Kommentar AfD und NPD in MV: Meuthens Tabubruch
Der AfD-Chef verkündet, seine Partei könnte im Landtag Anträge der NPD unterstützen. Doch eigentlich will er ihr damit ihre Wähler abgraben.
W enn die NPD „vernünftige Vorschläge“ mache, werde seine Partei mit ihr stimmen: So macht AfD-Chef Jörg Meuthen den Nazis kurz vor der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern offen Avancen.
An welche „vernünftigen Vorschläge“ er dabei wohl gedacht hat? An: „Rückführung syrischer Asylbewerber und Flüchtlinge in sichere Gebiete fördern“? „Die Eskalationspolitik von EU und Nato gegen Russland beenden“? „Sämtliche Anti-rechts-Programme unverzüglich einstellen“? Oder „Familien fördern, Kinder schützen – den biologischen Fortbestand des deutschen Volkes bewahren!“? Das ist nur eine kleine Auswahl der Anträge, die die NPD zuletzt im Schweriner Landtag gestellt hat.
Alle anderen Fraktionen dort haben bisher aus Prinzip gegen Anträge der NPD votiert. Die AfD will diesen Konsens nun aufkündigen und den Cordon sanitaire aufbrechen.
Dieser Tabubruch hat strategische Gründe. Damit buhlt die AfD um die Wähler der NPD, denen sie signalisiert: Wir wollen doch im Grunde das Gleiche. Für die NPD ist diese Umarmungstaktik ein Problem: Sie droht wegen der AfD aus dem letzten Landtag zu fliegen, in dem sie noch sitzt. So lässt sich auch die Klage von NPD-Chef Udo Pastörs verstehen, der dem AfD-Kollegen Björn Höcke vorwirft, seine Reden zu kopieren, während er, Pastörs, dafür ins Gefängnis komme.
In Kreistagen hat die AfD im Nordosten schon mit der NPD gestimmt, und beide Landeschefs haben angekündigt, es auch im Landtag so zu halten. Dass Meuthen diesen Kurs offen unterstützt, zeigt, dass sein Einsatz für einen Parteiausschluss des Antisemiten Wolfgang Gedeon nur dazu diente, die bürgerliche Fassade zu wahren. Gut möglich, dass die AfD nie in die Verlegenheit kommen wird, im Schweriner Landtag mit der NPD zu stimmen. Meuthens Botschaft aber lautet, dass sich Menschen mit nazistischen, rassistischen und antisemitischen Ansichten im Windschatten der AfD sehr wohlfühlen dürfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen