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Kommentar Digitalpakt-ScheiternDie föderalen Prinzipienreiter

Das geplante Geld für Laptops, Tablets und WLAN an Schulen fließt vorerst nicht. Fürs Digitalpakt-Scheitern sind die Länder verantwortlich.

Vorerst abgesagt: Schülerspaß mit Tablet Foto: imago/Westend61

Eigentlich sollte der Nikolaus die lang ersehnten Bildungsgeschenke bringen: An diesem Donnerstag wollten Bund und Länder den Digitalpakt Schule unterschreiben, der den 40.000 Schulen im Land endlich Geld für Laptops, Tablets & WLAN bringen soll. 5 Milliarden Euro hatte die damalige Bildungsministerin Wanka für eine zeitgemäße Ausstattung in den Klassenzimmern versprochen. Das ist über zwei Jahre her. Dass nun erst ihre Nachfolgerin Anja Karliczek für WLAN an Schulen sorgt, ist peinlich genug. Doch selbst daraus wird vorerst – nichts.

Und das sagt schon viel über die Performance der aktuellen Bildungsministerin aus, die eher mit blödsinnigen Aussagen über die Ehe für alle auffällt als mit der Umsetzung ihrer Regierungsvorhaben. Dabei hat sie alle Hände voll zu tun: Bafög-Reform, Programm für Brennpunktschulen, Mindestlohn für Azubis, Ausbau der Ganztagsschulen, die Neuregelung des Hochschulpakts, um nur die wichtigsten Bildungsversprechen der Groko zu nennen. Nur: Einen Gesetzentwurf hat die Regierung bislang in keinem dieser Punkte zustande gebracht. Und das spricht nicht gerade für eine Ministerin, die mit dem höchsten Bildungsbudget aller Zeiten ausgestattet worden ist.

Für das Scheitern des Digitalpakts Schule ist aber – auch wenn das hier erstaunen mag – nicht Ministerin Karliczek verantwortlich. Und auch nicht die notorisch zerstrittene Groko. Sondern die Bundesländer, die um ihre Kompetenzen bangen. Man könnte auch sagen: die föderalen Prinzipienreiter. Sie weigern sich, den Digitalpakt zu unterschreiben, solange der Bund dabei auf einer Änderung des Grundgesetzes besteht. Zumindest in der Form, wie ihn vergangene Woche der Bundestag beschlossen hat. Ihr Veto im Bundesrat haben mittlerweile sechs Länder angekündigt. Es ist nichts anderes als der Versuch, eine angeschlagene Ministerin öffentlich unter Druck zu setzen. Ihr Druckmittel – der Digitalpakt Schule. Kommt er nicht bald, so das Kalkül, dürfte die Geduld mit der Bildungs-Quereinsteigerin Karliczek aufgebraucht sein.

Leider sind die Argumente der Blockierer nicht besser als die Amtsbilanz ihrer Widersacherin. Denn auch wenn der Digitalpakt ohne Grundgesetzänderung rechtlich möglich wäre – sinnvoll ist die Forderung nicht. Erstens weil der Bund die Länderkompetenz in Bildungsfragen gar nicht infrage stellt. Und zweitens, weil ohne dauerhafte Regelung, wie der Bund die klammen Kommunen finanziell unterstützen darf, der nächste Streit programmiert ist: wenn der Bund Schulen sanieren oder die Ganztagsbetreuung ausbauen möchte. Übrigens zwei weitere Versprechen aus dem Koalitionsvertrag.

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17 Kommentare

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  • Es hängt doch überhaupt nicht an der Hardware. In jedem Haushalt stehen 2-3 ausrangierte Rechner und wenigstens ein ausrangierter Router rum - wenn Schulen im Dreh aufrufen würden, die Dinger zu spenden, würden sie in Hardware ersaufen. Daraus könnten sich die Schulen die brauchbaren raussuchen und für den Schuleinsatz einrichten. Unterstützung durch Eltern oder lokale PC-Läden wäre auch kein großes oder teures Problem.

    Es hängt am fehlenden Willen, IT-Unterricht ab der 5. Klasse anzubieten. Das wurde Jahrzehnte verschleppt, wäre ja fatal, wenn sich plötzlich nennenswert Leute mit IT auskennen würden und allem, was damit zusammenhängt.

    Nein, auch kommende Generationen sollen möglichst naiv von früh bis spät ihre Daddelkonsolen bedienen und so der Werbewirtschaft und allen Profiteuren den Datenrohstoff liefern. Sie sollen ahnungslos sein, wenn wieder einmal mit KI die Lösung aller Probleme versprochen wird, sie sollen nicht wissen, wofür freie und offene Software gut ist, was man mit dem Internet alles machen könnte außer Selfies posten.

    Sie sollen auch nicht wissen, mit wie wenigen Merkmalen man jemanden eindeutig identifizieren kann, warum selbst die Glotze Daten nach Hause schickt und was der Zusammenhang zwischen Big Data und KI ist. Was ein gute Benutzeroberfläche ausmacht, wie Software ressourcenschonend designt wird, was der Sinn von Standards ist, warum Verschlüsselung, wie IT jeden gesellschaftlichen Bereich verändert - und wie sie überall missbraucht wird. Mit großer Macht kommt große Verantwortung.

    Das alles lernt man nicht auf dem Tablet, weil es eine Konsumentenkonsole ist.

    Das alles könnte man problemlos auf alten Gurken lernen. Ab der 9. wären die Schüler so fit, dass sie ihre Schulinfrastruktur selber administrieren und erneuern könnten. Apropos Schüler - die Schülerinnen dann genauso. Auch der Missstand wär dann endlich behoben, und die nutzlosen MINT-Alibi-Aktionstage könnten abgeschafft werden.

    • @uvw:

      Mit Verlaub, wir wollen in Schule keinen Zoo alter abgelegter Hardware. Never ever! 1300 Schüler mit je einem anderem Gerät, da ist Chaos vorprogrammiert - realitätsfremd! Und Tablets sind sehr wohl gut für Programmierübungen geeignet. Wir brauchen eine moderne und leistungsfähige Ausstattung für meist über 1000 Schülerinnen und Schüler an Schulen! Mind. 30 MBit/s und Klassenraum usw. .... Informatik ab Jg. 5 ... Realität ist Schrott und Steinzeit.

  • Völlig bescheuert, den Ländern hier den Vorwurf der Prinzipienreiterei zu machen. Das Gegenteil ist der Fall.

    Die Länder sollten nur die Aufgaben an den Bund abgeben, die für sie alleine nicht zu bewältigen sind. Verteidigung z.B. Alles andere kann und sollte dezentral geregelt werden. Dass der Bund die Schulen ausstattet, liegt ja nur an der zentralistischen Steuergesetzgebung, die dem Bund das Geld zuschustert und ihm die Möglichkeit gibt, das Geld dann nach Gutdünken zu verteilen.



    Vielleicht möchte der eine oder andere Schüler selber über seine Geräte entscheiden und nicht mit einer vom Bund vorgegebenen Windows oder Apple-Version arbeiten, sondern lieber mit Linux. Und die meisten Schüler wissen wahrscheinlich auch besser, welche Geräte für was geeignet sind als wie irgendwelche Bundespolitiker.

    Ich sehe überhaupt nicht ein, wieso ein Nazi aus Sachsen über die mir zustehende Bildung mitbestimmen soll, wenn ich z.B. in Niedersachsen lebe. Und ich könnte auch wunderbar damit leben, wenn mein Abi in Sachsen (oder, um mal in EU-Formen gleich zu denken, in Ungarn) nicht anerkannt würde. Damit lebe ich wahrscheinlich besser als wenn zu meiner Zeit schon solche Länder meine Bildungsinhalte mitbestimmt hätten.

  • Während öffentliche Schulen, so auch in den USA, bildschirmbasierte Schul(aus)bildung geradezu als „alternativlos“ bewerben, verzichten Schulen, an denen die Kinder der Silicon-Valley(!)-Eliten unterrichtet werden, weitgehend auf Tablet & Co. Warum? Weil Eltern zunehmend besorgt sind im Hinblick auf die Auswirkungen der Computernutzung.



    Zudem habe die Erfahrung, so eine USA-Korrespondentin, gezeigt, dass sich Schüler im Unterricht mit allem Möglichen beschäftigten, nur nicht mit dem, was sie am PC machen sollen.



    Empfehlen möchte ich in diesem Zusammenhang den folgenden Artikel:

    www.nytimes.com/20...reens-schools.html

    Und noch ein abschließender Gedanke: Kinder und Jugendliche verbringen heute bereits den Großteil des Tages an Smartphone und Tablet. Sollte dann nicht wenigstens der Unterricht weitgehend bildschirmfreie Zeit sein?

  • Keine Sorge: Die Privatisierungslobby wird schon dafür sorgen, dass die angekündigten 5 Milliarden bei den Aktionären der Laptop und Tablett Herstellern (klimafreundliche Biobauern?) ankommen. Bertelsmann&Co werden ihren Teil für die entsprechenden digitalen Lehrinhalte und das Schulungsmaterial für Lehrkräfte ebenso gerne einstreichen wollen. Die lokalen Software Unternehmen, zur Wartung der Systeme und der Sicherheit, müssen ja auch von etwas leben; wie auch die "klimafreundlichen" Energieversorger.

    • @Drabiniok Dieter:

      Nicht immer so negativ und zynisch denken. Unzureichende Unterrichtsmaterialien und lernen ohne zeitgemäße Technik, sichert dem Nachwuchs im internationalen Vergleich einen schlechten Startplatz ins moderne Berufsleben.



      Sich dann aber darüber wundern, dass man in D keine wettbewerbsfähigen und innovativen Unternehmen mehr findet und viele in Forschung und Entwicklung ins manchmal weit besser ausgestattete Ausland gehen.



      Sowas kommt leider von sowas...

  • Fast schon tragisch... Wo Bildung doch angeblich soooooo wichtig ist. Fast so wichtig wie Braunkohleförderung... Aber nur fast...

    Wie...?

    Das ein hat mit dem anderen nix zu tun...?



    Ach, egal...

    • @Sebas.tian:

      Was hat auf-dem-Tablet-Rumwischen mit Bildung zu tun?

  • 6G
    66584 (Profil gelöscht)

    Die freiheitlich demokratische Grundordnung in Deutschland sieht ein föderales Bildungssystem vor, da die letzten, die die Bildung zentralisiert hatten, die Nazis waren. Es ist also sehr gut, dass der Einfluss auf die Köpfe unserer Kinder ansatzweise dezentral ist, in den USA ist Bildung sogar Aufgabe der Kommunen.

    • @66584 (Profil gelöscht):

      "...da die letzten, die die Bildung zentralisiert hatten, die Nazis waren. Es ist also sehr gut, dass der Einfluss auf die Köpfe unserer Kinder ansatzweise dezentral ist", hiesse im Umkehrschluss also, dass eine Zentralisierung Nazi-Propaganda in die Schulen bringen würde.



      ???



      Klasse Logik! Echt jetzt!

    • @66584 (Profil gelöscht):

      Das allein ist kein Grund für eine Dezentralisierung der Bildung in heutiger Zeit. Und die USA sind hinsichtlich Bildung wohl ein ebenso schlechtes Beispiel. Viele Köche verderben den Brei. In manchen Fällen des Föderalismus, so auch hier, werden nur zu erst die eigenen Pfründe gesichert und nicht an das eigentliche Ziel Bildung gedacht.

  • Ja, kein Weihnachten für Apple, Google, Samsung und Microsoft. Dieses Strohfeuer der Investition ist in kürzester Zeit abgebrannt und wird nur Investitionsruinen in Form von veralteter Hardware und teuren Serviceverträgen zurücklassen. 'Digitalisierung' scheint das neueste Politikermantra zu sein. Ähnlich wie bei den Mantras 'Privatisierung', 'Reformen', 'Nachhaltigkeit und 'Bürgernähe' muss man es nur oft genug wiederholen, damit keiner nachfragt was denn damit genau gemeint ist, was damit bezweckt wird und wem es schlussendlich nützen soll.

    Bessere Schulen erreicht man durch schöne Gebäude, saubere Klos, zahlreiche und entspannte Lehrer und eine artgerechte Aufzucht der kleinen Homosapiense und nicht durch noch mehr Daddelfone und Speckbrettrechner.

    Wenn Digitalisierung, dann im Back-Office, damit sich die Lehrer nicht immer um den einzigen Schullaptop für die Noteneingabe streiten müssen und der einzige Rechner mit offiziell erlaubtem Internetzugang immer im Büro des Rektors eingeschlossen ist. (Anekdote aus einer Schule in Ba-Wü).

    • @Adele Walter:

      Ach, vor 2 Jahren schenkte ich einer Schule meinen 10 Jahre alten Tower-PC. Und weil da noch viel ältere Teile rumstanden, freute sich die Schule. Vor 100 Jahren hatte jede Schule Tafeln zu haben, heute Laptops und eine zeitgemäße Basisausstattung + Lehrer, die damit technisch und didaktisch umgehen können.

    • 8G
      88862 (Profil gelöscht)
      @Adele Walter:

      Sehr guter Kommentar, vielen Dank!

      • @88862 (Profil gelöscht):

        Es gab wohl Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre irgendeine Welle, da musste jede Schule unbedingt ein "Sprachlabor" haben. Niemals ist das Ding in meiner sowieso durch Sitzenbleiben verlängerten Gymnasialzeit von irgendeinem Lehrer zu diesem Zweck genutzt wurden. Es wurde als Notklassenraum gebraucht und verwahrloste mehr und mehr.

  • Su-per gemacht, liebe Landesregierungen! Echt jetzt! Danke! Generationen von Schülern werden es euch danken, dass sie weiterhin mit konventionellen Arbeitsmitteln und non-state-of-the-art Technik unterrichtet und lernen werden. Ist ja schließlich Neuland, das ganze Internetzeugs, WLAN, Computer und sowas alles. Aber Hauptsache die eigene (In-)Kompetenz in Sachen Entscheidungsgewalt gerettet. Lösungsorientiertes Arbeiten? Iwo, Probleme müssen generiert werden, damit die eigene Uberflüssigkeit kaschiert wird.



    Der Födrealismus ist nicht immer gut, wie wir hier erleben.

    • @Pia Mansfeld:

      Kann man hier nicht auch mal so lustige Sternchen hinmachen, wo man draufklicken kann, wenn man einen Beitrag voll dufte findet... Das fänd ich jetzt gerade voll dufte...