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Kommentar Deutschlands AfrikapolitikPapier gegen Boko Haram

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Neuausrichtung der deutschen Afrikapolitik setzt auf mehr Militär. Doch jeder weiß, dass Deutschland gegen Boko Haram keinen Finger rühren wird.

Die Bundeswehr will sich in Afrika keine nassen Füße holen: Soldaten 2009 beim Einsatz in Gabun. Bild: ap

D er Terror in Nigeria steigert sich immer weiter. Auf eine beispiellose Geiselnahme von Hunderten Schülerinnen durch die islamistische Rebellenarmee Boko Haram antworteten die Staaten der Region mit dem Bekenntnis zum „totalen Krieg“; in Reaktion darauf hat Boko Haram jetzt die blutigsten Bombenanschläge seiner Geschichte verübt.

Das dürfte Nigerias Regierung und ihre Partner weiter in die militärische Eskalation treiben – obwohl sie mit ihrem Krieg gegen die Islamisten schon jetzt Tausende Menschen auf dem Gewissen haben.

Es ist dem Zufall geschuldet, dass Deutschland ausgerechnet in diesem Moment ein neues Afrikakonzept beschließt. Nimmt man dieses Papier im Vergleich zu seinem Vorgängerpapier aus den Zeiten Guido Westerwelles ernst, setzt Deutschland heute sehr viel mehr auf das Militär – bis hin zur Bereitschaft, „sich bei schwerwiegenden Krisen auch unmittelbar zu engagieren“. Denn „im Kreis der westlichen Partner blickt man mehr auf Deutschland und erwartet ein der Stellung und den Möglichkeiten angemessenes Engagement“.

Gleichzeitig weiß aber jeder, dass Deutschland gegen Boko Haram keinen Finger rühren wird. Dafür sind die Briten zuständig als ehemalige Kolonialmacht, die Franzosen als aktivste Interventionsmacht und die USA als Nigerias wichtigster Partner. Deutschland steht in Nigeria für Baufirmen, Maschinen und Autos, es ist ein Land, in das sich kranke nigerianische Politiker zur Behandlung begeben, wenn sie nicht wollen, dass jemand es merkt.

Was also wird Deutschland tun? Sollte die Bundesregierung überhaupt etwas tun? Es gibt darauf keine klare Antwort.

Derweil läuft Afrikas einwohnerreichstes Land auf einen Konflikt zu, gegen den der Horror in der Zentralafrikanischen Republik ein Kinderspiel ist. Das sagt mehr über Deutschlands Rolle in Afrika aus als jedes Grundsatzpapier.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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8 Kommentare

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  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    "Die Neuausrichtung der deutschen Afrikapolitik setzt auf mehr Militär."

     

    Da hat uns Herr Gauck aber was anderes erzählt. Sollte er.... am Ende.... die Unwahrheit gesagt haben? Er als Präsident UND Pfarrer? Unvorstellbar!

  • Laut Aussage einer Schülerin wurde die Schule kurz vor der Entführung gewarnt. Ein Lehrer hätte den Schülerinnen aber verboten zu gehen (sonst kein Abschlusszeugnis) und diese teilweise in Klassenräume eingeschlossen. Dann wären alle Lehrer und die Wachen gegangen. Der Wald neben dem Dorf wurde nie durchsucht. In einem Nachbardorf hat Boko Haram vor zwei Tagen weitere 40 Menschen abgeschlachtet. Das heißt: Die nigerianische Armee, Teile der Regierung (ev. auch der Präsident und dessen Frau) und der Zivilgesellschaft arbeiten eng mit den Irren zusammen, es gibt keinerlei militärische Bemühungen die Mädchen zu finden oder Dörfer zu schützen, obwohl die Terroristen immer noch in allernächster Nähe sind. So gesehen fände ich eine internationale - weniger korrupte - schnelle Eingreiftruppe schon gerechtfertigt, um den Völkermord zu stoppen.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Dorian Müller:

      Oh mann, nicht noch ein erfolgloser Krieg wie in Irak und Afghanistan...

       

      Die NATO ballert da auch nur planlos rum, erschießt ne Menge unschuldiger Leute und zieht sich nach 10 Jahren zurück, ohne irgendwas erreicht zu haben.

