Kommentar Abschuss von russischem Jet: Erdoğans gefährliches Spiel

Nach dem Abschuss einer russischen Maschine wird Putin kaum bereit sein, mit der Nato gegen den IS zu kämpfen. Das kommt Erdoğan sehr gelegen.

Die brenndenden Trümmer des russischen Kampfjets nahe der türkisch-syrischen Grenze.

Abgeschossen: ein russischer Kampfjet vom Typ Sukhoi Su-24. Foto: dpa/Russian Defence Ministry

Der Abschuss eines russischen Kampfflugzeuges durch die Türkei hat das Potenzial, erneut eine ernsthafte Krise zwischen Russland und dem Westen auszulösen. Russlands Präsident Wladimir Putin ist empört und beschuldigt die Türkei, die Terroristen zu unterstützen, gegen die Russland in Syrien kämpft. Die Türkei wendete sich dagegen prompt an ihre Nato-Partner und behauptet, lediglich auf wiederholte Luftraumverletzungen durch Russland reagiert zu haben.

Vor dem Hintergrund der Bemühungen des französischen PräsidentenFrançoisHollande, alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, also auch Russland, für eine gemeinsame militärische Kampagne gegen den „Islamischen Staat“ zu gewinnen, ist der Zwischenfall an der syrisch-türkischen Grenze eine Katastrophe.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die türkische Regierung und allen voran Präsident Recep TayyipErdoğangenau das auch mit dem Abschuss beabsichtigt hat. Denn fürErdoğanwar und ist das offene militärische Engagement Russlands an der Seite Assads eine Provokation. Es drohte jahrelange offene und heimliche türkische Bemühungen, die Anti-Assad-Kräfte, darunter auch Islamisten jeglicher Couleur, zu unterstützen, um Assad zu stürzen und eigene, islamistische Freunde in Damaskus an die Macht zu bringen, zunichtezumachen.

Zusätzlich alarmierte es Ankara, dass sich nach den Attentaten von Paris abzeichnete, der Westen, allen voran Frankreich, könnte bereit sein, den Machthaber Assad weiterhin zu akzeptieren, wenn nur Russland sich dem Anti-IS-Kampf anschließen würde. Nach dem Abschuss seines Jets wird Putin nun schwerlich bereit sein, gemeinsam mit der Nato gegen den IS zu kämpfen.

Das kommt wiederumErdoğansehr gelegen, der den IS trotz anderslautender öffentlicher Aussagen wohl immer noch als kleineres Übel gegenüber Assad ansieht und weiterhin darauf besteht, dass der Sturz Assads erste Priorität haben muss. Wenn, wie vorauszusehen, die Nato sich nun wegen des Zwischenfalls in der Türkei erneut mit Putin zerstreitet, nützt das vor allem den Schlächtern des IS.

Die Nato sollte deshalb auf dieses SpielErdoğansnicht eingehen. Der türkische Präsident hat aus eigenen Machtinteressen den IS mit groß gemacht. Bevor er nun die Solidarität des Westens einklagen kann, soll er erst einmal mit Taten beweisen, dass es ihm mit dem Kampf gegen den IS Ernst ist.

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