Kommentar Andrea Nahles und die SPD: Jetzt müssen die Frauen ran
Mehr Frauen in Führungspositionen war ein Ziel von Merkel – und auch von Schulz. Aber die kleinen Schritte in der Sache sind oft nur Inszenierung.
Z wei Fotos dominieren seit Sonntagabend das Bild der beiden noch immer größten Parteien. Auf dem einen ist Kanzlerin Merkel zu sehen, im blauen Kostüm, umringt von hauptsächlich älteren Männern in dunklen Anzügen. So ist das bei der CDU: Eine Frau zwischen lauter Herren. Die zweite Frau auf dem Bild, Ursula von der Leyen, fällt trotz ihres weißen Outfits da gar nicht so sehr auf.
Das andere Foto wurde bei den Sozialdemokraten aufgenommen. Kanzlerverlierer Martin Schulz – im dunklen Anzug – schart jede Menge Frauen in farbenfrohen Kleidern und Blazern um sich. Männer wie Generalsekretär Hubertus Heil und Außenminister Sigmar Gabriel, die für das schlechte Abschneiden der SPD mitverantwortlich sind, hat er schön weit nach hinten geschoben.
Was sagt das über das Verhältnis der beiden Parteien zu Frauen in ihren ersten Reihen? Plump formuliert: Bei der Union machen es die Männer, bei der SPD die Frauen.
Das Bild stimmt nicht. Unabhängig davon, dass sowohl Merkel als auch Schulz im Sommer verkündeten, Führungsposten künftig zur Hälfte mit Frauen besetzen zu wollen, wirkt gerade die SPD-Aufstellung wie eine Inszenierung: Wir und die Frauen, das gehört zusammen wie Arsch auf Eimer. Bei uns in der Sozialdemokratie, so die Botschaft, werden Frauen ernst genommen.
Ist Nahles dafür die Richtige?
Aber das stimmt auch nicht, zumindest nicht in dieser Zuspitzung. Selbst wenn man die aktuelle SPD-Personalie betrachtet: Andrea Nahles, bis eben Arbeitsministerin, soll künftig die SPD-Fraktion im Bundestag leiten – einer der beiden wichtigsten Jobs in der Opposition.
Was das Bild eigentlich sagt: Nachdem es die Männer verbockt haben, müssen die Frauen ran. Sie sollen die SPD aus dem Sumpf ziehen und mit der hippen Message „Wir sind Frauen“ die Glaubwürdigkeit der Partei wiederherstellen.
Ist Nahles dafür die Richtige? Die Parteilinke ist nicht unumstritten. Ihre Art zu reden, das Ins-Mikro-Brüllen und der leicht demagogische Tonfall, das muss man mögen. Oder ertragen.
Womit aber man aber rechnen darf: Mit Nahles wird sich der Ton ändern. Nicht weil Nahles eine Frau ist, sondern weil Nahles Nahles ist. Sie gilt als Teamplayerin und als eine, die mit den Leuten redet. Eine gute Nachricht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr