Kommentar Burundi: Es steht sehr viel auf dem Spiel
In Burundi droht eine Neuauflage des Bürgerkriegs der 1990er Jahre. Die Amtskollegen von Präsident Nkurunziza müssen ihn zum Einlenken bringen.
B urundi ist eines der kleinsten und ärmsten Länder Afrikas, aber die politische Krise, die der Präsident jetzt vom Zaun gebrochen hat, ist eine der größten und folgenreichsten. Erst vor gut zehn Jahren endete ein Bürgerkrieg zwischen Tutsi-dominierter Armee und Hutu-Rebellen, der 300.000 der damals rund 6 Millionen Einwohner das Leben kostete.
Die seitherige politische Stabilität war auf äußerst fragilem Grund gebaut. Die Grundlage des Friedens war die Bereitschaft, den Gegner am Leben zu lassen, und der Verzicht darauf, Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Das alles steht jetzt auf dem Spiel, weil Präsident Piere Nkurunziza unbedingt über die in den Friedensabkommen und in der Verfassung vorgesehenen zehn Jahre hinaus im Amt bleiben will. Wenn Nkurunziza jetzt bereit ist, über Leichen zu gehen, um an der Macht zu bleiben, werden die anderen politischen Akteure Burundis wohl oder übel das Gleiche tun.
Dann ist eine Neuauflage des mörderischen Bürgerkriegs der 1990er Jahre keineswegs ausgeschlossen, mit all seinen unübersehbaren regionalen Folgen. Von Ruandas Völkermord bis zu den Kriegen im Kongo reichten die damaligen Konflikte, die zwar nicht auf Burundi zurückzuführen sind, wohl aber dadurch begünstigt wurden, dass die Bevölkerungen der Region grenzüberschreitend miteinander zusammenhängen, und bewaffnete Auseinandersetzungen daher schnell übergreifen.
Nkurunziza muss zur Einsicht gezwungen werden, und zwar zunächst von seinen eigenen Amtskollegen rings um ihn herum, die zugleich auch Garanten des burundischen Friedens sind. Die Region hat heute, anders als vor zwanzig Jahren, eigene Konfliktlösungs- und Eingreifmechanismen, die neue Bürgerkriege verhindern sollen. Burundis Krise ist nun für Ostafrika die Bewährungsprobe.
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