn diese das ICC-Statut ratifizieren. Sieht so also die Gerechtigkeit des "weißen" aus?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @heino Ewerth:

      Ihre Logik verstehe ich nicht. Es mag alles stimmen, was Sie schreiben. Aber wird dadurch einer, der des Völkermords angeklagt ist, zum Menschenfreund und Friedensfürst?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Das wahrscheinlich weniger, aber es ist sehr legitim danach zu fragen, ob unsere Wertigkeiten wie "Angeklagter des Völkermordes" und "Menschenfreund" oder "Friedensfürst" so universelle Wertigkeit besitzen, dass wir sie jedem aufzwingen wollen.

        Mit der in Europa so hochgelobten Aufklärung begann auch der Sklavenhandel.

  • So sehr es wünschenswert ist, dass gesuchte Verbrecher vor Gericht gestellt werden. Ist schon mal eine amtierender Staatschef während einer Auslandsreise verhaftet wurden? Welche Auswirkungen hat es auf die internationalen Beziehungen, wenn dies geschieht? Besonders wenn man in Betracht zieht, dass Vorwürfe schnell erhoben werden können und nicht unbedingt internationale Gerichte beteiligt sein müssen. Da können Haftbefehle schnell zum Mittel der Außenpolitik werden...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die hätten sich nur an deren eigene Gerichte halten müssen. Ignorieren wir einmal dass es die ICC waren die Al-Basher verhaften lassen wollten: Ein Sud Afrikanisches Gericht hat sein Verbleib angeordnet - und wurde von deren eigenen Korrupte Despot namens Zuma überstimmt. Er setzt sich über das Gesetz und Gericht in sein eigenes Land - und setzt damit das Untergang von Sud Afrika fort.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Und nun zum Inhaltlichen: wundert sich allen Ernstes hier jemand über diesen Ablauf der Ereignisse? Die Vorankündigung ohne Vollzug war doch eine Steilvorlage für die geduldete Flucht des wegen Völkermords Gesuchten. Der ´kleine Triumph für die Menschenrechte´ erschließt sich mir jedenfalls nicht.

     

    Warum sollte sich zudem Nelson Mandela im Grabe umdrehen? Sowenig das weibliche Geschlecht die bessere Hälfte der Menschheit ist, sowenig sind Schwarze die besseren Menschen gegenüber Weißen.

     

    Machtpolitiker sind und bleiben Machtpolitiker: weiße, schwarze, männliche, weibliche, christliche, moslemische, große, kleine, dicke, dünne ...

  • Wenn sich Sudafrika mit allen afrikanischen Diktatoren anlegen würde, dann können Sie nur noch mit einer handvoll Ländern kooperieren.

  • Das war das endgültige Bankrott-Erklärung der Sud Afrikanische Regierung.

     

    Schlimmer gehts es immer - aber ich hoffe Zuma geht jetzt genauso auf die Liste von Kriminellen wo er hingehört.

  • Wenn Nelson Mandela noch am Leben wäre, würde er sich im Grabe umdrehen..

    .

    Bei allem berechtigten Ärger. Solche Sätze gehen nicht! Die TAZ ist doch keine Werbebeilage! En wenig Sprachlogik sollte auch in TAZ-ONline vorhanden seit.

    .

    Man/Frau war der Saetzer gerade im Taz-Caffee:-))

    • @Sikasuu:

      Mir ist der Satz auch sofort aufgestoßen, aber mittlerweile wird sowas öfter verwendet. Man nimmt eine Redewendung. ("Er wird sich im Grabe umdrehen") und verdoppelt durch den eigentlichen Sinn ("Würde er noch leben") den Spruch und macht ihn so vollkommen deppert.

      Aber btw glaube ich das auch nicht. Zuidafrikanische Verwandte, die ich habe, schätzten Mandela als sehr berechnenden, realistischen Staatsmann, der genau abwog, was eine einzelne Aktion dem Staat bringt. Hätte er ansonsten, gerade bei seiner Lebensgeschichte, das frühere Apartheidsregime so einfach davon lassen kommen, wie die einzelnen Akteuere davon kamen?

      • @Age Krüger:

        Genau, das war Absicht.

        • @Moderation:

          Das trifft den Dackel auf den Kopf.

      • 8G
        8545 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Er müsste leben, um sich drehen zu können.

        Das ursprüngliche Sprichwort ist ein ganz alter, typischer Vampir-Klo-Spruch.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Sikasuu:

      Es ist erlaubt, Fehler zu begehen. Auch bei Taz-Online. Ich habe den Lapsus übrigens erst beim dritten Lesen entdeckt und musste dann - dem traurigen Inhalt zum Trotz - schallend lachen.

  • Ich weiss, dass ich ein Korintenkacker bin, aber die Formulierung ist verhauen:

    "Wenn Nelson Mandela noch am Leben wäre, würde er sich im Grabe umdrehen."

    :-)

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Gregor Fernholz:

      Können Sie sich nicht an dieser unfreiwilligen Komik erfreuen?