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Kommentar EU in der KriseFrieden ist nicht genug

Georg Löwisch
Kommentar von Georg Löwisch

Der Europäischen Union fehlen Ideen, die der Gemeinschaft Sinn stiften. Sie braucht ein neues identitätsstiftendes Projekt.

Europa kann zu wenig vorzeigen. Es begeistert nicht. Es bindet nicht Foto: imago

W ozu ist die EU da? Für den Frieden, hat Angela Merkel nach dem Ja zum Brexit gesagt. Wir sollten nie vergessen, mahnt die deutsche Kanzlerin, „dass die Idee der europäischen Einigung eine Friedensidee war“.

Die Gefahr, dass dies jemand vergisst, ist gering. Weil Merkel es gern mal sagt, wenn die EU vor schwierigen Entscheidungen steht. Der Frieden ist ihre Begründung dafür geworden, dass andere mitmachen, was sie für alternativlos hält. Die Friedensidee ist Merkels Krisenidee.

Was stimmt: Der Frieden ist das Urversprechen der europäischen Einigung. 1946, ein Jahr, nachdem die Hölle des Zweiten Weltkriegs vorbei war, sagte der britische Premier Winston Churchill, nur eine Art Vereinigte Staaten von Europa könne den Frieden bringen.

Mit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Vorgängerin der EU, wurde die Vision zum Versprechen. Es ist gehalten worden, und es war gut, dass es immer wieder erneuert und eingefordert wurde. „Le nationalisme, c'est la guerre“, sagte Frankreichs Präsident François Mitterrand 1995: Nationalismus bringt den Krieg. Seine Rede war ein starkes, ein wichtiges Plädoyer.

Von Google bleibt nur ein Taschengeld

Aber wenn Merkel jetzt das Friedensversprechen aufruft, wirkt das wie ein hilfloser Reflex. Sie hat nichts anderes. Im Jahr 2016 fehlen der EU Projekte, die sie verbinden, und Ideen, die der Gemeinschaft Sinn stiften. Das zweite große Versprechen, der wirtschaftliche Wohlstand, ist diskreditiert. Es gilt für zu wenige: für die Länder des Nordens und selbst dort nur für einen Teil der Bevölkerung. Und weil der Euro mit nervtötender Regelmäßigkeit gerettet werden muss, ist auch das Ideal wirtschaftlicher Stabilität arg ramponiert.

Merkel weiß das, deshalb erklärt sie den Sinn der EU damit, dass der Zusammenschluss der Staaten eine globale Macht bilde. Nur leider vermag diese Macht nichts gegen weltweite Zockerwirtschaft und Geldversteckerei auszurichten. Sie zwingt nicht einmal Konzerne wie Google oder Ikea dazu, der Gemeinschaft mehr als ein Taschengeld vom Gewinn abzugeben.

Europa kann zu wenig vorzeigen. Es begeistert nicht. Es bindet nicht. So bleibt allein der Frieden. Ja, Frieden ist sehr viel. Aber sieben Jahrzehnte nach 1945 ist er vielen zu wenig. Sie sagen sich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika letztlich die Sicherheit der uneinigen Staaten Europas garantieren.

Deshalb muss die EU ein neues identitätsstiftendes Projekt fokussieren, das außerhalb des Brüsseler Kommissionsgebäudes Bestand hat. Und das muss nicht einmal neu erfunden, sondern nur gesehen und gestärkt werden.

Neue Schranken für Europa

Wozu also ist Europa da? Klar, mehr Gerechtigkeit tut Not. Aber wer denkt, dass sich die Brüsseler Gipfel in den nächsten Jahren zu einer Art sozialistischer Internationale entwickeln, sollte sich lieber ein Märchenbuch kaufen.

Ein vielversprechenderes Projekt ist die europäische Freizügigkeit, die mehr ist als Reisefreiheit: Das Recht, innerhalb der Union zu leben, zu arbeiten, zu lernen, sich zu engagieren und alt zu werden, wo man will. Es ist ein Versprechen, das schon gelebt wird. Es ist der Grund, warum so viele Junge in Großbritannien gegen den Brexit gestimmt haben.

Doch gut sieht es nicht aus für die Freizügigkeit. Die entsolidarisierte Staatengemeinschaft hat auf die Flüchtlinge mit neuen innereuropäischen Grenzen reagiert. Das schrankenlose Europa hat sich wieder eingeschränkt. Die Wilders, Straches, Le Pens und Petrys greifen das offene Europa an. Längst geht die Geld-Neid-Angst-Debatte europäischer Nationalisten auch gegen andere Europäer. Seit Bulgarien und Rumänien in der EU sind, sinniert der deutsche Populismus darüber, wie die Neuen von der Arbeitslosenversicherung ferngehalten werden können.

Die bornierten Gegner der Freizügigkeit unterschätzen, wie viele von ihr profitieren. Der Studierende, der es genießt, zwischen den Sprachen, Städten und Stimmungen zu wechseln. Die Akademikerin, die im Hochgeschwindigkeitszug zwischen den Orten und Aufgaben pendelt. Der Bauarbeiter, der monatsweise in boomenden Städten arbeitet und dann wieder zu Hause. Oder die deutsche Ruheständlerin, die in Portugal mit ihrer Rente besser leben kann.

Die Freizügigkeit ist für viele so wichtig, dass die Debatte über sie gewonnen werden kann. Wenn sich erst einmal herumgesprochen hat, dass innereuropäische Einwanderung gut tut, dann ist vielleicht bald eine Mehrheit für die Öffnung Europas nach außen.

Jetzt geht es erst einmal darum, wie die Verhandlungen über das künftige Verhältnis der EU zu Großbritannien geführt werden: Pragmatisch und besonnen – oder mit der Peitsche, um Nachahmer abzuschrecken. Die größte Härte, die Europa den britischen Nationalisten antun kann, ist die Freizügigkeit. Wer mit der EU zu neuen Deals kommen will, sollte Bescheid bekommen, dass sie nicht verhandelbar ist.

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Georg Löwisch
Autor
Viele Jahre bei der taz als Volontär, Redakteur, Reporter und Chefredakteur.
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40 Kommentare

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  • Wenn die "anderen Regionen" der Welt da wären wo die EU ist - dann wären wir wirklich weiter.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    "Freizügigkeit?

    So ein realitätsferner Blödsinn.

    Erstmal gibt es Sprachbarrieren.......

    ....Was spricht eigentlich gegen einen Neuanfang?"

     

    ^^ich selbst bin geringverdiener und habe trotzdem von der freizügigkeit und günstigen möglichkeiten zum reisen profitiert. es ist auch immer eine frage wie man sein eigenes leben organisiert und welcher tätigkeit man nachgeht, aber das würde nun zu weit führen und soll auch nicht belehrend klingen.

     

    ich selbst habe schon insgesamt ca.2 jahre im europäischen ausland verbracht und hatte immer den persönlichen traum, ein paar jahre im englischen brighton zu leben-eine stadt in die ich mich mal verliebt hatte und dieser traum ist jetzt erstmal geplatzt und ich persönlich könnte heulen deswegen.

     

    ich verstehe schon einige deiner argumente, aber gleichzeitig ist dieses auskotzen über die EU von links ein gefährliches spiel mit dem (rechten) feuer, wo man schnell die kontrolle verliert.

    ich bin ausserdem an der grenze zur schweiz aufgewachsen. es ist kein schönes gefühl jedesmal beim 2 kilometer entfernten grenzübergang, auf die gute laune der mit pistolen bewaffneten grenzbeamten angewiesen zu sein.

     

    viele scheinen vergessen zu haben das die personenfreizügigkeit in europa keine selbstverständlichkeit ist

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      ...und in europäischen metropolen wie paris, barcelona, madrid, amsterdam, prag,kopenhagen,mailand, berlin, hamburg usw. (und bis jetzt eben auch london) ,trifft sich schon lange eine neue und junge generation europa und wächst trotz sprachbarrieren aber mit schulenglisch zu verständigung zusammen. niemand hat gesagt das diese entwicklung über nacht passiert und der arme arbeiter der heute nicht aus seiner stadt rauskam, kommt heute vielleicht genausowenig raus, aber schuld daran ist nicht die EU sondern oftmals die neoliberale politik der einzelnen staaten die aus nationalem politischem kalkül ihre sparpolitik im sozialen bereich auf die EU schieben.

       

      ich persönliche kenne jedenfalls die kindergärtnern aus frankreich, den brotlosen künstler aus polen, den stagehand der in paris arbeitet, die unbekannten deutschen bands die für ein appel und ei durch europa touren usw...

      es sind halt eben nicht nur bänker und reiche leute die sich bewegen und eine traum vom grenzenlosen europa haben in dem man sich dort verwirklichen kann wo man will.

       

      "Was spricht eigentlich gegen einen Neuanfang?"

      ^^- und wann soll dieser neuanfang kommen, wenn sich die EU erstmal in ihre bestandteile auflöst und wieder grenzzäune gebaut werden?-in der übernächsten generation in 50 jahren? hoffentlich lebe ich dann noch. das sich die EU ändern muss steht auch für mich ausser frage, aber diese hoffnung das man erstmal alle brücken hinter sich zerstört und daraufhin wieder alle harmonisch an einem tisch zusammenkommen, um neue pläne für brücken zu bauen halte ich für gefährlich naiv.

      die EU muss sich ändern, nicht kaputt gehen

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      @Age Krüger...

      • @6474 (Profil gelöscht):

        So kann man den Fakt, dass das Kapital seine Arbeitssklaven gerne quer über die Welt verteilt (wer einen Job vor Ort sucht ist ja so altmodisch und unflexibel), auch verniedlichen.

        Das große Vorbild hier lautet dann wohl China, wo die "Jungen" zig-Hundert Kilometer von zuhause weg MÜSSEN und zweimal im Jahr die Verwandten sehen dürfen. Sterben euch noch nicht genug Leute alleine zuhause?

        Immer wieder faszinierend, wie ausgerechnet von den Linken diese soziale Kälte und die Hackmenthalität der Kids verteidigt und relativiert wird.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Frieden ist nicht genug"

     

    Aber ohne den ausdrücklichen und unbedingten Friedenswillen an allererster Stelle ist die EU keinen Pfifferling wert.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Richtig. Und der Friedenswille, naja, wie heißt´s bei Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

       

      Kurzum: Der Kaviar der oberen Zehntausend sichert nicht den Friedenswillen derer, die ihre Miete nicht bezahlen können.

  • "Der Studierende, der es genießt, zwischen den Sprachen, Städten und Stimmungen zu wechseln. Die Akademikerin, die im Hochgeschwindigkeitszug zwischen den Orten und Aufgaben pendelt. Der Bauarbeiter, der monatsweise in boomenden Städten arbeitet und dann wieder zu Hause. Oder die deutsche Ruheständlerin, die in Portugal mit ihrer Rente besser leben kann."

     

    Ach wie schön: Spaß, Genuss, Freiheit! Und alles so dynamisch! Nur, dass der Bauarbeiter lieber zu Hause bei seiner Familie wäre, als für eine Leiharbeitsfirma knapp am Mindestlohn in ganz Europa rumgescheucht zu werden. Im Gegensatz zur Akademikerin kriegt er die Zeit im Zug auch nicht bezahlt - wenn er überhaupt den Zug bezahlt kriegt. Und die deutsche Ruheständlerin, welche nach bald 70 Jahren Verwurzelung in Deutschland mit ihrer Armustrente noch rasch eine neue Existenz in Portugal aufbaut, zeigen Sie mir bitte mal.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Komm mal runter - das stimmt so einfach nicht.

      Jeder Monteur bekommt sowohl die Reisekosten als auch die Reisezeit erstattet.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Jeder Monteur schon, die 1 Euro-Hilfskräfte, die den Löwenanteil ausmachen, nicht. Und zum Glück bist du auf den Punkt des Posters, die statt findende Entwurzelung, gar nicht erst eingegangen. Weil jeder soziale Kahlschlag ja mit Geld aufgewogen werden kann.

        Unseren Kids gehts damit ja auch blendend, merkt man vor allem an der Frustgewalt und den permantenten Aussetzern, die sie an den Tag legen.

        Tja, aber der Spruch "denkt mal an die Kinder" funktioniert wohl nur bei Gesetzesverschärfungen gegen die Bevölkerung.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Schön, dass Sie noch träumen können.

  • Ein kleiner Apercu zum Beitrag -

    Sei doch schon jetzt gestattet-;)

     

    An oberster Stelle der -

    Beiträge zum Thema - Na? - Genau!

    "Selten so verspekuliert" -;)

     

    Wohl war;()

  • Freizügigkeit?