  • Militär raus aus Afrika! Es gibt heutzutage keine wirkliche Entwicklungshilfe Deutschlands oder anderer westlicher Länder. Es gibt nur eine richtige Entwicklungs- oder Zusammenarbeitspolitik, und die heisst "Offene Grenzen!", damit ausländische Unternehmen in Afrika investieren können und damit Afrikaner im Ausland uneingeschränkt leben und arbeiten können, wenn sie das wollen.

    • @bouleazero:

      China +Indien haben durch ihre preiswerten Tiefbrunnenpumpen, Motorräder, Fahrräder, Handys usw in den letzten 10 Jahren vielleicht mehr für Afrikas Wirtschaftsentwicklung getan, als die Entwicklungshilfe des Westens. Handel und Investitionen benötigen jedoch Sicherheit. Dazu hat man Gerichte, Polizei und Militär. Da Afrika recht korrupt ist und ab und an, ethnische Konflikte für politische Ziele missbraucht werden, wird das afrikan. Militär ab und an durch ausländisches Militär ergänzt. Das funktioniert auch innerhalb Afrikas, zB ruandisches Militär zum Schutz von Moslems in der Zentralafr. Rep. (Die Ruander haben Erfahrung mit Genozid). Was ist jetzt daran zu kritisieren?

      • @Gabriel Renoir:

        Bin einverstanden, dass es die Chinesen und Inder besser machen, indem sie sich wirtschaftlich, UND NUR wirtschaftlich engagieren. Meines Wissens sind die beiden militärisch nur im eigenen Land aktiv (was natürlich ebenfalls hinreichend kritisiert werden kann).

        Die schlechte Seite daran ist jedoch, dass sie ihre iwrtschaftliche Aktivität nur sehr wenig, wenn überhaupt, lokal integrieren. Auf allen Kontinenten, wo sie aktiv werden, bilden sie eine Parallelwirtschaft, die sich sogar den Gesetzen vor Ort entzieht und zu üblen Zuständen führt wie im letzten Jahr bei den Italienischen Textilarbeitern tragischerweise aufgedeckt wurde.

    • @bouleazero:

      Das ist aber eine recht naive Einstellung: Militär ´raus uns alles wird gut? Ist es nicht vielmehr so, dass westliche Soldaten große Teilen des Kontinents die letzte Stabilität überhaupt verleihen? Was könnte mich als Unternehmer denn ansprechen, wenn ich in ein afrikanisches Land investiere: Eine verlässliche Militärpräsenz, die im Konfliktfall meine Interesse im Zweifelsfalle wahrt, oder aber ein korrupter Beamtenapparat mit wechselden und unvorhersehbaren Machtstrukturen. Wer garantiert für die Sicherheit meiner Mitarbeiter? Boko Haram?

      Natürlich - große Teile von Afrika sind schrecklich. Die Menschenrechte werden nicht gewahrt, Konflikte wurden von der willkürlichen Grenzziehung der ehemaligen Kolonialmächste ausgelöst. Dennoch kann es keine Lösung sein eine Politik der offenen Grenzen zu propagieren: Wenn die untere Mittelschicht, die Zugang zu Bildung hat, das sinkende Schiff verlässt wer bleibt zurück um das Land überhaupt ansatzweise aufzubauen?

      Meiner Meinung nach kann es nur eine Lösung geben: Nicht weniger Militär, sonder mehr. Ehrlich: Fragen Sie doch mal einen Menschen, der dort lebt und versuchen Sie sich seine Wünsche ohne die ideologische Brille zu sehen.

      • @Manjushri:

        "Wer bleibt zurück, um das Land aufzubauen?" Die allermeisten bleiben zurück, denn die Menschen in Afrika wollen dort leben, wo sie geboren sind und wo sie ihre Familien haben. In allen Ländern der Welt ist das so, nur ein Bruchteil der Menschen versucht sein Glück woanders. und die sollte man nicht aufhalten. Es sei denn, die Menschen sind durch Krieg oder Massenelend dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Oder ist dieses Argument nur ein Vorwand, um zu sagen "Bitte keine offenen Grenzen, weil ich diese Leute nicht bei mir haben will." Und wovor hat 'mehr Militär' geschützt? Ich bin Realist und akzeptiere es, wenn alle Staaten via der Blauhelme den Frieden irgendwo auf der Welt sichern. Militärische Alleingänge sind immer wieder Ursache für neue internationale Konflikte. Würde der Westen genauso viel Mittel in friedliche Projekte stecken wie er fürs Militär verwendet, sähe Afrika schon anders aus.