piwik no script img

Kolumne MachtKann er's überhaupt?

Bettina Gaus
Kolumne
von Bettina Gaus

Annegret Kramp-Karrenbauer gilt als zu merkelig, Jens Spahn als zu vorlaut. Für Friedrich Merz läuft es gut. Es spricht viel für ihn! Oder nicht?

Kann Friedrich Merz Machtpolitik? Foto: dpa

W enn Jens Spahn beweist, dass er nicht nur vorlaut ist, sondern auch intelligent, dann hat er vielleicht eine große politische Karriere vor sich. Dafür müsste er allerdings seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz so schnell zurückziehen, dass sich jetzt im Gedächtnis der Öffentlichkeit nicht das Bild eines Losers festsetzt. In dieser Runde schafft er’s ohnehin nicht.

Der Gesundheitsminister gilt als zu jung, zu unerfahren. Er hat noch viel Zeit. Annegret Kramp-Karrenbauer? Irgendwie merkelig, irgendwie blass. Das jedenfalls glaubt Umfragen zufolge eine Mehrheit der Bevölkerung und – viel wichtiger – die Mehrheit der Unionsanhänger.

Die beiden mögen diese Urteile als ungerecht empfinden. Aber es hat wenig Zweck, im Hinblick auf die eigene Person gegen die öffentliche Meinung zu argumentieren. Sie können sich ja darüber mal mit Friedrich Merz unterhalten. Der hat zum Thema einiges zu sagen.

Die öffentliche Meinung kann jedoch auch gnädig sein, sogar unangemessen gnädig. Gegenwärtig läuft es gut für Friedrich Merz. Es spricht ja so viel für ihn! Oder etwa nicht?

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Er hat bewiesen, dass er nicht an einem politischen Posten klebte, sondern nach seinem Abschied aus dem Bundestag achselzuckend ein neues, erfolgreiches Kapitel in seinem Lebenslauf aufzuschlagen imstande war. Er ist die große Hoffnung der sozialdemokratischen Opposition – ach nein, sorry, der Koalitionspartnerin. Die hofft, an ihm ihr Profil schärfen zu können. Er gilt als wirtschaftsliberal, als wertkonservativ, was immer das heißen mag, als gradlinig. Inzwischen glauben das selbst Leute, die vor einer Woche noch nie von Merz gehört hatten. Segnungen des Herdentriebs.

Eine Frage wurde allerdings bisher nicht gestellt: Kann er's eigentlich? Wenig spricht dafür.

Merz mag siegen, aber wäre er imstande seinen Sieg in konkrete Politik zu verwandeln? Den Nachweis muss er erst erbringen. Ach, das selektive Gedächtnis der Öffentlichkeit. Sie erinnert sich derzeit an einen Mann der klaren Worte und der klaren Werte. Woran sie sich nicht erinnert: Warum er seinen Abschied nehmen musste.

Die gute alte Zeit

Friedrich Merz hat 2002 den Machtkampf gegen Angela Merkel verloren, obwohl er als Fraktionsvorsitzender der Union die weitaus besseren Voraussetzungen für einen Sieg hatte als eine CDU-Parteivorsitzende ohne Hausmacht. Weil sie etwas von Machtpolitik verstand und er nicht. So einfach war das.

Die Welle der Sympathie, von der Merz gegenwärtig getragen wird, hat nicht nur, vielleicht nicht einmal vorwiegend, mit ihm selbst zu tun. Sondern mit dem Wunsch nach eindeutig definierten politischen Programmen und Unterschieden. Also nach der guten alten Zeit, in der rechts noch rechts und links noch links war.

Die Vergangenheit kommt aber nicht zurück. Merz hin, Kramp-Karrenbauer her. Bonn ist Geschichte. Vielleicht ist Armin Laschet der Mann der Zukunft: Falls Merz einen dramatischen Fehler begeht, dann muss sich der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen nicht einmal um die Macht bemühen. Sie fällt ihm einfach in den Schoß. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Wie auch immer der Machtkampf in der Union ausgeht: Einige Tage lang dürfen alle alles sagen und werden gedruckt. Eine Pointe hat uns das beschert: Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück behauptet nun, seine Partei bräuchte einen Politiker wie den linken US-Senator Bernie Sanders an der Spitze. Ausgerechnet Steinbrück. Das Trauma der SPD scheint so tief zu sein, dass nicht einmal Friedrich Merz es heilen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • eine linke oder auch nur linksliberale mehrheit ist im reaktionär-konservativen deutschland der globalisierungsgewinner nicht in sicht.das gleiche böse spiel dass schon seit jahrzehnten gespielt wird und in dem es wesentlich darum und nur darum geht die ganze gesellschaft immer totaler und konsequenter der herrschaft des marktes zu unterwerfen wird vermutlich bis zum ende der brd das irgendwann kommen wird gespielt werden.die cdu ist die partei die für eben dieses programm steht .und wer cdu kanzlerkandidat wird-der wird darum mit hoher fast an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit auch kanzler.-auch wenn er friedrich merz heisst.



    wirtschaftspolitisch betrachtet stehen alle möglichen kanzlerkandidaten der cdu für das gleiche.



    trotzdem wäre es gut wenn friedrich merz nicht cdu-kanzlerkandidat und also auch nicht bundeskanzler würde,weil er aufgrund seiner mitgliedschaft in der atlantik-brücke eine besondere gefahr für den frieden darstellt.

  • "Wir brauchen Aufbruch, keinen Umsturz". War das der Grund, warum Friedrich Merz 2018 "Wolf im Schafspelz" den von der Ludwig-Erhard-Stiftung verliehenen Ludwig-Erhard-Preis ablehnt ?, indem er kriechkritisch die rechtspopulistische publizistischen Tätigkeiten des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Roland Tichy anporangert?, einmal mehr in einem einstigen Partefreund aus dunklem Zweck einen Gegner entdeckt haben will?

    2004 ruft Friedrich Merz marktradikal "Weg mit Kündigungsschutz erst älterer dann aller Arbeitnehmer damit die tragende #Säule betrieblicher Mitbestimmung geschliffen wird.", ohne dieses expressis verbis so wahrhaftig benennen zu wollen. Dies sei nötig, meint Merz frech, wider besseres WISO Wissen, um Wirtschaftswachstum Beschäftigung zu sichern

  • Wenn Bettina Gaus schreibt, Merz habe bewiesen, dass er nicht an Posten klebt, lann ich nur hell auflachen, denn Merz klebt an Moneten seiner MdB Nebentätigkeiten. Weshalb er 2006 offenbart, wie esehr es ihm irrlichternd an Trennungsschärfe dessen mangelt, was unser Grundgesetz (GG) Gewaltenteilung nennt, wenn er 2006 das Bundesverfassungsgericht gegen Bundestag Transparenz Beschluss hinsichtlich MdB Nebentätigkeiten zu seinen Gunsten aufzubringen sucht, als Jurist mit seinem Verweis GG Artikel 38 (MdBs sind Niemandem außer ihrem Gerwissen verpflichtet), Sanktionen des Bundestagspräsidenten seien verfassungswidrig" in der Sache blamabel scheitert, um sich dann, dem Lauf des Geldes folgend, aus der Politik Richtung Schattenbank Blackrock, HSBC Trinkhaus Aufsichtsrat Aufsichtsrat zurückzuziehen.



    2010 ist Friedrich Merz orminenter Unterzeichner Energiepolitischer Lobbyinitiative deutschen Atomausstieg 2002 zu revidieren Was ihm und 40 anderen prominenten dann durch Koalition aus UNION und FDP gelingt. Was am Ende wiederum nach dreifachen GAU #Fukushima AKW #Komplex 12. März 2011 Makulatur ist



    Nachdem Steuerfahndung Wuppertal (NRW) 2015 CD kauft, auf der sich Infos gar über kriminelle Aktiengeschäft, Betrug mit CumEx , CumCum Handel befinden. darunter HSBC Trinkhaus investmentbanl in deren Aufsichtsrat Friedrich Merz ist, wird auch auch gegen diese Bank ermittelt.



    Das ficht Merz nicht an. Weshalb er bei seiner Bewerbung 31.10.2018 um CDU Vorsitz nichts außer die Belebung deutscher Aktienhalterkultur durch staatliche Anreize in einem Umfeld gefährlich aufgeblasener Aktienkurse verspricht.



    Friedrich Merz gilt Hartz4 Reformen als Erfolgsmodell gegenüber vorherigem Zustand "Trennung von Sozial-, Arbeitslosenhilfe", weil nun sachgrundlos staatlichen, privaten Arbeitgebern Tor zur Lohnsubvention u.a. über Restvermögen der Arbeitnehmer, Rentner geöffnet ist. Merz ist 2015 für Regelsatz Senkungen, s. Studie TU Chemnitz, die Existenzsicherung Satz von 132 bis 278 € errechnet.

  • Eine Person egal welcher Couleur mit den Fingern in der mächtigsten und manipulativsten Lobbyorganisation Deutschlands und engsten Kontakten zu den mächtigsten Unternehmen der Welt dürfte sich meines Erachtens garnicht um politische Macht bewerben dürfen. Das ist doch unanständig. Warum gibt es in dieser Richtung nicht dieselben Wartezeiten wie umgekehrt, also zwischen politischer Karriere und Funktionen in der Wirtschaft? Würde vermutlich genausowenig bringen. Dann kommt dieser unbändige beißerische Ehrgeiz hinzu, gepaart mit der Gabe, sich bescheiden und gemäßigt zu geben. Ein Mensch, der in der heutigen Zeit noch an das naive Ideal des grenzenlosen Wachstums glaubt, während die Begrenztheit unserer Welt immer realer wird; jemand der es für zeitgemäß hält, Wirtschaftsmacht als das Gebot der Stunde zu sehen ...

  • "Kann er's eigentlich? "

    Na klar kann er!



