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KjG über GendersternAch Gottchen*

Gott als alter weißer Mann? Muss nicht sein. Eine katholische Jugendorganisation diskutiert deswegen darüber, Gott* künftig zu gendern.

Der Vater, der Sohn und der heilige Geist (v.l.) Foto: Mary Evans/Walt Disney/imago images

Wenn ich zu Hause an meinem Schreibtisch sitzen würde, könnte ich mich im Bücherregal auf die Suche nach Walter Beltz’ Buch „Gott und die Götter“ begeben. Da würde ich dann, so erinnere ich es jedenfalls, finden, worauf die Katholische Junge Gemeinde (KjG) jetzt ganz von allein gekommen ist. Auf ihrem „Herbstbundesrat“ begab sich die linkskatholische Jugendorganisation „mit Sorgfalt“ auf die Suche nach „Gottesbezeichnungen, die mehr umfassen als die männlich weiße Vorstellung von Gott“. Denn: „Wie wir von Gott sprechen, prägt auch unser Menschenbild.“

Das ist zweifellos richtig, und so hatte es ja – immer nur aus der Erinnerung abgerufen, leider! – auch schon Beltz in seiner „Biblischen Mythologie“ analysiert: Dass nämlich die patriarchalisch-monotheistisch organisierten Nomadenvölker um 1300 v. Chr.* im Land Kanaan auf sehr viel diverser aufgestellte Menschen trafen, mit deren Wirtschaftsweise, Festen, Göttinnen und Göttern, Engeln, Nymphen, Faunen usw. sie sich mal freundlich, mal raufend arrangierten und sozusagen zu einem frühkatholischen Synkretimus gelangten.

Insofern ist die von der Jungen Gemeinde in ihrem Ergebnispapier ganz zart angedachte – „für viele Ka­tho­li­k*in­nen ist mit der Verwendung des Gottesbegriffs im tradierten Sinne religiöse Heimat verbunden“ – Bezeichnung „Gott*“ eine Art Rückkehr zum katholischen Götterhimmel mit dem „Tick, Trick und Track“-Trio Vater, Sohn und Heiliger Geist und ihren Begleiterinnen in Form der Jungfrau Maria, den Heiligen* und Seeligen* und nicht zuletzt mit dem Papst auf der Auswechselbank, Joseph Ratzinger*.

Dass die KjG daneben auch „Maßnahmen zur Inklusion“ und zum Klimaschutz diskutiert und sogar beschlossen hat, findet in der Presse weniger – nämlich: keinen – medialen Widerhall als die Rückkehr zur alten katholischen Vielgötterei. Das hat selbstverständlich nichts mit der realen Bedeutung der Angelegenheit zu tun. Bei dpa und Spiegel meint man halt, mit dem guten alten Gendergaga-Trick ließen sich immer noch paar Hostien abgreifen, auch wenn Entscheidungen frühestens bei der nächsten Bundeskonferenz der KjG im Frühling fallen werden.

Ob Gott* dann noch eine Rolle spielt, wird von der politischen Agenda abhängen: Also von dem jeweiligen Kandelaber, mit dem man sich dann am besten wichtig machen kann.

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10 Kommentare

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  • Lost in translation

    Im Neuen Testament kommt Gott, wenn ich die Dreieinigkeit richtig verstanden habe, in drei Rollen vor.



    Der Heilige Geist



    Jesus von Nazareth, der eingeborene Sohn.



    Der von Jesus 'Vater' genannte Gott, auch Herrgott genannt.

    Im alten Testament, berichtet Moses, als Ohrenzeuge, in gleich zwei Büchern davon dass



    Gott gebietet: „Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas ..."



    Im ersten Konzil, a.d.381 in Konstantinopel wurde nicht nur die Dreinigkeit beschlossen.



    Auch wurden, soweit ich es verstehe, die Gottgegebenen Gebote geändert. So verschwand das verbot des Bild Gottes irgendwie. Die Oberammergauer Herrgottschnitzer und Michelangelo waren dann zwar nutzniesser, aus Zeitgründen daran wohl nicht beteiligt.

  • Da scheint die Jugend nicht verstanden zu haben, das Gott eben kein Mensch ist. DER Gott ist genauso wenig einem Geschlecht zuzuordnen wie DER Mensch oder DIE Person. Wer oder was Gott ist, ist unserem Glauben überlassen- deshalb heißt es ja Glauben und nicht Wissen. Also ist Gendern Unsinn, weil man Gott damit vermenschlichen würde.

  • Nun ja.



    Wenn schon Götterhimmel dann den.



    Weltall Erde Mensch



    www.ddr-museum.de/de/objects/1013967



    Denn wofür lebt der Mensch?



    www.ddr-museum.de/de/objects/1011924

  • Und so schreitet es munter voran. Niemand kommt auf die Idee, darüber nachzudenken, ob es so etwas wie einen Gott überhaupt geben kann.

    Stattdessen heißt es Gott* und diese Änderung wird als Fortschritt begriffen. Dem Ganzen wohnt inne, wie generell dem Gendern, dass man die Aufschrift auf der Verpackung ändert, um an den Verhältnissen nicht mehr rühren zu müssen.

    • @Jim Hawkins:

      "Niemand kommt auf die Idee, ..." - doch, genau das machen Theologen bereits seit Jahrtausenden. Und natürlich auch zahllose Laien bis auf den heutigen Tag. Ich habe mich mit der Frage intensiv beschäftigt und bin wie viele andere zu der Antwort gekommen, dass es Gott gibt.

      Welche Bezeichnung wir für Gott verwenden, ist letztlich irrelevant. Kein Wort ist allumfassend genug um ein Wesen, das so unendlich mehr ist als wir, irgendwie zu bezeichnen. Mit menschlichen Attributen wie männlich oder weiblich kommen wir sicher nicht weiter. Die sehr limitierende "männlich weiße Vorstellung" von Gott haben sich darstellende Künstler ausgedacht, nicht ernsthaft nachdenkende Theologen.

      • @Winnetaz:

        "Ich habe mich mit der Frage intensiv beschäftigt und bin wie viele andere zu der Antwort gekommen, dass es Gott gibt."

        Wie funktioniert so etwas? Muss man alles, was man über Naturwissenschaften weiß, über Bord werfen?

        Wissenschaftler bauen auf Erkenntnissen auf, zu denen ihre Vorgänger gelangt sind. Sie prüfen deren Ergebnisse, widerlegen sie mal, oder entwickeln sie weiter.

        Das kann man jedem Kind erklären. Es wird trotzdem immer weiter fragen: Und warum?

        Hat man Geduld, wird man immer eine Antwort finden.

        Was macht man, wenn ein Kind die Frage nach der Existenz eines Gottes stellt?

        Nach den Erfahrungen in meiner Kindheit wird man dann einfach angelogen.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Wobei festzustellen ist, dass mit dem Aufmotzen einer Verpackung oftmals die Inhaltsmenge reduziert wird... Bei Organisationen, die Luft in Tüten verkaufen, geht die Inhaltsmenge dann gegen Null. Die Tüten werden allerdings immer bunter.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Und alle sind sie dann Anwärter für die "Mogelpackung des Jahres".

        Da konkurrieren sie mit Müsli, Schokoriegeln und Ravioli in der Dose.

        Alles kommt immer weiter auf den Hund. Das arme Tier kann gar nichts dafür und wird auch mit einer Mogelpackung abgespeist.

        • @Jim Hawkins:

          Mogelpackung = we're only in it for the money!

  • Ich las schon vor ca. 30 Jahren den Spruch:

    "I saw God and she was black".

    Da hat der Islam schon recht mit seinem Bilderverbot. Es ist m.E. naiver Blödsinn, sich die Instanz Gott als personifizierten, alten weissen Mann vor- und darzustellen, der auf irgendeiner Wolke sitzt, uns beobachtet, Urteile fällt und dann Blitze schleudert usw.. Das reduziert das Bild ganz erheblich auf eine Art Comicfigur.

    "Gott" kann nur die Gesamtheit derer sein, die an ihn und die christliche Lehre glauben.

    Insofern ist es kein Widerspruch zu sagen: "ich glaube nicht an Gott, aber ich weiss, dass er existiert".



    Und das gilt für alle Götter, insbesondere die anderer Religionen.

    Ich las auch mal "Alle Götter sind ein Gott" - find ich nach wie vor gut.