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Kolumne Wir retten die WeltDer Kapitalismus siegt – hoffentlich

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Das System bringt uns alle um, logisch. Das merkt man beim Klimagipfel. Aber was, wenn die Konzerne aus den falschen Gründen das Richtige tun?

Selbst sie akzeptieren, dass der Klimawandel irgendwie ein Problem ist Foto: reuters

S aturday Night Life in der Gesamtschule Bonn-Beuel. Es tagt der antikapitalistische „People’s Climate Summit“. In der Vorhalle stehen Äpfel und Spendenboxen, man trägt Hoodies mit dem Aufdruck „System Change not Climate Change“. Ein britischer Gewerkschafter sagt unter Applaus: „Um den Planeten zu retten, müssen wir das Energiesystem übernehmen.“

Deshalb ziehen am nächsten Tag auch von hier viele junge Menschen los, um die Braunkohleförderung vor der Haustür zu blockieren. Denn da baggert der Energiekonzern RWE ein großes Loch ins Weltklima. Der Kapitalismus bringt uns alle um.

Hm. Ich grabe im Tagebau meiner Erinnerung. Etwa 100 Städte und Kommunen halten Aktienanteile an RWE, bis 1998 kontrollierten sie den gesamten Konzern. Da hatten Gewerkschaften und Sozialdemokraten schon mal das Energiesystem übernommen. Von den einstmals vier großen deutschen Energiekonzernen gehörten drei ganz oder teilweise der öffentlichen Hand.

Kapitalismus hinterlässt Trümmer, Sozialismus auch

Dazu kommen 1.000 Stadtwerke. Hat uns das vor Klimakollaps und Massenentlassungen bewahrt? Der Sozialismus hinterließ nach meiner Erinnerung eher glühende als blühende Landschaften.

Auf der anderen Rheinseite das Kontrastprogramm: UN-Klimakonferenz. Hier streichen die Lobbyisten der transnationalen Konzerne gerade den Kapitalismus grün an. Sie suchen verzweifelt Rendite, zur Not auch in erneuerbaren Energien. Sie erfinden „Marktmechanismen“, gründen Versicherungen gegen Klimaschäden, wollen dem CO2 ein Preisschild geben und dafür bezahlen, dass der Regenwald stehen bleibt.

Viele, die sonst mit Hingabe den Planeten ruinieren, sind dabei. CIA und Pentagon warnen laut vor dem Klimawandel. Ölfirmen wie Shell und Total preisen das Pariser Abkommen. Aldi Süd und 50 andere deutsche Unternehmen fordern einen Kohleausstieg. Republikanische Falken und Öl-Milliardäre wollen einen CO2-Preis. Datenkraken wie Google und Apple, Landwirtschaftskiller wie Nestlé, Chemiebuden wie Dow Chemical und Straßenpanzer-Bauer wie Ford wollen weiter Klimaschutz machen. Sechs Billionen US-Dollar an Vermögen plädieren für mehr Grün. Und, Wahnsinn: Die größte Klimahoffnung der Welt ist Rex Tillerson. Der Exchef des Ölmultis ExxonMobil. Der einzige, der den Tanz ums grüne Kalb nicht mitmacht, ist Donald Trump. Bad deal. So sad.

Zu Weihnachten habe ich noch einen Wunsch frei. Es wäre doch schön, wenn nur dieses verdammte eine Mal wirklich der Kapitalismus die Welt regieren könnte.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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18 Kommentare

 / 
  • Grundlegende Fakten:

     

    Lebenserwartung in Deutschland im Durchschnitt:

    80 Jahre (heute, also im Kapitalismus)

    38 Jahre (um 1800, also im Feudalismus).

    Bevölkerungszahl: 80 Mio., damals ca. 14 Mio. Hungersnöte gibt es heute keine.

    In welcher Zeit möchte man lieber leben?

    ...

  • Tja - das zerschlissene Mäntelchen der Erinnerung & hier zudem was kurz geraten - kerr!

     

    Über das hier schon Angemerkte hinaus sei ergänzt -

    Diese RWEs ……et al.

    Haben - in den 70ern zu recht heftig diskutiert - u.a. ihre rechtlichen&tatsächlichen Wurzeln

    Im Gigantismus des 12tausendjährigen.

    &

    Daß mit den Lebenslügen Sozialpartnerschaft usw usf genau solche Denke&Taten unter Korrumpierung des Rests Fort&Eingeschrieben worden ist -

    That's fact.

    & das genau ~>

    Befeuert doch - beschleunigt post

    Wende - eben die gesellschaftliche

    Spaltung - & die globale Zerstörung!

    &

    Mit Verlaub - Ihre vernebelte Denke.

    Sodrum wird ein Schuh draus.

    &

    kurz - einfach mal nen Schritt von der angstgeborenen Wand der Hybris&Begierde zurücktreten -

    &

    Bitte. Das Hirn wieder einschalten.

    Besser ist das. Dank im Voraus

    & - nochens - ;)

    Gute Besserung.

    Newahr.

  • Ist ja - mit dem satirischen Anflug - ganz in Ordnung, @Bernhard Pötter. Aber

     

    "Kapitalismus hinterlässt Trümmer, Sozialismus auch"

     

    ist zwar objektiv auch richtig, aber Ihrer trotzdem unwürdig, denn dieser exklusive Antagonismus, es gebe alternativ zum Kapitalismus nur die krachend gescheiterte (pseudo-)sozialistische Planwirtschaft, wird üblicherweise nur von strunzdämlichen rechten Marktideologen als Argumentersatz verwendet.

    • @Bitbändiger:

      Im Ohr hallt noch der alte Schlachtruf "Freiheit oder Sozialismus" nach....

      • @Da Hias:

        Klar - & gleich nach -

         

        "Alle Wege führen nach Moskau!"

        &

        "Wer war Herbert Frahm?"

        &

        Willy aufm lübschen Marktplatz -

        Auf der Rednertribüne!

         

        Aber unsere grünschwatzgelblichen -

        Jungspunde - PöPu usw usf - de tazis -

        Himmeln notgeil - Wirtschafts -

        Führer an! Ziemlich braun - odr!

        kurz - Wer wirft Hirn vom Himmel?!

  • Das ist Satire, oder?

  • Eine schönes Blitzlicht auf unser eingefahrenes Gut-Böse-Denken. Würde die taz nur bei anderen Themen und anderen Akteuren dies ebenfalls wagen.

    Allerdings ist auch bei diesen - häufig positiven - Entwicklungen Vorsicht geboten. Ein nettes Ettikett macht noch keine gute Tat. Dahinter stehen häufig - genauso wie bislang auch - Korruption, Monopolisierung und Greenwashing. Die Kommerzialisierung der Projekte zur Umsetzung der 17 UN-SDGs ist ein Versuch, bei diesen Projekten groß Kasse zu machen. Vielleicht ist es positiver, mit Nahrung oder Aufforstung zu spekulieren - als mit Waffen und Rohstoffausbeutung. Gut wird es aber erst, wenn auch das Ergebnis stimmt.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Bald ist es wieder soweit. Die Geburt des Heilands wird gefeiert und jeder gute kapitalismusgläublige Christ hat einen Wunsch frei an die gute Fee mit dem dicken Bauch und dem weißen Bart. Normalerweise sind das ja immer drei Wünsche, aber die anderen beiden gingen wohl schon für einen Einkaufsgutschein bei Primark und einen klimaneutralen Shoppingtrip nach New York drauf.

    Ausbeutung nachhaltig gestalten - der Traum des grün angemalten Sklavenhalters.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      Kapitalismus - Sozialismus -Dualismus einfach gemacht.

      Wie schön muss es sein, wenn die Verhältnisse stimmen und alles an seinem Platz ist, wo es hingehört.

      Feindbilder einfach gemacht, Enteignung legalisiert. Als gäbe es nur zwei Auffassungen von Wirtschaft auf der Welt. Auch wenn es nicht ins vereinfachende Weltbild des Verfassers passt, bleibe ich beim Syndikalismus und dafür setze ich auch gleich drei Wünsche ein, auch wenn das Wünschen ganz und gar nichts helfen wird. Wir sind ja schließlich nicht bei Wünsch Dir Was.

       

      Es wird keine Gründe geben - ob sogenannte falsche oder richtige - weswegen Wohlhabende, Reiche und Superreiche ihre Privilegien aufgeben sollten, den Planeten kaputtzumachen, soviel sie wollen und die Lasten dafür armen Menschen aufzubürden.

       

      Reichtum ist statistisch gesehen der bei weitem größte Motor zur Umweltverschmutzung und Ressourcenvergeudung. Reiche haben den größten ökologischen Fußabdruck. Reiche zerstören unser aller Lebensgrundlage exponentiell umso mehr, umso reicher sie sind. Reichtum schafft Zerstörung und Ausbeutung. Kapitalismus schafft Zerstörung und Ausbeutung.

       

      Selbst wenn das mit der Umweltzerstörung wider aller kapitalismuseigenen destruktiven Tendenzen bis zum Ende des Jahrhunderts einigermaßen glimpflich gouvernemental gemanagt wird, gehört danach die Welt zum allergrößten Teil einem winzigen Prozentsatz von Reichen, Superreichen und ein paar Bankiersfamilien, gegen deren Reichtum Bill Gates wie ein Kleinkrimineller wirkt.

       

      Wenn solche Dystopien in der taz herbeigewünscht werden, bleibt mir nur zu schreiben: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Es könnte Realität werden.

  • Das ist einer der Artikel, die die TAZ so lesenswert machen! Völlig unabhängig von Interessen und der Wirtschaft die Fakten gesammelt, logisch überdacht und daraus Schlüsse gezogen! Was sollen wir denn mit allem Reichtum, wenn wir mit einem mehr und mehr unbewohnbaren Planeten konfrontiert werden. Die ersten solchen Stellungnahmen las ich am Ende der 70-er des letzten Jahrhunderts. Schon damals gab es Leute, die das jetzige Szenario exakt vorhersagten. Wie hatte doch die Merkel bei ihrem Grönlandbesuch einst (wirklichen) Umweltschutz versprochen. Aber schon kurz darauf vertrat sie wieder nur die Interessen der großen Konzerne - ihrer Klientel! Mein kleiner Sohn hat entsprechend seinem Alter auch noch nicht die Fähigkeit mittel- oder gar langfristig zu denken. Werden wir nur von Kindsköpfen regiert, die auch noch nicht gelernt haben, für die Zukunft zu planen? Nochmal der Fakt: Was sollen wir mit unserem Reichtum, wenn wir unsere Lebensgrundlage verlieren? Es wird auch Leute wie die Führung der Braunkohleindustrie, einen Trump, eine Merkel und uns alle treffen, nur ein entsprechendes Alter wird manche gnädigerweise zuvor sterben lassen.

    • @fvaderno:

      Nu. Weisheit der Creek - longversion.

       

      Es gibt aber noch ein Leben vor dem Tod - gell.

      &

      Das sollten wir nicht allein den Leuten

      Auf den besseren Plätzen überlassen.

      Gar auf deren Einsicht hoffen - oder

      Gar drauf wetten - wie's hier so pöttert.

      Naja - Gesamtschule Bonn-Beuel -

      Gleich neben der Schranke - hm!;)

  • Genialer Artikel. Bleibt nur die Frage, aus welchen Gründen sie, die großen Konzerne, das scheinbar Richtige tun. Ich finde die Absicht wichtiger, als die Wirkung.

  • Kapitalismus ist tatsächlich die große Hoffnung, auf welche die Welt (die global organisierte Zivilisation, das weltweite Wirtschaftsversagen, der klimabedingt umweltgerechte Fortschrittsgeist, die Vernunftpolitik in Eigenverantwortung und Plagiatsnachweis) setzt. Donald Trump ist nicht der bad boy, sondern der führende Vertreter einer neuen Bewegung, die im Verbrauch der letzten vernünftigen Möglichkeiten ein kommendes Steuerparadies wittert. Paradise Papers, die Bibel der Vernunftökonomie kann munter fortgeschrieben werden.

  • Tja, das kann schon zu Depressionen führen, wenn „das System / „der Kapitalismus“ nicht das tut, was man aus ideologischen Gründen erwarten darf, nämlich uns alle umzubringen. Mehr noch. Bernhard Pötter hat lieber gar nicht erst erwähnt, dass es Kapitalisten sind, die mit Windrädern und Solarzellen Profit machen, weil es sonst grüne Träume blieben. Aber deswegen gleich die Ideologie auf den heutigen Stand bringen? Bloß nicht!

     

    Ich sage ja nicht, dass es keinen Grund zur Kapitalismus-Kritik gäbe. Aber dessen Abschaffung zu fordern, solange nichts Besseres in der Schublade bereit liegt? Sozialismus/Kommunismus kann jedenfalls nicht die Lösung sein. Ehemalige DDR-Bürger erinnern sich nur zu gut an die Umweltzerstörung in der DDR. Genannt seien nur die Stichworte Braukohlentagebau, die Giftbrühe namens Elbe und die Chemiestandorte Buna und Leuna. Bitte nicht noch mal!

  • Hm. Ich schätze, je schneller den Verantwortlichen klar wird, dass der Klimawandel keine Ideologie ist, sondern eine Tatsache, und der "Untergang" diesmal mehr als nur ein metaphorisches Bild des finanziellen Ruins (ein ganz konkreter, realer Exitus nämlich), um so schneller wird der fromme Weihnachtswunsch Bernhard Pötters wahr werden. Totes Kapital toter Kapitalisten wirft nämlich keinen Profit ab. Nie wieder. Frühere Siege nützen überhaupt nichts, wenn die Welt erst einmal untergeht. So wenig, wie soziale Siege den Sozialisten genützt haben, als die Umweltbewegung erst in die Kirchen und dann auch auf die Straßen gezogen ist.

     

    Leider fürchte ich, dass sie auch diesmal wieder den Point-of-no-Return verpassen, die Ratten, die wie wild im Kreis rum rennen. Bevor sie nicht mehr können, werden sie nicht aufhören zu wollen. In dem Moment aber, in dem sie gestoppt werden und endlich Zeit haben zu begreifen, welche Entscheidung die richtige gewesen wäre, wird es wieder zu spät sein. Den Augenblick, in dem das passiert, kann ich sehr gut abwarten.

     

    Der ultimative Aha-Effekt sollte möglichst nicht vor Weihnachten kommen, finde ich. Nicht vor diesem Weihnachten, nicht vorm nächsten und auch sonst vor keinem. Vielleicht ist es also doch sicherer, wir verlassen uns nicht aufs Hoffen und Wünschen. Wir sind ja schließlich keine kleinen Kinder mehr. Wir brauchen eigentlich kein Christkind, keinen Weihnachtsmann, das/der uns unsere Träume wahr macht. Und bis der letzte Trottel wach ist, brauchen wir auch nicht zu warten. Fangen wir doch einfach schon mal an und verlassen uns drauf, dass Kapitalisten wie Sozialisten vor allem eins sind: Menschen, die nicht gerne ganz alleine sind. Und tot schon gar nicht.

  • Mit der Einführung des Geldes durch die Phönizier hat der Kapitalismus bereits seit langer Zeit gesiegt...

  • //Datenkraken wie Google und Apple, Landwirtschaftskiller wie Nestlé, Chemiebuden wie Dow Chemical und Straßenpanzer-Bauer wie Ford wollen weiter Klimaschutz machen. Sechs Billionen US-Dollar an Vermögen plädieren für mehr Grün.//

     

    Wollen und plädieren reicht nicht. Es - von anderen - "fordern" reicht nicht. PR reicht nicht. Man mag sich zu Weihnachten damit abfinden, dass ein Wollen vielleicht da ist. Aber letztlich müssen wir wachsen, konsumieren, wegwerfen, neu kaufen. Sonst schwimmen Aldi, Ford und Nestle nicht mehr mit auf der Welle.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Der Kapitalismus arbeitet mit Angebot und Nachfrage, wollen die Verbraucher nachhaltige Produkte steigt deren Angebot und das Angebot an nicht-nachhaltigen geht zurück.

    Es ist einfach auf die großen Konzerne zu schimpfen, am Ende entscheidet der Verbraucher, anstatt gegen Kohlegruben zu demonstrieren wäre es sinnvoller in der Nachbarschaft zu demonstrieren: Nachbar Heizung aus Pulli an.