     

    So ein realitätsferner Blödsinn.

    Erstmal gibt es Sprachbarrieren. Beantragen Sie mal als Arbeitsloser, dass Ihnen ein Kurs zum Erlernen der Sprache bezahlt wird, damit Sie sich in einem anderen Land einen Job suchen können. Is' nich'.. Es sei denn, sie hätten die Zusage eines ausländischen Arbeitgebers, der Sie einstellen will, wenn Sie mal in einem halben Jahr oder so die Sprache ausreichend sprechen.

    Obwohl ich für den Alltagsgebrauch ausreichend Niederländisch kann, bin ich mit den Fachbegriffen aus der Medizin oder dem Sozialwesen nicht so vertraut, als dass ich z.B. die unterschiedlichen Formen von Schizophrenie in Niederländisch erklären könnte.

    Das ist offenbar nur was für Menschen, die auf Jobs angewiesen sind, bei denen Sprache keine Rolle spielt, weil sie rein körperlich ist oder weil sie internationalisiert auf Englisch ist wie bei Bankern und Informatikern.

    Und als Arbeitsloser dürfen Sie sich sowieso nicht in ein anderes Land begeben.

    Die Freizügigkeit war von vornerein nix als verlogener Unsinn.

    Das letzte Land, dass noch für Mediziner, Krankenpfleger und Sozialarbeiter, die dort arbeiten wollten, die Kurse bezahlten, war Norwegen!! Und die haben das bei sozialen Jobs auch eingestellt, weil die EU-Staaten gegenüber Norwegen in ihren sozialen Standards so weit zurückliegen, dass die Ausbildung hier meist nicht reicht, um den Anforderungen dort gerecht zu werden.

     

    Und Frieden hat auch nix mit der EU zu tun. Die EU hat nicht nur eine Mitschuld an dem Krieg in der Ukraine, sondern hat auch beim Zerfall von Jugoslawien eine Hauptrolle gespielt. Sie hat Krieg und Elend dahin gebracht, wo sie noch auf neue Exportmärkte hoffte.

     

    Die zwei Punkte können wir also schon mal abhaken, wenn wir für den Bestand der jetzigen EU plädieren wollen.

     

    Was spricht eigentlich gegen einen Neuanfang? Dafür könnte ich mich begeistern. Die Schaffung einer Verwaltungseinheit, die man mitgestalten kann.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      "Freizügigkeit?

      So ein realitätsferner Blödsinn.

      Erstmal gibt es Sprachbarrieren."

       

      Nicht mehr lange.

      Wenn Great Britain Ex-EU ist, wird Merkel DEUTSCH als ERSTE Amtssprache der Europäisch-Deutschen Union einführen und Englisch abschaffen.

    • @Age Krüger:

      Danke für die treffende Analyse!!

       

      Politiker agieren nur im Auftrage ihrer Wirtschaft und besonders die D mit ihrem Exportwahn haben Europa kaputt gemacht!! Also nix Neues von den Deutschen!

       

      Diese Eu dient schon immer NUR DEN REICHEN UND KONZERNEN!! Alles andere ist verlogen.

       

      Ihc habe nichts gegen ein wirtschaftlich starkes Europa wegen der Globalisierung. Nur dürfen dabei nicht die Menschen vergessen werden!!

       

      Und der MENSCH zählt gar nichts mehr!! Nur noch als ökonomisch, verwertbares Projekt wie eine Maschine!! Ach frage mich was aus der Menschheit nur geworden ist?!!

       

      Alles reine Egomamen nur noch! Jeder bekämpft Jeden. So etwas kann NIE gut ausgehen!!

      • @Frei_Denken:

        Tja, dann bedanke dich doch einfach mal bei Frau Springer und ihren Kosorten für 50 Jahre mediale Hetze und Einflussnahme, die unsere Kids seit Kindesbeinen gegeneinander aufhetzen (Leistungsgesellschaft, Ellenbogenmenthalität, etc.). Das ist nämlich nicht einfach aus dem Nichts entstanden, sondern wird uns schon seit der Kindheit eingeimpft. Es sind auch die Medien und die Politik, die seit Jahrzehnten einen absolut asozialen Nationalismus in die Köpfe der Leute prügeln, ob das Schäuble mit seinen faulen Griechen ist, ob das diverse CDUler mit ihren Räubergeschichten aus dem Ostblock sind, ob das die Geschichten über "Die Italiener", "Die Spanier" oder "Die Briten" sind.

        Was also willst du gegen so eine Übermacht unternehmen?

  • > Sie zwingt nicht einmal Konzerne wie Google oder Ikea dazu, der Gemeinschaft mehr als ein Taschengeld vom Gewinn abzugeben.

     

    Korrektur: Sie versucht es nicht. Weil wir denken, dass nur weil wir jetzt eine starke Organisation haben, diese Organisation automatisch in unserem Interesse handelt.

     

    Nach dem zweiten Weltkrieg war das einfacher: Da gab es einen breiten Gesellschaftlichen Konsens, dass man für Frieden kämpfen muss. Und natürlich Altnazis in den Gerichten und US-geförderte Nazi-Truppen im Untergrund — aber die brauchte man nicht zu betrachten, denn alle, die öffentlich sprachen, wollten Frieden.

     

    Das Problem, Frieden und gemeinsames Handeln zu kommunizieren, war viel weniger präsent. Es war unvorstellbar, dass jemand gewählt werden könnte, der Europa absichtlich in einen Krieg manövrieren würde.

     

    Leider ist das aber schon lange vorbei: Es sind wieder Kriegstreiber in Führungspositionen, die die Völker Europas gegeneinander aufhetzen, um einigen Wenigen noch mehr Macht und Geld zuzuschanzen.

     

    Das ist ein Problem, dass weder Fußballspiele noch ein European Songcontest lösen. Und für das ich auch keine Patentlösung habe.

     

    Wie können wir die Europäische Bevölkerung gegen Kriegs- und Unterdrückungsideologie schützen — auch gegen ihre eigenen Regierungen? Dafür wünsche ich mir praktische Antworten von Politikwissenschaftlern, Kommunikationsforschern, Soziologen und Ethnologen. Ihr habt das studiert, jetzt brauchen wir euch!

    • @Arne Babenhauserheide:

      Sorry, aber das dürfte trotzdem totaler Unsinn sein.

      Das Zusammenrücken von Europa hat meiner Meinung nach gar nicht mal viel mit dem zweiten Weltkrieg und sehr viel mit dem kalten Krieg zu tun. Dem entsprechend wäre dieser Zusammenschluss auch nicht aus Friedensgründen sondern genau im Gegenteil aus Furcht vor Krieg geschehen. So etwas nennt man Zweckgemeinschaft und das erklärt auch, warum das noch nicht mal auf dem Blatt wirklich hält und auch noch nie gehalten hat, sieht man mal hinter die offiziellen Nachrichten.

  • Au Backe.

     

    "…Die bornierten Gegner der Freizügigkeit unterschätzen, wie viele von ihr profitieren.…ff &

    "…Die Freizügigkeit ist für viele so wichtig, dass die Debatte über sie gewonnen werden kann.…" ff

     

    Wie sagte doch mein Nachbar so treffend:

    "Das möchte ich bezweifeln. Sie (die Freizügigkeit) ist eben nur für wenige wichtig. Hauptsächlich für Schein-Eliten. Das reicht nicht für das Gewinnen von Debatten. Georg Löwisch hält wohl, wie es vielen Menschen passiert, das, was seine persönliche Minimal-Empirie ihm vorgaukelt, für „das Leben“."

     

    Ja - so iss&er eben - & -

    Dess - dess kenne mer doch schon!

    Bemüht dreist-naives Feuilleton!

    kurz - Pepita - Ausse Spätzle-Region!

    • @Lowandorder:

      He, Moment mal! Auch im Schländle gibt´s vernünftige Leut!

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        "Auch im Schländle gibt´s vernünftige Leut!"

         

        Viel mehr als dem Herrn @Lowandorder durch die regional getrübte Rechthaberbrille passen will.

        • @571 (Profil gelöscht):

          Wie hat's Högfeld - so umwerfend:

          "Weh der Frau - die so entgleist -

          Das sie vor Wut mit Tellern schmeißt!"

          Auch bei Lehrers hilft - Lesen!

          Gemeint ist doch ersichtlich -

          Nur einer - Georg Lowisch! &

          Schon in den Liedern

          "Ein Männlein steht im Walde…" &

          "Es steht ein - Baum im Odenwald"

          Gehört es doch zum Grundkonsens -

          Es gibt auch deren mehrere andere;)

          (So von Widerborst zu Widerborst;))

           

          & nochens -

          View regional ¿ ;)

          Provinz - ist überall!

        • @571 (Profil gelöscht):

          So viel mehr sind´s auch nicht - denn sonst gäbe es keine grün-schwarze Regierung.

    • @Lowandorder:

      & nochens -

       

      Bitte Väterchen Franz -

       

      "…

      brauchbar sind die MOBILEN

      die beweglichen

      zu beispiel

      wenns mal keine arbeit gibt

      bei KRUPP in ESSEN

      nun

      wird eben umgeschult

      oder besser noch

      dann zieht man dahin wo's ARBEIT gibt

      nach MÜNCHEN oder HAMBURG

      und vielleicht sogar

      nach RIO oder KAPSTADT

      femder Länder

      abenteuer

      weg von mutterns ofen

      ja der ARBEITER 2000

      der wird wieder ein nomade sein

      mit sack und pack und campingwagen

      zieht er durch die welt

      ein freier mann

      für eine gute ARBEIT zieht er meilenweit

      UMDENKEN mister UMDENKEN mister

      und zwar schnell

      und zwar radikal

      …"

       

      Danke - Herr Degenhardt!

      Fein gesagt!

      http://www.golyr.de/franz-josef-degenhardt/songtext-arbeitslosigkeit-umdenken-mister-umdenken-mister-630202.html

      • @Lowandorder:

        Ja, so sieht´s aus.

      • @Lowandorder:

        Ja mensch, den gibt' auch noch - Degenhardt!

        Danke dafür!

  • Bezüglich der hier erwähnten Freizügigkeit gemäss den Gesetzen:

    es betrifft ja nur gewisse Populationen, etwa Techniker oder Wissenschaftler, die bereits die Sprache des Gastlandes ausreichend beherrschen, und die, unbedingte Voraussetzung, dort gesucht werden. Ferner Leute, die mehrsprachig aufgewachsen sind etc. Das betrrift nur eine kleine Schicht von gut ausgebildeten, mobilen und sprachbegabten Europäern. Entscheidend ist natürlich auch der Arbeitsmarkt des gewählten Gastlandes. Nach meiner langjährigen Beobachtung ist die Freizügigkeit, von der immer lobend im Zusammenhang mit dem "europäischen Projekt" geredet wird, keineswegs evident.

    In den USA hat ein Arbeitsloser ein gigantisches Territorium vor sich, in der eine neue Stelle finden kann, keine Sprachbarrieren, seine Berufszertifikate werden anerkannt etc. Das ist immenser Unterschied zu Europa.

    Im Allgemeinen: wir haben in Europa zu viel an Theorien, an unrealistischer Euromantik, technokratischem Unsinn, bürgerfernen Europapolitikern.........

    Man sollte endlich "Farbe bekennen"!

    • @Sysyphos:

      Eine Freizügigkeit der Bessergestellten - der Leih-Bauarbeiter ist da nur moderner Sklave.

  • Den Frieden in Europa verdanken wir der EU und unser soziales Miteinander ebenfalls:

     

    Schwächeren Staaten wird schnell und unbürokratisch geholfen, die Jugend wird gezielt gefördert, Bildung als Grundrecht angesehen, die Automatisierungsdividende an alle verteilt, so dass im Vorzeigeprojekt EU jetzt schon niemand mehr unnötig buckeln muss, sondern Menschen die Berufe ausüben können, zu denen sie sich berufen fühlen. Das zahlt sich aus. Selbst vormals ärmere Regionen erfreuen sich am Wohlstand, viele Leute haben wieder eine Perspektive, vielleicht ein eigenes Häuschen und man hat genug Zeit für Freunde und Familie. Kein Wunder, dass Menschen aus aller Welt Teil dieser schönen Gemeinschaft sein wollen.

     

    Irgend so ein Spielverderber meint gerade: wir haben denen die Meere leergefischt. Waffen in Kriegsgebiete geliefert. Lokale Produzenten plattgemacht. Korrupte Regierungen gestützt. In der EU spielen wir einen Staat gegen den anderen aus. Schützen die Profiteure. Plündern die schwächeren Staaten, lassen sie unsere Banken retten und schustern unserer Wirtschaft aus der Beute Schnäppchen zu. Errichten höhere Zäune, neue Grenzen, gewöhnen unsere Bevölkerungen wieder an Kriege, versuchen den Kalten Krieg zu reaktivieren. Natürlich alles im legalen Rahmen.

