Klage gegen Betreuungsgeld: Schwesig gegen Schwesig
In dieser Woche verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Herdprämie. Das Familienministerium ist der Beklagte.
BERLIN taz | Was für eine zwiespältige Situation für Manuela Schwesig. Die SPD-Politikerin ist keine Freundin des Betreuungsgeldes. Das war sie nicht, als sie noch Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern war. Und das ist sie auch jetzt nicht, wo sie Familienministerin für die gesamte Republik ist. Aber das Betreuungsgeld, jene umstrittenen 150 Euro im Monat für kleine Kinder, die zu Hause statt in einer Kita betreut werden, fällt dummerweise in ihr Ressort.
Demnächst könnte es zu einer heiterem Art Betreuungsgeld-Spektakel kommen. Am 14. April verhandelt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über eine Normenkontrollklage, die Hamburg eingereicht hat.
Der Stadtstaat hält die als Herdprämie verunglimpfte familienpolitische Leistung für verfassungswidrig. Sie halte Mütter vom Arbeitsmarkt und Kinder von Bildung fern. Das findet auch Manuela Schwesig, weswegen sie selbst gern von „Fernhalteprämie“ spricht.
Wenn Hamburg gegen das Betreuungsgeld klagt, klagt es also auch gegen Schwesig und ihr Haus. Die allerdings müssen in ihrer Rolle das Instrument verteidigen. Was nun?
Bislang konnte sich Schwesig, sobald Fragen nach dem Betreuungsgeld an sie gerichtet wurden, stets mit dem Hinweis auf die Hamburger Klage und das Bundesverfassungsgericht um eine Antwort drücken. Die Herdprämien-Gegner hatten darauf gehofft, dass Schwesig als Familienministerin die Leistung ratzfatz abschafft. Schließlich sitzt sie in Berlin jetzt an dem Ort, wo solche Entscheidungen gefällt werden.
Versenken nicht so einfach
Aber so einfach ist das nicht. Denn das Betreuungsgeld war seit 1. August 2013 eingeführt und damit eine anerkannte Leistung. Die auch eine engagierte Ministerin mal nicht so eben versenken kann.
Während der Koalitionsverhandlungen im Winter 2013 war das Fluch und Segen zugleich. Schwesig konnte sich einerseits darauf berufen, dass die Herdprämie außerhalb ihrer Macht stehe. Und andererseits konnte sie der Union deswegen alles Mögliche abtrotzen: Frauenquote, Kitaausbau, Elterngeld Plus.
Der 14. April dürfte auch wegen einer anderen Personalie spannend werden. Nach Karlsruhe soll für das Familienministerium Schwesigs Staatssekretär Ralf Kleindiek fahren. Kleindiek ist Jurist und war, bevor er nach Berlin wechselte, Staatsrat in der Hamburger Gleichstellungsbehörde. Er hatte die Hamburger Klage vorbereitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich