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Kommentar BurundiEs steht sehr viel auf dem Spiel

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

In Burundi droht eine Neuauflage des Bürgerkriegs der 1990er Jahre. Die Amtskollegen von Präsident Nkurunziza müssen ihn zum Einlenken bringen.

Gegner des amtierenden Präsidenten protestierten in der Hauptstadt Bujumbura. Bild: ap

B urundi ist eines der kleinsten und ärmsten Länder Afrikas, aber die politische Krise, die der Präsident jetzt vom Zaun gebrochen hat, ist eine der größten und folgenreichsten. Erst vor gut zehn Jahren endete ein Bürgerkrieg zwischen Tutsi-dominierter Armee und Hutu-Rebellen, der 300.000 der damals rund 6 Millionen Einwohner das Leben kostete.

Die seitherige politische Stabilität war auf äußerst fragilem Grund gebaut. Die Grundlage des Friedens war die Bereitschaft, den Gegner am Leben zu lassen, und der Verzicht darauf, Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Das alles steht jetzt auf dem Spiel, weil Präsident Piere Nkurunziza unbedingt über die in den Friedensabkommen und in der Verfassung vorgesehenen zehn Jahre hinaus im Amt bleiben will. Wenn Nkurunziza jetzt bereit ist, über Leichen zu gehen, um an der Macht zu bleiben, werden die anderen politischen Akteure Burundis wohl oder übel das Gleiche tun.

Dann ist eine Neuauflage des mörderischen Bürgerkriegs der 1990er Jahre keineswegs ausgeschlossen, mit all seinen unübersehbaren regionalen Folgen. Von Ruandas Völkermord bis zu den Kriegen im Kongo reichten die damaligen Konflikte, die zwar nicht auf Burundi zurückzuführen sind, wohl aber dadurch begünstigt wurden, dass die Bevölkerungen der Region grenzüberschreitend miteinander zusammenhängen, und bewaffnete Auseinandersetzungen daher schnell übergreifen.

Nkurunziza muss zur Einsicht gezwungen werden, und zwar zunächst von seinen eigenen Amtskollegen rings um ihn herum, die zugleich auch Garanten des burundischen Friedens sind. Die Region hat heute, anders als vor zwanzig Jahren, eigene Konfliktlösungs- und Eingreifmechanismen, die neue Bürgerkriege verhindern sollen. Burundis Krise ist nun für Ostafrika die Bewährungsprobe.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • Ob einer ein "großes Tier" ist in Bayern oder in Burundi, scheint manchmal kaum einen Unterschied zu machen. Aus irgend einem Grund ruiniert die sogenannte Bedeutung manchen Menschen offenbar ihr Gleichgewichtsgefühl. Sie glauben dann, die Regeln, die für alle Anderen gelten, wären für sie selber ohne jede Bedeutung.

     

    Dass im Einzelfall "sehr viel auf dem Spiel [steht]", nehmen solche Leute selten als Risiko wahr. Sie betrachten es vielmehr als Chance. Als Chance darauf, bei der Durchsetzung ihrer Ziele noch deutlich mehr vom sogenannten "Druck" erzeugen zu können, als ihre vermeintlich überragende Bedeutung ohnehin erzeugt aus Sicht der Anderen.

     

    Was dem Einen sein G7-Gipfel, das ist dem anderen ein drohender Völkermord. Ja, klar, der weiße, adlige Schlossherr von Elmau wirkt, verglichen mit dem schwarzen, afrikanischen Präsidenten mit dem eher bürgerlichen Hintergrund überaus zivilisiert. Das ist allerdings nicht sein Verdienst. Es ist, was Helmut Kohl die "Gnade der […] Geburt" genannt hat. Elmau liegt halt in Europa, und da ist jene Zeit, in der Menschen ihresgleichen versklavt und massakriert haben mit der Begründung, sie wären eigentlich gar keine, deutlich intensiver aufgearbeitet worden.

     

    Was aber eine mögliche Intervention der "eigenen Amtskollegen" des Herrn Nkurunziza angeht, bin ich sehr skeptisch. Weil ich weder ein Interesse erkennen kann, wenn ich gedanklich in ihre Schuhe steige, noch so was wie ein (Un-)Rechtsbewusstsein. Diese Männer sind für mich allesamt weniger "Garanten des burundischen (oder irgend eines anderen) Friedens" als vielmehr Gleiche unter Gleichen.

     

    Wenn sie etwas reizt, dann allenfalls die (ausnahmsweise gut begründet) Gelegenheit ihrerseits Gewalt auszuüben. Wobei sie sich vermutlich klar darüber sind, dass der Wind sich drehen kann. Krähen sind angeblich ziemlich schlaue Vögel. Ihresgleichen nehmen sie ganz gerne aus vom großen Augenaushacken.