     

    Ein großes Friedensprojekt, diese EU! Helm ab!

    • @uvw:

      Und das schlimme ist, es stimmt beides.

       

      Wir haben es nämlich versäumt, für die ethische Dimension der EU zu kämpfen. Dafür müssten wir uns nämlich gegen die Mächtigen hier bei uns stellen.

    • @uvw:

      Völlig richtig, was Sie im zweiten Teil schreiben! Nur, darf auch nicht vergessen werden, dass es nicht nur die EU ist, die den Rest der Welt ausplündert. Amis, Australier, Canadier und Chinesen tragen ebenso ihr Teil dazu bei und sind nicht weniger dazu bereit, sich um die Folgen zu kümmern, die sich u.a. in massiver Fluchtbewegung äußern. Ob es einfacher wäre, die Welt zu verbessern ohne geeintes Europa? Das ist wohl doch zu bezweifeln. Und auch die Briten, die für den Brexit gestimmt haben, wollen ja durchaus weiterhin den Rest der Welt ausplündern, so gut es geht und möglichst keine "₣remden" in's Land lassen, soweit ich das verstanden habe.

       

      Schwierige Sache. Einzige Hoffnung, dass massive Kritik vernünftige Reformen anstößt.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    taz de Cicero surft die Westerwelle.

  • Was will die Merkel wirklich bezwecken mit ihren Appellen an die friedensstiftenden Ideale der EU? In Wirklichkeit ist die EU verkommen zu einem feudalistischen Wirtschaftslobbyismus. Die Merkel hat es auf den Punkt gebracht mit ihrem Bekenntnis zu sog. "marktkonformen Demokratie". Das geht gar nicht, denn es handelt sich um die Quadratur des Kreises und ist nicht realisierbar.

     

    Solange die EU aufgrund ihrer Konstruktion und auch des Inhaltes Lissabonner Vertrages wirtschaftliche Interessen vor bürgerliche und menschliche setzt, hat sie keine Rechtfertigung.

     

    Ich erwarte eine totale Rückbesinnung auf demokratische Traditionen, die in der Bürokratie der EU völlig untergegangen sind. Doch im Ernst, wer soll diese Umkehr bewirken? Bestimmt nicht die Merkel!

  • haben am freitagmorgen mit entgeisterter mine sowohl martin schulz als auch juncker gesagt, dass sich die EU jetzt primaer um das projekt soziales europa kuemmern muss. ich wuerde mal sagen, nagel auf den kopf. dann stehe ich jetzt hier und warte, dass die entscheider das projekt ernsthaft angehen. ich koennte jetzt noch hinzufuegen: so wie das projekt CO2-reduktion, aber ich will mal nicht gleich den mut verlieren.

  • "Nur leider vermag diese Macht ( EU) nichts gegen weltweite Zockerwirtschaft und Geldversteckerei auszurichten."

     

    sie will es letztlich auch gar nicht

     

    "Deshalb muss die EU ein neues identitätsstiftendes Projekt fokussieren,"

     

    wie wäre es mit demokratischer Legitimation?

  • "Ein vielversprechenderes Projekt ist die europäische Freizügigkeit,..."

     

    Nein , ist es nicht . Es ist ein Minderheiten-"Projekt" und wird es auch bleiben . Das zeigen doch schon die vom Autor angeführten Beispiele : Studierende , Rentner , AkademikerInnen , Facharbeiter ( die dahin ziehen , wo es Arbeit gibt... !) .

     

    Ja : "It's economics , stupid !" , um es in Bill Clintons Worten zu sagen , was die europäischen Staaten weiterhin auseinanderdividieren wird , beim unaufhaltsamen Niedergang des kapitalistischen Systems , im ökonomischen Kampf aller gegen alle .

     

    Und richtig : Merkels (et al ) Mantra "Frieden ... om ... om..." ist als Sinnstiftung für eine EU , wie sie geworden ist , zu wenig . Die Wahrscheinlichkeit künftiger Kriege zwischen europäischen Ländern liegt bei Null . Im herrschenden globalisierten Kapitalismus mit transnational agierenden Weltkonzernen wären solche Kriege unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt absolut irrational . Kein Land Europas könnte durch eine militärische Okkupation eines anderen Landes noch irgendetwas für sich gewinnen , das Gegenteil wäre ihm jedoch sicher .

  • Damit wir mit solchen Idealen wieder Menschen begeistern können, müssen wir zunächst einmal das Verhältnis zwischen Ideal und Realität klären. Der Begriff Realität beschreibt, wie die Welt tatsächlich ist; das Ideal beschreibt, wie sie sein sollte. Klar, dass zwischen beiden Welten liegen. Das liegt in der Natur der Sache.

     

    Die meisten Menschen machen den Fehler, eine von beiden Seiten absolut zu setzen und die andere zu ignorieren. Das ist jedoch naiv – wohlgemerkt, nicht nur das Verabsolutieren des Ideals, sondern auch das der brutalen Realität. Die Realität zeigt uns, wie die Welt tatsächlich ist; am Ideal können wir unser Handeln orientieren und die Realität der Zukunft damit verändern.

     

    Zyniker und Konformisten sehen überwiegend die brutale Realität. Dass die Mächtigen, oder die aufstrebenden rechtspopulistischen Politiker wie jetzt in Großbritannien, sie offenbar nur als Stimmvieh ansehen, stört sie zwar möglicherweise; dagegen ernsthaft aufzubegehren macht für sie aber keinen Sinn. Um ein paar von ihnen zurückzugewinnen, müssen wir ihnen das mit dem Ideal und der Realität erklären können: dass die brutale Realität das Ideal keineswegs ungültig macht, dass beide nur auf unterschiedliche Fragen antworten.

     

    „Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz. Wer mit 40 noch immer Sozialist ist, hat keinen Verstand.“ Ich weiß nicht, ob Immanuel Kant Sozialist war; aber sein großes Verdienst ist, ein Weltbild entworfen zu haben, in dem Ideal und Realität gleichberechtigt Platz haben. Wer diesen Spruch bringt, unterstellt Kant damit, keinen Verstand gehabt zu haben.

     

    Was hat das größte, das hehrste aller Ideale mit der brutalen Realität gemeinsam? Beide erzählen uns das Gleiche über den jeweils anderen: „Hör doch nicht auf den Lügner da! Ich habe die Wahrheit für mich gepachtet!“ - Wir sollten das beiden nicht glauben, und daran arbeiten, die Balance zwischen beiden immer wieder neu zu suchen.

  • Wie wär's mit ner Marskolonie?

  • "Die Gefahr, dass dies jemand vergisst, ist gering." - Wie bitte? Ich glaube, dass vielen Vertretern der europäischen Jugend der Frieden schon so selbstverständlich ist, dass ihnen gar nicht in den Sinn kommt, wie zerbrechlich er unter ungünstigen Rahmenbedingungen ist. An dieser Stelle versagt offenbar die Bildung.

     

    Die Tatsache, dass unter den Briten nun ausgerechnet die Alten den Ausschlag zum Brexit gaben, muss man annehmen, ist dem Sachverhalt geschuldet, dass das Thema Frieden in der Gesamtdebatte nicht annähernd die Rolle gespielt hat, die ihm hätte zukommen müssen. Das Thema Frieden hätte sicher viele Alte von der EU überzeugt.

     

    Denn so fern der Krieg heute von uns ist, man muss doch vor Augen haben, dass diese Ferne keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass sie erarbeitet wurde und zwar nicht zuletzt durch die unermüdliche Vorantreibung völkerverbindender Organisationen. Und dazu zählt auch die EU.

     

    Wenn diese Vorantreibung nun doch erste Anzeichen von Ermüdung zeigt, muss man nicht gleich den Teufel an die Wand malen und die Apokalypse verkünden. Aber man sollte wachsam sein und Acht geben, dass aus einem Schritt in die falsche Richtung nicht noch mehr werden, sonst wird es irgendwann doch gefährlich.

  • Klingt wie eine Antwort auf diesen Artikel. Jörg Freidrich meint: Frieden ist wichtiger als die Abgasnorm: http://diekolumnisten.de/2016/06/24/frieden-ist-wichtiger-als-die-abgasnorm/