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Klaus PüschelLesung bei Burschenschaft abgesagt

Der umstrittene Rechtsmediziner hat die Einladung der rechtsextremen Verbindung abgesagt – klar distanziert hat er sich nicht.

Rechtsmediziner Klaus Püschel Foto: dpa

Hamurg taz | Der renommierte Rechtsmediziner Klaus Püschel referiert nicht bei der extrem-rechten „Landsmannschaft Mecklenburgia“. Am 27. November wollte er aus seinem Buch „Wahrheit: Tote haben Recht(e)“ lesen. Der ehemalige Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) legte 2019 zusammen mit einer Staatsanwältin und einem Kriminalbeamten den Titel vor.

Im Hause der Landsmannschaft in der Sierichstraße an der Elbe sollte die Veranstaltung im Rahmen des eigenen Wintersemesterprogramms stattfinden. Am Dienstag hatte die taz über den Auftritt bei der Landsmannschaft berichtet, die den „deutschen Selbsthass“ als „ungesund und dekadent“ beklagt und die „Vaterlandsliebe“ betont. Schon 1993 schreib der Verfassungsschutz in einem vertraulichen Informationsbericht: „Als zumindest rechtsextremistisch beeinflusst hat ebenso die 'Landsmannschaft Mecklenburgia’ zu gelten“.

Dem Gerichtsmediziner wird seit Jahren vorgehalten, untrennbar mit den Brechmitteleinsätzen gegen mutmaßliche Dro­gen­dea­le­r:in­nen beteilig gewesen zu sein, bei denen 2001 der 19-jährige Nigerianer Achidi John starb. Die Lesung aus Püschels Thriller „Totenpuzzel“ im Rahmen des Krimifestivals am Donnerstag bei der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel hatte aus dem Grund für öffentliche Kritik gesorgt. Die Lesung wurde abgesagt, Kampnagel distanziert sich öffentlich von Püschel.

Die „Landsmannschaft Mecklenburgia“ erklärte nun auf ihrer Homepage, dass die Veranstaltung mit Püschel aus „seuchenpolitischen Gründen“ abgesagt worden wäre. Das „Hamburger Bündnis gegen Rechst“ (HBdR) bezweifelt diese Begründung. Denn Püschel hatte den Umgang mit der Pandemie als überzogene Angstmache kritisiert. Dem Hamburger Abendblatt erklärte Püchel jüngst: „Wir haben es besprochen und gemeinsam entschieden, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen.“ Ein Satz in dem keine Distanzierung zu der Landsmannschaft anklingt.

Der pensionierte Rechtsmediziner wäre nicht die erste Person gewesen, die sich von einer studentischen Verbindungen distanzierte, da ihr dessen politische Hintergründe nicht gänzlich bekannt gewesen seien. Das HBgR betont: „Hier findet sich kein einziges Wort der politischen Distanzierung von der braunen Landsmannschaft“. Und das Bündnis verweist auf das weitere Semesterprogramm der schlagenden Verbindung: Hier feiert man nicht den Tag der Deutschen Einheit, sondern am 22. Januar 2022 die Reichsgründung unter Bismarck. Die Landsmannschaft stelle sich in die Tradition des undemokratischen, antiliberalen und nationalistischen Deutschen Reiches, dessen Gründung 1871 als Akt der Demütigung im besetzten Versailles stattfand. Den Sieg über den Erbfeind Frankreich zelebriert die Burschenschaft regelmäßig mit dem „Sedan-Bier am Freitag“. Das HBgR schreibt: „Wir fordern Herrn Professor Püschel auf, sich von der Landsmannschaft Mecklenburgia eindeutig zu distanzieren“. Das Bündnis fordert ebenso, dass Püschel „sich für die von ihm mitverantworteten Brechmitteleinsätze“ entschuldigen soll.

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