Kolumne Die Couchreporter: Drogenkartell am Campingplatz
Neues aus Belgien: Mit „Undercover“ liefert das Nachbarland eine packende Krimiserie. Ganz so wie man es bereits gewohnt ist.
D er Campingplatz als Hort des Verbrechens. Eine Vorstellung, die sich spätestens mit dem kürzlich bekannt gewordenen jahrelangem sexuellen Missbrauch von 40 oder mehr Kindern auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde ins Hirn gebrannt hat. Aber ein Wohnmobil hat auch schon bei der Metamorphose Walter „Breaking Bad“ Whites vom braven Chemielehrer zum zunehmend skrupelloseren Drogengangster eine Rolle gespielt – als provisorisches Meth-Labor.
Um Drogen, Metamphetamine, geht es auch in der neuen zehnteiligen belgischen Serie „Undercover“. Von NRW ist es nicht weit bis zur belgischen Provinz Limburg. Über die wird der Zuschauer zu Beginn jeder neuen Folge aufgeklärt: „Was gern unerwähnt bleibt, ist, dass hier fast das gesamte Ecstasy der Welt hergestellt wird. Vergesst die ganzen Äpfel! Vergesst den Genever! Ecstasy ist Limburgs größtes Exportprodukt. Pro Jahr werden von hier mehr als 500 Millionen Pillen verschickt. Mit einem Straßenverkaufswert von zwei Milliarden Euro.“ Und weiter: „Explodierte Drogenlabors. Illegal entsorgter Chemieabfall. Hinrichtungen am helllichten Tag. Limburg ist das Kolumbien des Ecstasy.“
Ein Campingplatz ist auch das Machtzentrum des belgischen Pablo Escobar, der Ferry Bouman heißt und eigentlich Niederländer ist. Bouman hat zwar eine Villa, aber seine Geschäfte steuert er von einem Bungalow auf dem Campingplatz aus, wo sich der prollige Typ mit dem Schmerbauch ohnehin mehr zu Hause fühlt. „Man traut es ihm nicht zu. Unterschätz ihn nicht. Der Typ ist lebensgefährlich“, warnt der Vorgesetzte den Undercover-Cop Bob Lemens (Tom Waes).
„Undercover“, zehn Folgen, ab Mittwoch, 21.45 Uhr, ZDFneo – oder in der ZDFmediathek.
„Ist sie hübsch?“, ist das erste, was dieser über seine neue Partnerin Kim de Rooij wissen will. Ist sie, Darstellerin Anna Drijver war früher Model. Die Chemie zwischen den beiden stimmt trotzdem nicht. Vielleicht weil sie Niederländerin ist, wie Ferry? Als neue Dauercamper sollen die beiden Ferrys Gang unterwandern. Aber Ferry ist vorsichtig.
Belgien, das Herz der Finsternis
Es geht nur zäh voran, das falsche Paar hängt sich in dem engen Campingverschlag arg dicht auf der Pelle – da wird schon mal ein Haarbüschel in der Dusche platziert, nur um den Anderen zu ärgern. Als hätten sie nichts Besseres zu tun! Dass Ferry wirklich lebensgefährlich ist, stellt er gleich in der ersten Folge unter Beweis, als er einen aus seiner eigenen Truppe umlegt. Fast kann man seinen Ärger sogar verstehen – unter den belgischen Kolumbianern befinden sich ein paar ausgemachte Trottel, etwa ein gescheiterter Kickboxer mit Aggressionsstörung.
„Undercover“ kommt nicht von ungefähr. Dass das aus deutscher Perspektive gerne für beschaulich gehaltene Belgien das Herz der Finsternis ist, konnte man schon vor elf Jahren in Bouli Lanners’ „Eldorado“ sehen. Oder in den skurril abgründigen Filmen Alex van Warmerdams … – Nein, halt, der ist ja Niederländer, und dass Niederländer keine Belgier sind, das lernt man als Deutscher in „Undercover“.
Aus Belgien kamen zuletzt schon Krimiserien, die hierzulande das ZDF auf ZDFneo versendet hat, obwohl (oder weil) sie besser waren als das Selbstgemachte. In „Code 37“ und „Coppers“ kämpften taffe, eigenwillige Frauen gegen das Verbrechen. Nun erweist sich Kim de Rooij als würdige Nachfolgerin – obgleich sie Niederländerin ist. „Ich arbeite nicht mehr mit ihr. Man kann ihr nicht trauen“, beschwert Bob sich bei seinem Vorgesetzen über Kim: „Sie macht, was sie will!“ Armer Bob!
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