Klima-Sondervermögen in Berlin: Trübe Aussichten
Berlin scheitert mit Plan von einem Klima-Sondervermögen. Der Fetisch Schuldenbremse verträgt sich nicht mit der Milliardenaufgabe Klimaschutz.
M ach mit, mach’s nach, mach’s ähnlich schlecht: Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende 2023 ein Klima-Sondervermögen des Bundes kassiert hat, kann nun auch Berlin seinen geplanten Schattenhaushalt für den Klimaschutz in die Tonne treten. Nicht mit der Schuldenbremse vereinbar und daher nicht zu realisieren: Zu diesem Schluss kommt ein jetzt veröffentlichtes Rechtsgutachten, das die Berliner Landesregierung nach dem Urteil aus Karlsruhe selbst in Auftrag gegeben hat.
Dabei wollte der CDU/SPD-Senat doch bloß groß denken und zugleich ein guter Klimapionier sein. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen über 60 Milliarden Euro Landesschulden sollten im Zuge des Klima-Vermögens neue Kredite in Höhe von bis zu 10 Milliarden Euro aufgenommen werden.
Naturgemäß folgte dann zwar auch die Berliner Koalition der bewährten Regel: Wo viel Geld, da viele eigenartige Begehrlichkeiten. So pochte das SPD-geführte Innenressort auf die Sanierung der seit Jahren vor sich hin gammelnden Polizeiwachen. Der CDU-Fraktionschef wiederum meinte, den Berliner:innen den Bau einer schmerzlich vermissten Magnetschwebebahn spendieren zu müssen, irgendwo in der Stadt, Sinn und Zweck unwichtig, weil: Hauptstadt und Großdenken.
Jenseits der Schwebebahn gab es sicherlich aber auch viele andere Ideen, die tatsächlich etwas mit Klimaschutz zu tun hatten. Allein, die entsprechende Liste mit konkret geplanten Maßnahmen ist bis zuletzt unter Verschluss geblieben. Warum auch immer. Hat sich nun sowieso erst mal erledigt.
Keine Überraschung
Zugegeben, dass das Berliner Sondervermögen nicht in Einklang mit der Schuldenbremse zu bringen ist, kommt nicht überraschend. Der Landesrechnungshof hatte mehr als einmal darauf hingewiesen, sowohl vor als auch nach dem Urteil aus Karlsruhe. Aber die Quälgeister suchen ja immer ein splissiges Haar in der Haushaltssuppe. Und so haben CDU und SPD dann auch optimistisch den ersten Schritt vor dem zweiten gemacht und im Dezember den regulären Doppelhaushalt 2024/2025 verabschiedet.
Gelder für die Schrottimmobilien der Polizei sucht man hier vergeblich. Dafür, hieß es, komme doch das Sondervermögen. Das nun nicht kommt. Großer Aufschrei der Gewerkschaft der Polizei, die deshalb für die Wachen – was sonst? – gleich ein eigenes Sondervermögen fordert. Es ist nicht der einzige wilde Vorstoß, wie Berlin doch noch an seine Milliarden kommen könnte. Der CDU-Finanzsenator mahnt zur Ruhe. Im Grunde hat aber auch er keinen Plan B in der Schublade.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Keine Ahnung, kein Geld: Der gescheiterte Verschuldungswille des Senats mag andernorts als Ausweis hauptstädtischen Dilettantismus wahrgenommen werden. Das ist er vermutlich auch. Aber nicht nur. Denn das Problem betrifft alle Bundesländer wie auch den Bund selbst und es hat einen Namen: Schuldenbremse. Die vom Bundesverfassungsgericht unterstrichenen Prinzipien, wonach – kurz gefasst – Kredite für Investitionen im ausgeschriebenen Haushaltsjahr abgerechnet werden müssen, machen Nebenhaushalte für Beschleunigungsmaßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität praktisch unmöglich. Das sind Dauerherausforderungen, die nicht in einem Haushaltsjahr zu stemmen sind.
So bitter das Scheitern des Berliner Sondervermögens für alle ist, die sich in der Stadt für Klimaschutz einsetzen, es unterstreicht gleichwohl eines: Die aus dem Fetisch der schwarzen Null resultierende Schuldenbremse muss im besten Fall abgeschafft, mindestens aber für die Milliardenaufgabe Klimaschutz gelockert werden. Ansonsten kann sich nicht nur Berlin seine Klimaziele gleich in die Vitrine stellen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss