Kommentar Autonomenkrawall bei G20: Hat doch mit links zu tun
Nach G20 in Hamburg muss die intellektuelle Linke die Konfrontation mit dem „Schwarzen Block“ suchen. Da darf es keine Ausflüchte geben.
E s berührt unangenehm, wenn nach dem Gewaltexzess des marodierenden Mobs vom „Schwarzen Block“ am Wochenende in Hamburg fast automatisch die große Entschuldigung ansetzt: Die Gewalttäter haben nichts mit links zu tun! heißt es nun, auch wenn sie sich links nennen würden.
Man ersetze bitte die Wörter „Gewalttäter“ durch „Dschihadisten“ und „links“ durch „Muslime“ oder „Gewalttäter“ durch „Hooligans“ und „links“ durch „Fußballfans“ – und schon hat man die übliche Abwiegelei und Verdrängung etwa der deutschen Islamverbände oder des DFB, wenn Gewalt in ihren Reihen wächst, mit der man eine schöne Sache (Islam, Fußball, linke Weltanschauung) nicht in Verbindung gebracht sehen möchte. Das hat gar nichts mit uns zu tun! Diskussion beendet. Was für ein Witz.
Denn was stimmt für den Islam und für den Fußball, stimmt leider auch für die linke Weltanschauung: Natürlich haben Dschihadisten etwas mit dem Islam, Hooligans etwas mit Fußball und der „Schwarze Block“ etwas mit der linken Weltanschauung zu tun. Es sind jeweils Auswüchse oder fatale Fehlinterpretationen einer guten Sache. Und es ist die Pflicht einer islamischen Theologie, eines problembewussten DFB oder eben einer selbstkritischen Linken, diese Probleme nicht zu verdrängen.
Aber wer kehrt schon gern vor der eigenen Haustür? Das ist mühsam, anstrengend und nur selten von Erfolg gekrönt. Es führt aber kein Weg daran vorbei. Die intellektuelle Linke muss die Konfrontation mit dem „Schwarzen Block“ suchen – und keine Ausflüchte nach dem Motto: Aber die Polizei hat doch auch geprügelt (oder analog dazu: Wir erreichen die jungen Dschihadisten in unseren Gemeinden dummerweise nicht, die Hooligans kommen leider nicht in unsere Fanclubs).
Die Linke braucht mehr Ehrlichkeit! Knapp 70 Jahre nach Gandhi und 50 Jahre nach Martin Luther King muss Widerstand endlich gewaltfrei sein. Wenn er es nicht ist, ist er nicht links.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar “Die Stunde der Vereinfacher“ sowie die Kolumne Minority Report, die sich fragt: „Was ist dieses Links™?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn