Kolumne Wir retten die Welt: Wie fänden wir den Öko-Trump?
Klar: Der US-Präsident gehört in die grüne Hölle. Aber was, wenn jemand pöbeln, lügen und schikanieren würde, um echte Probleme zu lösen?
D ie beste Bemerkung zu Donald Trump kam diese Woche von Stephen Colbert im US-Sender CBS: Der Präsident „is now in Brussels, then it’s on to England and then he is going straight to hell …, I’m sorry, Helsinki.“ Uns ist natürlich klar, dass Trump zumindest in die grüne Hölle gehört: Abrissbirne bei allen Öko-Themen, Vorfahrt für Verschmutzer, Zerstörung der Umweltbehörde EPA. Und dazu Lügen, Drohungen, Einschüchterungen, Rassismus.
Jetzt ein Gedankenexperiment: Schließen Sie die Augen, legen Sie die CD mit dem Gesang der Buckelwale ein. Und stellen Sie sich vor: Ein US-Präsident tut all das, was Trump gerade tut – aber er tut es, um die Welt zu retten. Wie fänden wir das?
Abscheulich. Oder? Stellen Sie sich vor, ein US-Präsident George Green räumte auf mit dem Einfluss von Big Business: Schluss mit den Subventionen für die Ölindustrie, auch wenn sie geltendes Recht sind. Er legt Kohlegruben still, obwohl noch Verträge laufen. Verbietet Autofahrten unter 7 Meilen. Erlaubt nur noch veganes Barbecue.
Welche Rüpeleien wären für die gute Sache akzeptabel?
President Green ist nicht zimperlich. Oh nein. Er belegt US-Flüge mit einer Klimasteuer von 2.000 Dollar. Nur noch Reiche kommen ins Land. Er hält per „Carbon Ban“ alle fern, die mehr als 5 Tonnen CO2 im Jahr produzieren. Er giftet gegen „sogenannte Richter“, die ihm das untersagen wollen. Beim Treffen der Opec rempelt er den kuwaitischen Ölminister aus dem Weg. Beim G20-Treffen nennt er den saudischen König den „Pipeline-Prinzen“, der sich mit seiner Pipeline nie messen könne. Beim Nato-Treffen poltert der US-Präsident gegen Deutschland, weil es schon wieder nicht sein Versprechen hält, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Entwicklungshilfe zu stecken: „Ihr zieht uns über den Tisch!“
Green käme mit der Öko-Abrissbirne: Die WTO? Gehört zerschlagen, weil sie Umweltbelange bremst. Per Twitter mokiert er sich über Angela Merkels gebrochenes Klima-Versprechen. Er nennt die brasilianische Rindermafia „bad hombres“. Er belegt alle Importe mit hohen Strafzöllen, die mit hohem CO2-Ausstoß im Ausland entstanden sind, er beginnt einen Öko-Handelskrieg. Sein Botschafter in Deutschland bestellt Daimler und BMW zu sich und richtet aus: In zehn Jahren nur noch Autos ohne Verbrennungsmotor in die USA!
Für President Green gäbe es nur saubere Ökos oder böse Ökoschweine. Es gäbe nur Länder, die es verstanden haben, oder hoffnungslose Altlasten voller Kohle, Diesel und Fleisch.
Dann käme er zu einem Besuch nach Berlin. Und es gäbe eine Demo für Green und eine gegen Green. Mal ganz ehrlich, liebe taz-Leser*in: Auf welcher Demo würde ich Sie treffen? Welches Schild würden Sie halten?
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