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Kölner Hotel als FlüchtlingsunterkunftMillionenvertrag mit Lokalpolitikerin

Kaum noch Flüchtlinge, aber viel Geld für deren Unterbringung. Köln streitet über den Vertragsabschluss mit einer Hotelbetreiberin aus den Reihen der CDU.

Das „Hotel zum Bahnhof“: Die Betreiberin hatte die Fassade gerade erst renovieren lassen Foto: dpa

Köln dpa | Im Streit um die Unterbringung Geflüchteter in einem Kölner Hotel einer CDU-Politikerin haben deren Anwälte Vorwürfe zurückgewiesen und vor einer Hetzkampagne gewarnt. „Die Initiative für den Vertragsabschluss ging dabei im Wesentlichen von der Stadt aus“, teilten die Anwälte in einem Schreiben am Montagabend mit.

Ihre Mandantin sei seit 2015 von den Verantwortlichen der Stadt Köln wiederholt darum gebeten worden, ihr Hotel zur Verfügung zu stellen. Dem sei sie zwei Jahre lang nicht nachgekommen, habe das Hotel mit erheblichem finanziellen Aufwand renovieren lassen. „Als dann Anfang des Jahres 2017 die Stadt Köln erneut mit der Anfrage der Unterbringung von Flüchtenden an unsere Mandantin herantrat und ihr seitens der Stadt zur Absicherung ihrer Investitionen ein Vertrag mit einer festen Laufzeit von sieben Jahren angeboten wurde, hat sie im Juni 2017 einen entsprechenden Vertrag mit der Stadt geschlossen.“

Die Hotelbetreiberin sei eine von 25 Beigeordneten im Vorstand des CDU-Kreisverbandes. Sie habe sich im Zuge des an sie herangetragenen Angebots zur Flüchtlings-Unterbringung weder ihre politischen Kontakte zunutze gemacht noch seien die Umstände, die zu dem Vertragsabschluss führten, auch nur ansatzweise rechtlich zu beanstanden. „Da sich unsere Mandantin nichts vorzuwerfen hat, wird sie auch von ihren politischen Ehrenämtern nicht zurücktreten“, betonten die Anwälte. Sie sei nur eine von über 40 Hotelbetreibern, mit denen die Stadt Köln vergleichbare Verträge geschlossen habe.

Der Kölner SPD-Vorsitzende Jochen Ott hatte heftige Kritik geübt. Einen Vertrag – er sprach dabei anders als die Anwälte vom Oktober 2017 – bei schon deutlich gesunkenen Flüchtlingszahlen und noch dazu für einen so langen Zeitraum abzuschließen, sei ein „Skandal“ und „instinktlos“, erklärte er vergangene Woche. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) will alle Vereinbarungen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Hotels auf den Prüfstand stellen.

Unterdessen ist das Hotel der CDU-Politikerin beschmiert worden. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung gegen Unbekannt. Mehrere Medien hatten über Schmierereien an der Fassade berichtet. Laut Polizeisprecherin kommt auch eine Ermittlung wegen Bedrohung infrage.

Die Kölner CDU wollte am Montag mit der Politikerin über die Vereinbarung sprechen.

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9 Kommentare

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  • Das ist typisch Köln. Ich habe mir schon lange abgewöhnt, die Zustände in Köln mit Neapel oder Palermo zu vergleichen. Das wäre eine unzulässige Verharmlosung der Verhältnisse in Köln.

  • Sie lehnt 2 Jahre ab, renoviert und dann macht die Stadt ein Angebot, dass sie nicht ablehnen kann. Alles klar.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Kehren wir zu den Inhalten zurück: was meinen Sie denn zu dem dem Artikel zugrunde liegenden Sachverhalt?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      ... Dies war eine Erwiderung an Jens Frisch ...

  • Derartige Skandale oder genauer skandalöse Zustände um die sich niemand kümmert gibts mittlerweile doch in jedem grösseren Ort. Warum ermitteln da die taz-Redakteure nicht?

  • Bei €35 Höchstsatz pro Person und Tag, sind das bei einer 4-köpfigen Familie etwa €4200 im Monat. Glaube da findet man selbst in Köln-Toplage noch eine angemessene Unterkunft. Und im Hotel handelt es sich ja nicht um eine 120qm Luxuswohnung.

  • Wie wäre es mit einer Ermittlung gegen 'Bekannt' innerhalb der Stadtverwaltung. 40 angemietete Hotels zu Top-Preisen. Gibt es denn im Umkreis von Köln keinerlei andere 'Not'-unterkünfte?

    Ich verstehe die Welt nicht mehr. Und dann wieder jammern, dass in der Stadtverwaltung kein Geld für Renovierung der Schulen da ist.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Sehr aussagekräftig: Vetternwirtschaft, wie sie im Buche steht. Und die Polizei ermittelt wegen Bedrohung. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wer fühlt sich wodurch bedroht? Die Hausfassade? Hat sie die Polizei um Ermittlung gebeten?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      "Deine Zeit ist um, Du Sau!"

      Hört sich schon nach einer Drohung an, oder?