    Die Frage ist nur ·w a s· kann er?

    - Den Reichen zu mehr Geld aus dem Steuersäckel verhelfen? Check!

    - Steuern der Kleinen erhöhen, die der Großen senken? Check!

    - Frauen zurück an den Herd? Check!

    - Überwachungsstaat? Check!

    - Sozialausgaben senken? Check!

    - Steuerschlupflöcher erweitern statt zu schließen? Check!

    - Machtfülle des Staates und des Geheimdienstes ausbauen? Check!

    - usw.

    Das ist ein großer Strauß an Fähigkeiten, die natürlich das Wohl der Bevölkerung im Auge haben – der 2 % der reichen Bevölkerung. Gewählt wird immer der, der die Kleinen am besten verarscht – später, wenn er Kanzler werden will …

    Und er wird von den Mainstream-Medien "groß" geschrieben.

    Wie das mit Tuchos langen Schatten bei kulturell tief stehender Sonne?

    ^^An dem Mann darf kein gutes Haar bleiben. An Spahn auch nicht – hat selbst noch nie gearbeitet – d e r wird sich erstmal auskennen!^^

    Es wird genau so weitergehen wie bisher, denn jede Änderung würde zeigen, dass alle Herrschenden und Politiker nackt dastehen.



    Das würde große Teile der Bevölkerung verunsichern – ganz ohne Ironie – de Maizière betreffend.

  • Kann sein, dass ich F. Merz Unrecht tue, aber falls er CDU-Bundesvorsitzender, oder, (für mich) noch schlimmer, Bundeskanzler wird, dann sind die "Reichenrepublik" und "amerikanische Verhältnisse" in den meisten Köpfen wohl fertigzementiert, womöglich gar gegen die Realität.

  • Merz genießt in der Union immer noch den Ruf des kompetenten Sachpolitikers - der Mann mit den Ideen, die sich nur niemand, insbesondere "leider" auch die Wählerschaft, umzusetzen getraut hat. Daher der Zuspruch: Vielleicht klappt es ja jetzt.

    Und es ist nicht so, als hätte die Union unter Merkel immer schon anders getickt als er: Erst mit dem Fast-Wahlverlust 2005 starb die Kirchhof-Steuerreform, die letzlich eine noch stringentere Weiterentwicklung seines Bierdeckel-Konzeptes war. ER hätte es natürlich durchgefochten gegen die SPD - denken seine Bewunderer.

  • Dieser Artikel sagt nicht zu Merz Verflechtung mit NATO und Finanzelite. Mehr auf nachdenkseiten ...

  • "Merz mag siegen, aber wäre er imstande seinen Sieg in konkrete Politik zu verwandeln?"

    Leider wäre er es.

    Man sollte sich erinnern, dass Ronald Reagan nur wenige Stunden am Tag arbeiten konnte, Thatcher schlug täglich mit Teachers Whisky zu und war auch nicht von schlechten Eltern - Politiker können ganz schön am Rande sein, sie sind dennoch wirksam. Oder Adolf H. er schlief bis Mittags, aß bergeweise Schokolade und war dennoch mehr als wirksam.

    Ich will Merz natürlich nicht mit Hitler vergleichen, aber so verrückt er meiner Meinung nach ist, er würde knallhart sein Programm umsetzen und er würde im Anschlus an eine Kanzlerschaft wahrscheinlich Milliardär werden. Geld und Politik passt schlecht zusammen, aber nicht für Merz, für den läuft genau das.

    Und konservativ? Fragt sich, was jemand darunter versteht.

  • "Er hat bewiesen, dass er nicht an einem politischen Posten klebte, sondern nach seinem Abschied aus dem Bundestag achselzuckend ein neues, erfolgreiches Kapitel in seinem Lebenslauf aufzuschlagen imstande war."

    So kann mensch es auch umschreiben daß der seine Berufspolitiker-Zeit dazu genutzt hat, sich in diversen Posten ein lukratives zweites Standbein in der Wirtschaft aufzubauen: de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Merz



    (Mal sehr nett ausgedrückt...)

  • btw - Lasset*¿* Mach Bosse.

    “Vielleicht ist Armin Laschet der Mann der Zukunft: Falls Merz einen dramatischen Fehler begeht, dann muss sich der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen nicht einmal um die Macht bemühen. Sie fällt ihm einfach in den Schoß. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.…“

    Da kann‘mer doch nur schlecht werden. Newahr.



    “Ach, das selektive Gedächtnis der Öffentlichkeit.“



    Eben. Es sei daran erinnert. Die Lusche wurde doch



    intern nur deswegen an die Spitze laviert - doch doch:



    “Lasset? Ja. Lass man. - Lasset kann‘s nich - muß es aber ja auch nicht machen!“

    Ok. Der Supergau ist dennoch eingetreten. (“Gut - daß er weg ist.“ z.B.)



    Muß aber nicht noch vergrößert werden. Wollnichwoll.

    kurz - Lasset. Newahr.



    Normal. Liggers.



    Njorp.