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Kolumne Luft und LiebeEs ist nicht die magische Mumu

Die Frauenquote ist ein schwieriges Thema. Plötzlich sind überall Schuhe. Dabei wär es so schön ohne Quote. Oder gleich ganz ohne Frauen, Mädchen und Migranten.

Frauenquote, Symbolbild. Oder so. Bild: Nerd1 / photocase.de

W as ich von der Quote halte, so als junge Feministin? Furchtbar! Ich finde es asozial und unmodern, wenn Menschen nur nach ihrem Geschlecht beurteilt werden und nicht nach ihrem Können oder wie sie sonst so drauf sind. Ich bin da ganz auf CDU-Linie. Also fast.

Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, hat mir quasi das Wort aus dem Mund genommen. Geschlecht, hat er gesagt, kann „kein Ersatz für Qualifikation sein, das gilt für Männer und Frauen“. Jawoll! Meine Meinung.

Herr Lauk muss aufgeregt gewesen sein, als er das sagte. Er hat nämlich erklärt, dass er deswegen – und jetzt kommt der blöde Verdreher, der ihm rausgerutscht sein muss – gegen die Frauenquote ist, die Ministerin Manuela Schwesig vorgeschlagen hat. Hoppla!

Da ist jetzt etwas durcheinandergekommen. Wer will, dass Menschen im Berufsleben nicht mehr nach ihrem Geschlecht beurteilt werden, muss für eine Frauenquote sein. Und dementsprechend gegen die Männerquote, die leider meistens nicht so genannt wird und sich nur in Umschreibungen findet wie „homosoziale Reproduktion“, auch bekannt als „Yo, der Typ ist wie wir, lass uns den nehmen“.

Frauen, das sind die mit den Schuhen

Einer wie Herr Lauk müsste das wissen. Wo der schon überall saß! Bei der Boston Consulting Group als Vizepräsident, bei Audi, beim Eon-Vorgänger Veba und bei DaimlerChrysler im Vorstand. Wenn man da heute guckt, findet man: in der Boston-Consulting-Führung sieben Männer und zwei Frauen, im Vorstand von Audi sieben Männer, bei Eon sechs Männer, bei Daimler sechs Männer und eine Frau.

Das erklärt vieles. Wer so wenig auf Frauen trifft, vergisst womöglich, dass es die überhaupt gibt. Frauen, das sind die mit den Schuhen. Schuhe mit Absatz, nacktes Bein obendrüber. Müssen Sie mal drauf achten. Jetzt, wo wieder über Quoten berichtet wird, werden die Schuhfotos wieder rausgeholt.

Ich habe einen Tipp gelesen für Männer, die mit Polinnen flirten wollen. Wenn ihnen nichts einfällt, sollen sie sagen: „Fajne buty.“ Tolle Schuhe. Die Nachrichtenagentur dpa macht das genauso. Auf den ersten 80 Fotos zum Thema Frauenquote gibt es 23 Fotos von Schuhen.

Natürlich ist die Frauenquote blöd. Sie ist so ärgerlich wie der Gips, den man tragen muss, wenn man sich den Arm gebrochen hat. Es wär viel mehr Heißa-hopsasa ohne Gips. Aber wenn alles heile ist, kann der Gips weg.

Bis dahin wird viel gemotzt werden. Frauen, wird es heißen, buhu, sie werden bevorzugt, böse Quote. Nein. Sie kriegen nur auch eine Chance. Was glaubt ihr denn, ihr kleinen Skandalgeier? Es ist nicht die magische Mumu, die Frauen Stellen verschafft. Es ist die Qualifikation. Es gibt nur sehr wenige Berufe, in denen eine Vagina reicht, um eine Stelle zu kriegen. Sehr wenige und nicht unbedingt schöne.

Immerhin geben einige offen zu, dass sie eine Welt ohne Frauen besser fänden. Focus Online schrieb am Dienstag: „Pisa-Studie: Mädchen und Migranten verschlechtern deutsches Ergebnis“. Schlimm! Die kleinen Arier hätten allein so gut abgeschnitten. Aber wo es nun mal Frauen, Mädchen und Migranten gibt: Machen wir das Beste draus.

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Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
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2 Kommentare

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  • Stimmt! Man sollte nicht von "Frauenquote" sprechen, sondern vom Abbau der "Männerquote". Männer sind wahrscheinlich nur die besseren Arschkriecher, Intriganten und Wegmobber. Da liegen ja heute die Schlüsselqualifikationen, die Leute in "Führungspositionen" aufweisen müssen. "Führungskräfte" benötigt man ausschließlich in hierarchischen - also latent assozialen Strukturen. Nix, was für Frauen irgendwie attraktiv wäre. Glücklich wird man durch diese Positionen nicht,- nur "reich".

    Die meisten "Führungskräfte" sind von ihrer Anlage her geborene Selbstzerstörer, die aber schon sehr früh gelernt haben ihre Autoaggressionen auf andere umzulenken. Wenn das nicht mehr möglich ist, setzt gewöhnlich die Regression in das ursprüngliche Selbstzerstörungsprogramm ein. Diese Dynamik ist auch ein Grund dafür, dass Hierarchien so stabil und unüberwindbar erscheinen können, obwohl sie vielfach nur überflüssig sind.

  • Mich interessiert die Anzahl von Männern und Frauen in Vorständen u.ä. erst, wenn diese in Relation zur Anzahl männlicher und weiblicher Bewerber gesetzt wird. Die aktuellen absolute Verteilung ohne diese Relation hat für mich null Aussagekraft.