Kolumne Geht's noch?: Rassismus-Spaß im Karnevalskostüm
Beim „Chinesenfasching“ in Bayern malen sich Karnevalisten die Gesichter gelb an. Solche Traditionen sind verletzend.
G anze Orte sind derzeit im Karnevalsrausch. Bis zum Aschermittwoch scheint alles erlaubt, was die Tradition gebietet. Alles? Nein! Immer mehr Menschen mit Diskriminierungserfahrungen leisten Widerstand gegen die Verballhornung von weiblichen Doppelnamen und rassistischen Verkleidungen. Beim sogenannten „Chinesenfasching“ im bayerischen Dietfurt malen sich Weiße Deutsche die Gesichter gelb und setzen Strohhüte à la Reisbauer auf, um sich mit Folklore-Accessoires in asiatische Karikaturen zu verwandeln.
Das stelle Erfahrungen von rassistischer Gewalt auf schmerzhafte Weise zur Schau, kritisieren die vietdeutschen Journalistinnen Minh Thu Tran und Vanessa Vu im Interview mit der Nachrichtenplattform „watson“. „Yellowfacing“, also das Verkleiden als eine stereotype asiatische Person, hat wie das „Blackfacing“ eine lange Tradition – im Brauchtum, aber auch in der professionellen Filmbranche: In Hollywood-Filmen wie „Frühstück bei Tiffanys“ verwandelten sich Weiße Personen in vermeintlich lustige Asiat*innen. Gleichzeitig bleiben asiatischstämmige Schauspieler*innen bei seriösen Rollen außen vor, sagt Malcom Ohanwe, Kulturredakteur bei Puls. Und Zuschauer*innen mit asiatischem Hintergrund sähen sich nicht repräsentiert.
Unterdessen dauern rassistische Traditionen an. Als Legitimation dient oft ein „das war schon immer so“. Und: Man wird ja wohl noch lachen dürfen. In den Niederlanden und Belgien belustigt bis heute der Zwarte Piet („Schwarzer Peter“) als böser Nikolaus-Begleiter die Massen. Und auf dem Twitter-Account ihres vietdeutschen Podcasts „Rice and Shine“ weisen Tran und Vu auf ein Video vom Bayerischen Rundfunk aus dem vergangenen Jahr hin, in dem ein „Yellowfacing“-Look für den Dietfurter Karneval präsentiert wird.
„Anstatt kritischer Berichterstattung liefert der BR eines der peinlichsten Videos anlässlich des ‚Dietfurter Chinesenfaschings‘“, schreiben die Podcasterinnen. Im Video findet es die Moderatorin anscheinend amüsant, in einer grauenhaften Mischung aus urbayerischem Akzent und verwitzelter chinesischer Sprachfärbung zu sprechen. Dann schlägt sie einen Kimono für den „Chinesen-Style“ vor – mehr als nur ignorant.
Um Verletzungen von Menschen mit Migrationshintergrund zu verhindern, den andere vielmehr als Migrations-„Vordergrund“ wahrnehmen, sollten wir vermeintlich lustige Traditionen abschaffen (der „Chinesenfasching“ in Dietfurt besteht seit ungefähr 1950). Denn durch das absichtliche Närrisch-machen von (historisch) außereuropäischer Folklore wird eine Tribalisierung betrieben, mit der sich die weiße Mehrheitsbevölkerung von der Tradition ihrer asiatischstämmigen Mitmenschen abgrenzt. Auch der Kult um Asterix hat ein Geschmäckle bekommen, das in seiner kulturellen Stereotypisierung gefährlich werden kann. Feiern wir stattdessen eine deutsche Realität, die bunt ist wie ein Faschingszug.
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