Kommentar Druck auf Venezuela: So kann das nichts werden
Guaidó wird von acht EU-Ländern anerkannt. Aber sie sollten ihm lieber Geduld abtrotzen und eine Lösung finden, mit der beide Seiten leben können.
D eutschland, Spanien, Frankreich, Großbritannien und andere EU-Staaten, die Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro ein Ultimatum gestellt hatten, haben ihre Ankündigung wahr gemacht. Nachdem Maduro nicht innerhalb von acht Tagen freie Neuwahlen zur Präsidentschaft eingeleitet hat, erklärten nunmehr acht EU-Länder, Venezuelas Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als legitimen Übergangsstaatschef anzuerkennen.
Damit steigt zwar der Druck weiter, aber ein Ausweg aus der Krise zeichnet sich nicht ab. Nicolás Maduro sitzt im Kommandosessel in Caracas, hat die Kontrolle über alle bewaffneten Kräfte und den Rückhalt Russlands, Chinas und weniger lateinamerikanischer Verbündeter. Juan Guaidó hat den Rückhalt der gesamten Opposition, eventuell einer Mehrheit der Bevölkerung und einer steigenden Zahl ausländischer Regierungen – aber keine reale Macht im Land.
Während US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence offen von „Regime Change“ und Militärintervention sprechen, will die EU gemeinsam mit möglichen Vermittlern wie Uruguay eine Kontaktgruppe bilden, um Auswege zu suchen. Guaidó allerdings hat erklärt, er verhandele mit der Regierung Maduro einzig und allein über deren Abtritt.
So kann das nichts werden. Bleiben alle Seiten bei ihrem Kurs, kommt es zum Bürgerkrieg, der womöglich dann die Begründung für eine Militärintervention liefert. Das kann niemand wollen. Jene EU-Staaten, die sich aufseiten Guaidós stellen, müssen jetzt Verantwortung übernehmen. Und das bedeutet zuallererst: Sie müssen auf ihren neuen Verbündeten einwirken. Der will den Schwung nicht verlieren, will wie seine Basis Maduro lieber heute als morgen zum Teufel jagen. Aber was er seit Wochen fordert, nämlich die Loyalität des Militärs, wird nicht kommen.
Bleibt nur Konfrontation. Die EU-Staaten müssen Guaidó Geduld abtrotzen und schließlich eine Lösung finden, mit der beide Seiten leben können. Nicht einfach. Aber wenn man sich schon einmischt, dann bitte mit kühlem Kopf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau