Kommentar EU-Urheberrechtsreform: Nicht das richtige Instrument
Die Zustimmung zur Reform stärkt eher die Tech-Riesen, statt die Urheber:innen an den Gewinnen zu beteiligen. Dabei hätte es Alternativen gegeben.
E s ist lange her, dass über eine Richtlinie der EU so emotional gestritten wurde wie über die zum neuen Urheberrecht. GegnerInnen der Reform warnten vor dem „Tod des Internets“, BefürworterInnen wähnten sich im Kampf gegen den „Plattformkapitalismus“. David gegen Goliath – wer könnte da schon für Goliath sein? Aber so einfach ist das nicht.
Das EU-Parlament hat die Urheberrechtsreform angenommen, samt der umstrittenen Artikel 11 und 17. Artikel 17 sieht vor, dass Plattformen wie YouTube und Instagram künftig haften, wenn NutzerInnen urheberrechtlich geschütztes Material hochladen. Um solche Verstöße zu finden, dürften sie sogenannte Upload-Filter einsetzen, die Urheberrechtsverletzungen automatisch finden und blockieren. Artikel 11 soll Suchmaschinen wie Google zwingen, Geld an Presseverlage zu zahlen, wenn sie kleine Artikel-Ausrisse anzeigen. Zwar muss der Europäische Rat der gesamten Reform noch zustimmen, das gilt allerdings als Formsache.
Gegen Upload-Filter haben sich der Bundesdatenschutzbeauftragte, der UN-Sonderberichterstatter für den Schutz der Meinungsfreiheit und zahlreiche ForscherInnen ausgesprochen. Sie glauben, dass die Filter zu Überwachung führen und die Meinungsfreiheit einschränken. Dennoch stellten einige ParlamentarierInnen die Filter als alternativlos dar, als einzige Möglichkeit, um den Kreativen im Netz einen gerechten Lohn zu garantieren.
Doch das stimmt nicht, es gibt Alternativen. Man könnte beispielsweise Plattformen wie YouTube zwingen, die Rechte für die Filme, Lieder und Bilder, die sie verbreiten, zu kaufen. So würden die UrheberInnen auch etwas von den gigantischen Gewinnen der Unternehmen abbekommen. Oder man könnte eine Art Kulturflatrate etablieren, bei der wir InternetnutzerInnen zum Einkommen der Kreativen beitragen.
Plattformen besser besteuern statt bestärken
Denn dass die Tech-Riesen reguliert werden müssen, bestreitet niemand. Dass die Kreativen und die UrheberInnen für ihre hart erarbeiteten Inhalte gerecht entlohnt werden müssen, auch nicht. Nur ist die Urheberrechtsrichtlinie der EU dafür nicht das richtige Instrument. Sie dürfte die großen Plattformen stärken, die es sich leisten können, Upload-Filter zu programmieren und teuer zu verkaufen.
Wer die Macht von Google und Co begrenzen will, der muss sie da treffen, wo sie am empfindlichsten sind: Er muss dafür sorgen, dass sie ordentlich besteuert werden. Mit diesen Steuergeldern ließen sich dann ja auch die Kreativen unterstützen, zum Beispiel mit Stipendien und Förderprogrammen, von denen es noch viel zu wenige gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen
Der Kemmerich-Effekt als Risiko
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt