Klage gegen Energiekonzern: Shell wegen Klimakrise vor Gericht
Umweltschützer:innen haben den britisch-niederländischen Ölkonzern verklagt. Shell soll laut der Forderung sein Geschäft von Öl und Gas wegbewegen.
Geklagt hat Milieudefensie, also die niederländische Sparte von Friends of the Earth, gemeinsam mit weiteren Umweltgruppen. Der Vorwurf: Shell verschleppe den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe und verstoße so gegen das Gesetz.
Dass Konzerne für ihre Umweltverschmutzung verklagt werden, ist erst mal nicht außergewöhnlich. Meist geht es aber darum, ob Betroffene Entschädigungen bekommen und in welcher Höhe. Nicht so in diesem Fall: Hier wird verhandelt, ob Shell seine Treibhausgasemissionen gerichtlich verordnet senken muss.
Die Umweltschützer:innen argumentieren, dass Shell gegen den Artikel 6:162 im niederländischen Zivilgesetzbuch verstoße. Der schreibt das Verursacherprinzip fest: Wer durch unerlaubtes Handeln einen Schaden herbeiführt, muss den auch wieder beseitigen. Außerdem sehen die Kläger:innen Artikel 2 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt, also das Recht auf Leben und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
Shell will mit Öl und Gas klimaneutral werden
„Das ist eine einzigartige Klage, die bedeutsame Folgen für das Klima und die fossile Industrie weltweit haben könnte“, sagte Milieudefensie-Chef Donald Pols. „Wir sind sicher, dass das Urteil Shell dazu zwingen wird, sich an internationale Klimaziele zu halten und aufzuhören, einen gefährlichen Klimawandel zu verursachen.“
Shell sieht weniger sich selbst als die Politik und die Verbraucher:innen in der Verantwortung. „Was die Energiewende antreiben wird, sind effektive Politik, Investitionen in Technologien und ein verändertes Verhalten der Verbraucher“, sagte eine Unternehmenssprecherin. „Nichts davon wird dieser Gerichtsprozess hervorbringen.“ Shell trage seinen Teil zum Klimaschutz bei, ist sich die Sprecherin sicher.
Der Konzern hatte im April angekündigt, die Klimaneutralität bis spätestens 2050 erreichen zu wollen. Das heißt: Shell will dann höchstens so viele Treibhausgase ausstoßen, wie auch wieder aus der Atmosphäre herausgefiltert werden.
Donald Pols, Milieudefensie
Es geht also nicht darum, bis dahin aus dem Geschäft mit fossilen Energieträgern auszusteigen. Der Konzern will ausdrücklich auf die sogenannte Klimakompensation setzen – also irgendwo auf der Welt Klimaschutz finanzieren, um den eigenen ökologischen Fußabdruck wegzurechnen.
In den Niederlanden haben Klimaschützer:innen schon einmal eine aufsehenerregende Klimaklage gewonnen – und zwar gegen den Staat. 2015 gab ein Gericht der Stiftung Urgenda Recht. Die Niederlande müssten ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 25 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 verringern – nicht nur wie bis dato geplant um 17 Prozent.
Die niederländische Regierung ging in Revision. Im vergangenen Dezember bestätigte das oberste Gericht des Landes aber das ursprüngliche Urteil.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies