piwik no script img

Hilfslieferung für VenezuelaArmee blockiert Grenzübergang

Das venezolanische Militär blockiert einen Grenzübergang nach Kolumbien. Über diesen sollte die Bevölkerung Nahrungsmittel und Medizin erhalten.

Kolumbianische Polizisten kontrollieren die Tienditas-Brücke. Auf der venezolanischen Seite soll ein Tanklastwagen den Weg versperren Foto: ap

San Cristóbal afp/dpa | Vor einer geplanten internationalen Hilfslieferung haben venezolanische Soldaten nach Oppositionsangaben einen Grenzübergang zu Kolumbien blockiert. Ein Tanklastwagen und ein riesiger Container versperrten am Dienstag die Tienditas-Brücke zwischen den Nachbarstaaten, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Der oppositionelle Abgeordnete Franklyn Duarte sagte, der Übergang zwischen der venezolanischen Stadt Ureña und der kolumbianischen Stadt Cúcuta werde von Angehörigen der venezolanischen Streitkräfte blockiert.

Die geplante Hilfslieferung war vom selbsternannten venezolanischen Übergangspräsidenten Juan Guaidó koordiniert worden. „Kolumbien will dabei helfen, dass die Hilfsgüter das venezolanische Volk erreichen“, sagte der kolumbianische Außenminister Carlos Holmes Trujillo am Dienstag nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Mike Pompeo in Washington.

Staatschef Nicolás Maduro lehnt solche Lieferungen strikt ab. Er bezeichnet sie als Vorwand, um den Boden für eine von den USA angeführte Militärinvasion zu bereiten. In Venezuela herrscht als Folge der politischen und wirtschaftlichen Krise ein extremer Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten.

Im Machtkampf zwischen Guaidó und Staatschef Nicolás Maduro wird die humanitäre Hilfe zur ersten Bewährungsprobe. „Die humanitäre Hilfe ist kein Almosen. Sie ist eine dringende Notwendigkeit für unser Land, für Hunderttausende Venezolaner, die weder Nahrungsmittel noch Medizin haben“, sagte der Abgeordnete Miguel Pizarro von der oppositionellen Partei Primero Justicia.

Deutschland sagt Hilfen zu

Gelingt es Guaidó und seinen Unterstützern, die Lieferungen in das notleidende Land zu bringen, dürfte ihnen das viel Anerkennung unter der Bevölkerung verschaffen. Doch die Lebensmittel und Medikamente kommen nur in den Krisenstaat, wenn die Streitkräfte sie passieren lassen. „Soldaten an der Grenze, entweder ihr seid Teil des Problems oder ihr helft dem bedürftigen Volk“, sagte der Abgeordnete Pizarro. „Der Einzige, der die humanitäre Hilfe bremst, ist Nicolás Maduro.“

Die EU-Kommission kündigte am Dienstag an, fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Das Geld solle unter anderem der Versorgung mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe dienen, sagte der zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides. 2018 habe die EU insgesamt 34 Millionen Euro für Venezuela bereit gestellt. Zudem plane die EU-Kommission, in Caracas ein Büro für humanitäre Hilfe zu eröffnen. Auch die USA, Kanada und Deutschland sagten Hilfen zu.

Guaidó hatte sich vor knapp zwei Wochen selbst zum Übergangspräsidenten erklärt und Staatschef Maduro damit offen herausgefordert. Die USA, viele lateinamerikanische Staaten und bis Dienstag 19 EU-Länder stellten sich bereits hinter den jungen Parlamentschef. US-Präsident Donald Trump bekräftigte in seiner Rede zur Lage der Nation vor dem US-Kongress in Washington seine Unterstützung für Guaidó. „Wir stehen an der Seite des venezolanischen Volkes in seinem edlen Streben nach Freiheit“, erklärte Trump. Er verurteile die „Brutalität des Maduro-Regimes“, dessen sozialistische Politik Armut und Verzweiflung nach Venezuela gebracht habe, fügte Trump hinzu. Maduro hingegen wird von Russland, China, dem Iran, der Türkei sowie Kuba, Nicaragua und Bolivien gestützt.

Für die kommende Woche war in Washington eine internationale Konferenz zu der humanitären Hilfe für Venezuela geplant. „Die wirtschaftliche und humanitäre Krise in Venezuela erfordert breite Hilfsbemühungen durch die internationale Gemeinschaft“, schrieb der stellvertretende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), David Lipton, zuletzt auf Twitter. „Wir sehen einen perfekten Sturm aus Lebensmittelmangel, Hyperinflation, Verlust von Humankapital und einem komplexen Schuldenproblem.“

Venezuela steckt in einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise. Wegen fehlender Devisen kann das einst reiche Land kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Viele Menschen hungern und rund drei Millionen Venezolaner sind vor dem Elend in ihrer Heimat bereits ins Ausland geflohen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Trumps Rührstück.



    Der US-Oligarch sollte lieber gegen die Armut im eigenen Land vorgehen - America first, so trompetet er doch selber immer...

  • Fehlen diesem Text nicht ein paar wesentliche Informationen, um diese „Hilfe“ einordnen zu können? Z.B. welche Organisationen liefern möchten und woran sie sonst noch beteiligt waren? Und woher die so schnell kommt? USAID?

    • @Volker Maerz:

      Es gibt keine Lauer auf der wir nicht liegen.



      USAID braucht man da gar nicht zu bemühen. Venezuela hätte ja genug Geld um Medikamente und Lebensmittel zu kaufen. Maduro und Freunde steckten das Geld aber lieber in die eigene Tasche. Bei monatlichen Öleinnahmen von mehreren Milliarden ließe sich das Land locker mit Grundnahrungsmitteln versorgen. Das hat Maduro nur nie sonderlich interessiert.

  • Wow ist das bigott!



    Das solche Hilfslieferung zumal, wenn sie von den USA und Kolumbien kommen, die keine neutralen Parteien in dem Konflikt sind, problematisch sind, müsste klar sein. Kann sein, dass der Artikel, das einfach als bekannt voraussetzt und deshalb nicht weiter darauf einzugehen braucht.

    Aber nochmal zur Erinnerung, wie die westliche Wertegemeinschaft früher auf unaufgeforderte Hilfslieferungen reagiert hat:



    www.zeit.de/politi...ilfskonvoi-ukraine

    • @Sandor Krasna:

      Lesen Sie ruhig den von Ihnen genannten Link nochmal gründlicher durch. Dann werden Sie den wesentlichen Unterschied zwischen den Lieferungen erkennen:



      Die Hilfslieferungen für Venezuela sind für das GANZE Land bestimmt. Dagegen waren die russischen Lieferungen in die Ukraine eben nicht für das ganze Land, sondern nur und ausschließlich für die OST-Ukraine bestimmt, die Putin für Russland reklamierte (und immer noch reklamiert)!

      • @Pfanni:

        Nö, die Lieferungen sind nicht für das ganze Land bestimmt. Das sind mit US-Flaggen bedruckte Pakete, die an die Anhänger von Guaido´s ausgeliefert werden, während FOX und CNN ihre Kameras in einen günstigen Winkel aufgestellt haben.

  • Der notleidenden Bevölkerung in Venezuela kann es egal sein, wer die dringend benötigten Hilfsgüter ins Land bringt. Nicht jedoch dem Noch-Präsidenten Maduro: Sein Ansehen wird noch weiter sinken, wenn er die Hilfslieferungen weiter blockiert.



    Übrigens: Maduro hatte seine Chance, den Lebensstandard des Volkes (und nicht nur einiger Privilegierter, wie der über 1.000 Generäle) zu verbessern; er hat sie nicht genutzt. Er fand nur einen Sündenbock für die durch seine Regierung verursachte Situation: Das Ausland (=USA)!



    Dazu ist zu sagen, dass sich die USA auch früher schon als Aufpasser in ihrem „Hinterhof“ betätigten. Aber selbst damals schien es den Venezolanern besser zu gehen, als jetzt, in der sozialistischen Misswirtschaft!