Kolumne Press-Schlag: Gelaber, Gedöns und Fußball
Zum Start der 51. Saison der Fußballbundesliga gibt noch Hoffnung: Der FC Bayern und Hertha BSC können auch anders. Versprochen!
V iele Fußballbegeisterte können schon seit Tagen nicht mehr richtig schlafen – nun hat das Warten endlich ein Ende: Die Bundesliga geht in ihre 51. Saison. Was erwartet uns? Und worauf können wir hoffen? Eine sehr subjektive Betrachtung.
Was uns erwartet: Die wohl stärksten, attraktivsten und taktisch ausgereiftesten Super-Rekord-Bayern aller Zeiten. Die Münchner haben den höchsten Lizenzspieleretat aller deutschen Klubs seit es Fußball gibt, einen noch besseren Super-Mario (Götze), den Super-Sepp (Guardiola) aus dem Land des Welt- und Europameisters und viele weitere Super-Könner.
Die Hoffnung: Die Münchner laufen so heiß, dass sich der Klebstoff, mit dem das Fachmagazin Kicker die Bayern in dieser Saison auf dem ersten Platz seiner legendären Stecktabelle verankert hat, doch noch löst. Die Super-Bayern können in der Krise zwar nochmals um drei Meter wachsen und holen erneut die Champions League, verpassen aber Meisterschaft und Pokal.
Was uns erwartet: Der Andrang auf die Europapokalplätze ist in dieser Saison besonders groß. Überraschungsmannschaften aus der letzten Spielzeit hätten sicher nichts dagegen, dieses Kunststück zu wiederholen. Am besten lässt sich der Run auf Europa aber an Klubs wie dem notorisch zerstrittenen HSV (Ziel: Europa) oder den in der letzten Saison nicht gerade durch attraktiven Fußball aufgefallenen Stuttgartern (Ziel: Platz fünf) belegen. Und Wolfsburg will bestimmt wieder in die Champions League.
Die Hoffnung: Trostpreise für schlecht gemanagte Teams gibt es nicht. Dennoch sollten die Europacupteilnehmer erfolgreich abschneiden, um im Ländervergleich die sieben Tickets nach Europa zu halten.
Was uns erwartet: Berlin ist nun auch wieder mit einem Klub in der Eliteliga vertreten. Die höchste Spielklasse ohne einen Verein aus der Hauptstadt – das war gefühlt einmalig in der Welt. In anderen Länder kennt man so etwas nicht: In England spielen sechs Londoner Vereine in der Premier League, in Spaniens Primera División sind es immerhin drei aus Madrid. Und in Portugal wurden 51 der insgesamt 79 Meistertitel von Klubs aus der Hauptstadt Lissabon gewonnen.
Die Hoffnung: Von Titeln kann die Hertha nur träumen. Hauptsache nicht gleich schon wieder absteigen. Den Niederlagenerklärer Michael Preetz will sowieso niemand mehr hören. Zur Not muss dann eben Eisern Union aufsteigen.
Was uns erwartet: Viele offene Fragen: Drohen uns „spanische Verhältnisse“? Wird Braunschweig das neue Fürth? Kann Christian Streich Freiburg vor dem Absturz bewahren? Und was wird eigentlich aus Werder Bremen?
Die Hoffnung: Die Fragen bleiben möglichst lange offen. Denn das Schönste am Fußball ist, dass außer Robert Hoyzer und seinen Spießgesellen niemand weiß, wie das Spiel ausgeht.
Was uns erwartet: Die Bundesliga ist gerade ein halbes Jahrhundert alt geworden – und kann trotz ihres Alters nicht gerade über mangelnde Aufmerksamkeit klagen. In der ersten Bundesligasaison 1963 kamen im Schnitt 27.000 Zuschauer zu einem Spiel, noch zur Jahrtausendwende waren es 30.000 – in der letzten Saison dann über 42.000. Dazu unzählige TV-Übertragungen mit Rekordeinnahmen und ein unbändiger Medienhype. DFL-Direktor Seibert meint, es hätten sich „noch nie mehr Menschen national wie international für die Bundesliga interessiert“.
Die Hoffnung: Gespielt wird trotz allem (Gelaber, Gedöns, Geld) immer noch Fußball. Entscheidend ist auf dem Platz: 22 Spieler wollen das Runde ins Eckige befördern. Egal wie. Fast. Fußball bleibt Fußball: die schönste NEBENsache der Welt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“