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Kommentar BlockupySchafe zählen

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Mit Protesten will das Blockupy-Bündnis am Mittwoch das Frankfurter Stadtleben lahmlegen. Das wollte es schon oft. Diesmal ist es soweit.

Entsprechen nicht dem klassischen Aktivistentypus: Schafe im Nebel. Bild: dpa

E s gibt eine Technik, die vielen Menschen dabei hilft, am Abend schneller einzuschlafen: Sie lehnen sich zurück, schließen die Augen und dann beginnen sie, Schafe zu zählen. Und es gab eine Zeit, da schliefen so einige Menschen fast im Stehen ein, wenn sie das Wort „Blockupy“ hörten.

Seit drei Jahren arbeitet dieses Bündnis in Frankfurt daran, die deutsche Wahrnehmung für die europäische Krisenpolitik zu erhöhen. Das ist zunächst einmal zutiefst berechtigt. Die schleichend ausgebauten Machtbefugnisse, mit der im Laufe der europäischen Finanzkrise die Europäische Union gerade die undemokratischsten ihrer Behörden ausstatteten, sind nicht nur in der Theorie ein ernstes Demokratieproblem.

Es sollte, eigentlich, gerade nicht einschläfernd sein, sich mit dieser sehr grundlegenden Frage zu beschäftigen. Das Blockupy-Bündnis versucht seit drei Jahren, diesen Wachsamkeitsmodus zu erzeugen.

Das war keineswegs durchgäng erfolgreich, dafür gibt es Gründe. Das Bündnis hat sich dermaßen auf die europäische Vernetzung – und auch auf so manche leichte Parole – fokussiert, dass es für viele gesellschaftlichen Gruppen innerhalb der Bundesgrenzen keine politischen Anknüpfungspunkte gab. Auch heute haben zahlreiche relevante Graswurzelgruppen und alternative politische Zusammenhänge noch nicht eingesehen, wieso sie kommende Woche nach Frankfurt fahren sollten. In Frankfurt? Da kann man nur Schafe zählen.

Wachsamkeitsmodus? Erzeugt!

Das ist eine grobe Fehleinschätzung. Und einiges spricht dafür, dass diese Einschätzung in der kommenden Woche seine Gültigkeit verliert. Erstens sind wichtige symbolische Erfolge bereits im Kasten: Die EZB rät ihren Mitarbeitern, am Mittwoch am besten zu Hause zu bleiben. Deren ursprünglich geplante Feier fällt maximal klein aus. Der EZB-Chef darf kurz vor solchen Leuten etwas sagen, die an dem Tag ohnehin da wären – dann halten noch Frankfurts sozialdemokratischer Oberbürgermeister und Hessens grüner Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir eine Rede. Das wird die Feier gewesen sein.

Auf den Straßen unterdessen, davon ist auszugehen, dürfte diesmal wesentlich mehr los sein als bei den Blockupy-Vorläufern in den Vorjahren. Nach den Wahlerfolgen von Syriza in Griechenland wittern die Aktivisten ihre Chance auf einen echten – und vorerst wohl auch letzten – Auftrumpftermin in Frankfurt.

Dabei sind die Frankfurter Polizei und das Blockupy-Bündnis längst nicht mehr die einzigen Akteure. Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Hessen lädt zu einer Demonstration ein und verschiedene, teils militante Gruppen mobilisieren. Es gibt in Frankfurt kaum einen Menschen, der dazu keine Meinung hat. Wachsamkeitsmodus? Erzeugt.

Das ist, politisch, eine gute Nachricht. Die rituelle Politik, mit der Europas Regierungen, aber auch bisweilen ihre Gegner im Protesttheater zur allgemeinen Ermüdung beitragen, sind der Sachlage unangemessen. Ob der kommende Mittwoch darauf wirklich eine Antwort gibt, ist offen. Klar ist hingegen: Einschläfernd wird das nicht.

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