Klimakonferenz in Baku: Der Streit um Geld
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verspricht auf dem Weltklimagipfel finanzielle Hilfen. Die großen Fragen aber bleiben ungeklärt.
Zusammen mit Mitteln aus internationalen Klimafonds kämen durch das Programm 1,3 Milliarden Dollar zusammen, so Habeck und der britische Klimaminister Ed Miliband. Der deutsche Anteil des Geldes stamme demnach aus der Internationalen Klimaschutzinitiative von Bundeswirtschaftsministerium, Bundesumweltministerium und Auswärtigem Amt. Es handele sich im Wesentlichen um Mittel aus dem Bundeshaushalt des laufenden Jahres, so Habeck. Wie es mit solchen Finanzzusagen ab dem kommenden Jahr aussieht, ist schließlich ungewiss. Die auseinandergebrochene Ampel-Regierung hat sich nicht mehr auf eine Haushaltsplanung für 2025 geeinigt.
Während seines Besuchs warb Habeck auch für die Erhebung von Abgaben auf den Ausstoß von CO2, wie es beispielsweise im Europäischen Emissionshandel geschieht. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte der Vizekanzler. Der CO2-Ausstoß in Deutschland sei gerade in den Bereichen gesunken, die Teil von dem europäischen Handelssystem sind, nämlich Energie und Industrie.
Es sei deshalb gut, dass der Emissionshandel in der EU ab 2027 auch die Sektoren Verkehr und Wärme umfassen soll. Die Einnahmen solcher marktbasierten Ansätze könnten zudem für den ökologischen Umbau der Wirtschaft genutzt werden. Die Bundesregierung habe 20 Millionen Euro für eine Initiative der Weltbank zugesagt, mit der die CO2-Bepreisung weltweit vorangetrieben werden soll.
Weil das klimaschädliche Produkte teurer macht, sieht Habeck auch „eine Herausforderung“ auf Verbraucher*innen zukommen. Angaben zum sozialen Ausgleich – etwa durch ein Klimageld, wie die Ampel-Regierung es laut ihrem Koalitionsvertrag entwickeln wollte – machte er nicht.
Die Rolle Chinas
Mit Blick auf einen der Hauptstreitpunkte des Gipfels, die Verabschiedung eines neuen globalen Finanzziels zur Unterstützung der ärmsten Länder, forderte Habeck, den Kreis der Geberländer für Klimahilfen zu erweitern. Reiche Schwellenländer wie China, Saudi-Arabien und Katar sollten sich an der Finanzierung ärmerer Staaten beteiligen. Diese Schwellenländer hätten im Geschäft mit Öl, Kohle und Gas „astronomische Summen“ verdient. Diese „Übergewinne“ müssten stärker genutzt werden, „um diejenigen, die unter der Erderwärmung leiden, besser zu schützen“.
Bisher haben sich nur die Industrieländer verpflichtet, Klima-Hilfsgelder für den globalen Süden zu zahlen. Seit 2020 sollen jedes Jahr insgesamt 100 Milliarden US-Dollar fließen. Bei den Verhandlungen in Baku soll es unter anderem darum gehen, wie viel es ab 2025 insgesamt sein muss.
Martin Kaiser, Greenpeace
Bisher gebe es von Seiten der Industrieländer auf diese Frage keine Antwort, beklagt Jan Kowalzig, Klimaexperte der Hilfsorganisation Oxfam. „Informell hören wir allerdings, dass schon eine Verdreifachung des bisherigen 100-Milliarden-Ziels von den Industrieländern wohl als zu ehrgeizig angesehen wird – im Kontrast zu den Entwicklungsländern, die mindestens eine Verzehnfachung fordern.“
Nach wie vor würden die Industrieländer zudem die Forderung der besonders gefährdeten Staaten blockieren, dass das neue Klimafinanzierungsziel neben der Unterstützung bei Klimaschutz und Anpassung auch die Bewältigung von Verlusten und Schäden abdecken soll.
Der wunde Punkt
Es geht dabei um Haftung: Die Industrieländer befürchten, dass ihnen die Zahlung von Schadensersatz wie ein Schuldeingeständnis für die hauptsächliche Verursachung der Klimakrise ausgelegt wird. In den vergangenen Jahren gab es bei den Verhandlungen zu dem Thema zwar Fortschritte, etwa wurde ein erster Fonds zum Umgang mit klimawandelbedingten Schäden aufgesetzt – trotzdem ist das Thema immer wieder ein wunder Punkt.
Greenpeace fürchtet zur Halbzeit der Konferenz in Baku sogar einen kompletten Misserfolg der Verhandlungen. „Nach der ersten Woche steht die Klimakonferenz dichter am Scheitern, als selbst die pessimistischen Vorzeichen ahnen ließen“, zog Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand der Umweltorganisation, am Wochenende Bilanz.
Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und die Absage zahlreicher Staats- und Regierungschefs würden die Verhandlungen lähmen. Kaiser forderte die EU, das nächste Gastgeberland Brasilien und China auf, in den kommenden Tagen eine neue Allianz zu bilden, die sich an die Seite besonders vulnerabler Länder stellt. Nur so könnten die drängenden Finanzierungsfragen geklärt und der überfällige Ausstieg aus fossilen Energien vorangebracht werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?