Kolumne German Angst: Sachsen-Anhalt extrem
Gut, dass sich der Verfassungsschutz um die Linken kümmert. So haben die Nazis und Identitären mehr Zeit für Demokratie.
Sachsen-Anhalt hat ein Extremismusproblem. Gut, dass die Demokratie in dem Bundesland so wehrhaft ist. Bei laut Verfassungsschutzbericht 2017 1.461 rechtsextremen (zu 398 linksextremen) Straftaten liegt das Problem auf der Hand: In Sachsen-Anhalt rücken „Linksextremisten“ die AfD „in den Bereich des politisch rechten Parteienspektrums“.
So steht es im Verfassungsschutzbericht. Auf über 130 Seiten kommt die AfD zweimal vor – eine demokratische Partei der Mitte, die von linken Extremisten in die rechte Ecke gerückt wird. Hier von Seite 77/78: „Wesentlicher und fast hauptsächlicher Aktionsschwerpunkt der hiesigen autonomen Szene war der ‚Antifaschismus‘.
Im Mittelpunkt dabei stand die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner. (…) Im Zielspektrum stehen zudem Einrichtungen, Objekte und Symbole der rechtsextremistischen Szene. Auch die Partei ‚Alternative für Deutschland‘ (AfD) wird von Linksextremisten in den Bereich des politisch rechten Parteienspektrums gerückt und zählt somit ebenfalls zum politischen Gegner.“
Bei diesen Zuständen wurde es wirklich Zeit, dass die Enquetekommission „Linksextremismus in Sachsen-Anhalt“ ihre Arbeit aufgenommen hat. Die Leitung wurde einem Linksextremismusexperten mit Praxiserfahrung übertragen: André Poggenburg, bis vor Kurzem Fraktionsvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt und MdL.
Hier ein Auszug aus seiner Bewerbungsrede 2017 vor dem Magdeburger Landtag: „Linksextreme Lumpen sollen und müssen von deutschen Hochschulen verbannt und statt eines Studienplatzes lieber praktischer Arbeit zugeführt werden. (…) Nehmen Sie die linksextreme Bedrohung ernst und beteiligen Sie sich an allen möglichen Maßnahmen, um diese Wucherung am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden.“ Poggenburg schützt die deutsche Demokratie nicht nur gegen linke Lumpen, sondern auch gegen all die anderen – „Kümmeltürken“, „Horden von ausländischen Kulturbereicherern“, „tollwütige Tiere“ etc. Denn: „Deutschland gehört den Deutschen.“
„Extremismus“ an Schulen
Es ist beruhigend, zu wissen, dass der Landtag in Sachsen-Anhalt die „Analyse, Sensibilisierung und Prävention zur Stärkung und Wahrung des Rechtsstaates“, wie es im Untertitel der Linksextremismus-Kommission heißt, ernst nimmt. So können die wenigen linken und antifaschistischen Initiativen, die bisher der Macht der Straße getrotzt hatten, direkt aus Parlament und Behörden in Schach gehalten werden. Wie schön, denn so haben die Neonazis, Identitären, Kameradschaften und anderen außerparlamentarischen Oppositionellen endlich wieder Zeit, aktiv für die Demokratie einzustehen.
Das ist auch bitter nötig. Denn der Extremismus in Sachsen-Anhalt, er reicht bis in die Schulen. Die Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ etwa treibt dort laut AfD die „linke Indoktrination, Meinungs- und Gesinnungsdiktatur“ voran. Darum sollen ihr die Fördergelder gestrichen werden.
Oliver Kirchner, der AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, sagte dem DLF, „dass dieses Netzwerk doch stark genutzt wird, um Stimmungsmache gegen demokratisch gewählte Parteien – in dem Fall gegen unsere Partei“ zu betreiben. Bloß gut, dass nun alle an einem Strang ziehen: der Landtag, die Linksextremismus-Kommission, die Verfassungsschützer, die ins rechte Spektrum gerückten Nazis und die Demokraten der AfD.
„Die AfD verliert in Sachsen-Anhalt dramatisch an Zustimmung“ titelten Zeitungen nach den jüngsten Umfragen. – Ja und? Dafür hat sie ja in den staatlichen Strukturen dramatisch an Einfluss gewonnen.
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