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Kommentar Equal Care DayGleichheit endet nicht am Wickeltisch

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Frauen machen viermal so viel Hausarbeit wie Männer. Höchste Zeit, dass sich etwas ändert. Nicht nur am 29. Februar, sondern im Alltag.

Haushaltsaffin? Mann mit Krawatte am Wäscheständer. Foto: dpa

S taub wischen, Küche wischen, Kinder bespaßen, Mutter pflegen. Wer macht mehr davon, Frauen oder Männer?

Richtig. Frauen. Und zwar vier Mal so viel, wie verschiedene Studien belegen. Selbst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit OECD hat sich mit dem „Equal Care Gap“, der Lücke der zwischen den Geschlechtern ungleich verteilten Haus- und Sorgearbeit, beschäftigt.

Nun könnte man sagen: Frauen sind doch selbst schuld, wenn sie lieber Blumen gießen, statt sich in den Liegestuhl im Garten zu legen. Warum machen sie alles immer selbst und fordern ihren Partner nicht dazu auf, auch mal das Beet vom Unkraut zu befreien? Und außerdem: Sind Frauen nicht viel pingeliger in Sachen Staub, Kühlschrank, Spülmaschine?

Mag sein, dass Frauen einen anderen Blick für Ordnung und Sauberkeit haben. Mag sein, dass manche Frauen die Wäsche daher besser selbst in den Schrank einsortieren. Mag auch sein, dass sie lieber das Geschirr wegstellen als die Wasserflaschen für die Geburtstagsparty der Tochter einzukaufen und diesen Weg lieber dem Mann überlassen.

Jahrhundertealter gesellschaftlicher Erwartungsdruck

Aber so einfach ist das nicht – wie so häufig bei Fragen des sozialen Verhaltens der Geschlechter. Denn hinter den alltäglichen Handlungen steckt ein jahrhundertealter gesellschaftlicher Erwartungsdruck an Frauen und Männer: Frauen haben für ein kuschliges Zuhause, für einen nett gedeckten Tisch und für wohlerzogene Kinder zu sorgen. Männer sind für die harten Dinge des Lebens zuständig, für ein fahrendes Auto, den gemähten Rasen, das gedeckte Konto.

Seit Jahrzehnten debattieren Sozial- und Geschlechterforschung darüber, wie diese Rollenklischees und dieses Rollenverhalten aufgebrochen werden kann. Es gibt Initiativen und Gesetze, die dafür sorgen, dass Frauen genauso viel Geld wie Männer verdienen, wenn sie die gleiche Arbeit machen. Dass Frauen auch Chefinnen werden und Väter bei ihren Kindern sein können, ohne Stress mit ihrem Boss zu bekommen. All diese Vorhaben und Vorgaben sind Bausteine für Gleichstellung, im Berufs- wie im Privatleben.

Die allerdings vielfach gebrochen wird durch die gelebte Realität.

Viele Paare versuchen egalitär zu leben, sie teilen sich Haushalt und Sorgearbeit. Sie nehmen sich vor, sich nicht um Kinderbetreuung, Pflege der Mutter, Geld und den Staubsauger zu streiten. Manche Paare kriegen das hin – bis das erste Kind kommt. Dann nämlich zeigen sich die ersten gesellschaftlichen Zwänge: fehlende Kitaplätze, unterschiedlicher Verdienst zwischen Frauen und Männern, Firmen, die Elternschaft nach wie vor als Privatheit definieren. Mit dem zweiten Kind ist es dann vollends vorbei mit der gerechten Verteilung der Aufgaben von Pflege und Sorge.

Dass darauf der neue Equal Care Day aufmerksam machen will, ist angemessen und nötig. Allerdings könnte der Tag leicht in Vergessenheit geraten, weil er nur alle vier Jahre in einem Schaltjahr stattfinden soll. Mit dem Equal Care Day am 29. Februar ist es wie mit dem Frauentag am 8. März: Solange solch ein Tag eine Alibifunktion erfüllt, ist er für die Katz. Er muss mit Leben gefüllt werden. Und das am besten jeden Tag.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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5 Kommentare

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  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Frauen müssen sich einfach mal abgewöhnen, alles haben zu wollen. Wenn sie das perfekte (Haus)mütterchen geben wollen, können sie nicht zugleich perfekte Managerin sein. Irgendwo sind Kompromisse nötig. Dazu gehört dann auch, einen Teil der Hausarbeit einzustellen, also sie schlicht dem Partner zu "überlassen", keineswegs aber, den Partner dazu aufzufordern, diesen zu übernehmen. Frauen bedienen sich leider allzu oft der Befehlsmasche. Die zieht aber bei "richtigen" Männern nicht.

  • Woher will die Autorin wissen, wie es bei uns zuhause zugeht? Welchem (Vor)Urteil ist frau denn hier erlegen?

     

    Statistik ist ja nicht so ein Ding von "Frauen", aber von Durchschnitten auf Einzelfälle schließen? Wenn bei von 8 von 10 Paaren die Männer 51% und die Frauen 49% der Hausarbeit erledigen und bei 2 Paaren die Männer 40% und die Frauen 60% dann ist im Durchschnitt welches Geschlecht fleissiger?

     

    Und wenn wir nun fragen, wieviel Zeit der Anwesenheit von Männern versus Frauen im Haushalt mit Haushaltsarbeit verbracht wird ... dann bekommen wir auch schöne Zahlen.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    An die Autorin: Sie nennen die Zahl von 7%. Evtl. können Sie auch die Standardabweichung nennen. Nur dann lässt sich sagen, ob es eine signifikante Abweichung gibt.

  • Es ist gut, dass es die "Initiativen und Gesetze" gibt, die dafür sorgen (sollen), dass Frauen genauso viel Geld wie Männer verdienen, wenn sie die gleiche Arbeit machen. Allerdings geht es Gesetzen und Initiativen auch nicht anders als dem 8. März – als Alibi sind sie schlicht "für die Katz".

     

    Dass Menschen jeden möglichen Geschlechts, die ChefIn werden oder bei den Kindern sein möchten, keinen "Stress mit ihrem Boss" bekommen können, weil es ja schließlich Gesetze und Initiativen gibt, ist schlicht ein Wunschtraum. Ein Wunschtraum von Leuten, die sich für unverzichtbar halten möchten in ihrer jeweiligen Führungsrolle, auch wenn sie darüber den zwischenmenschlichen Kontakt verlieren.

  • Muss man eigentlich alles monetär fassen? SorgeARBEIT. Schön, dass es den Begriff gibt. Alle Tätigkeiten und Äußerungen sollte man als Arbeit und Dienstleistung ansehen um sie final mit Geld bewerten zu können. Wieviel ist die Sorgearbeit mit den Kumpels im Pub wert?

    Oder gibt es noch irgendwas Menschliches was man nicht bewertet?

     

    Abgesehen davon, wenn die meisten Paare und, by the way, viele Kulturen, irgendwann, zb nach dem zweiten Kind, in bestimmte Rollen verfallen, wäre es nicht Zeit über den Überbau nachzudenken?

     

    Abgesehen davon, ja Arbeit in einem Haushalt, gegendert, gehört geteilt. Immer. Wie die Paare, Trios oder mehr Leute es ausmachen, ist deren Sache.