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Kirche und UnionDas Kreuz mit dem Markus

Markus Söder mag sich immer noch nicht beruhigen über die kirchliche Kritik am Asylkurs der Union. Er sollte mal ein wenig in der Bibel lesen.

Marcus Söder umgibt sich gerne mit der Symbolik des Christentums, scheint aber wenig Text sicher Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Christdemokraten und Christsozialen sind sauer. Wie können die Kirchen es auch wagen, sich gegen die Asylpolitik und den Flirt der Union mit rechts außen zu stellen. „Die Kritik nehmen wir an, aber umgekehrt müssen wir auch unsere Meinung sagen dürfen“, legte Markus Söder jetzt in einem Interview mit dem Redak­tions­netzwerk Deutschland noch mal nach – „auch ich als gläubiger Christ“. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef freut sich, wenn die Kirchen sich durchaus engagieren. „Ich würde mir aber auch bei Fragen, die den Kern des Christentums berühren, eine lautere Stimme der Kirchen wünschen – beispielsweise beim Lebensschutz und beim Paragrafen 218.“

Ja, freilich darf der Markus seine Meinung sagen, auch er als gläubiger Christ. Nur Christ sein kann man halt nicht alleine. Und es legt – Göttin sei Dank – nicht der bayerische Ministerpräsident fest, was der „Kern des Christentums“ ist, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen.

Für die protestantische Crowd, der auch Söder angehört, hat Martin Luther schon im 16. Jahrhundert festgehalten: Sola scriptura, die Heilige Schrift ist der Kern des Christentums. Und auch das Zweite Vatikanische Konzil der Ka­tho­li­k:in­nen kam in den 1960er Jahren auf den Trichter, dass es der Kirche nicht vor allem um Machterhalt, sondern um die biblische Botschaft gehen sollte. Und in der Bibel lässt sich halt so gar nichts über Schwangerschaftsabbrüche finden. Materialmangel nennen das die Theolog:innen.

Viel steht in der Bibel jedoch zum Umgang mit den Schwächsten und mit den „Fremden im eigenen Land“. Auch da geht es um „Lebensschutz“. Daran haben die Ver­tre­te­r:in­nen der beiden großen Kirchen in Berlin zurecht erinnert angesichts der migra­tions­politischen Entgleisungen in letzter Zeit.

Der Markus sieht das anders. „Wir sind wohl das kirchenfreundlichste Bundesland. Sei es mit Kreuzen, Religionsunterricht, Steuern, Gehältern übrigens, die bezahlt werden.“ „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“, sollte das wohl heißen. Nur: Es war ausgerechnet Söder, der die Ablöse der Staatskirchenleistungen blockierte, die Ampelregierung und Großkirchen schon verabredet hatten. Das wiederum berührt den biblischen Kern des Christentums: Zeugnis ablegen von der Wahrheit.

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17 Kommentare

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  • Ach Söder, Gott würde sich im Grabe umdrehen.

  • Das "C" im Parteinamen ist bei nicht allen, aber vielen in der CDU und vor allem in der CSU ein Marketingbegriff, so dass es angebracht ist, hier von der "Scheinheiligkeit" zu reden.

  • Markus Söder (CSU): „Ich würde mir aber auch bei Fragen, die den Kern des Christentums berühren, eine lautere Stimme der Kirchen wünschen – beispielsweise beim Lebensschutz und beim Paragrafen 218.“

    Und ich würde mir wünschen, dass CDU/CSU-Politiker nicht nur "christlich herumschwadronieren", um ihre einfältigen Wähler kräftig einzuseifen, sondern auch endlich mal aufhören würden ständig von 'Lebensschutz' zu reden, während sie arme Menschen in Deutschland weiterhin im Dreck sitzen lassen und Bürgergeldempfängern sogar noch das Existenzminimum zusammenstreichen möchten. Sieht so christliche Nächstenliebe aus? Man kann nur hoffen, dass die junge Generation schlauer ist als die alten CDU/CSU-Wähler und diese sogenannten "christlichen Parteien" nicht mehr beachten.

  • Meine volle Zustimmung!

    Und was ist der Kern des Christentums? Da hilft wirklich ein Blick in die Bibel. Aber bitte immer schön den Kontext der Zeit, in der die Geschichten entstanden sind, beachten. Das ist ein Zeitraum von mehreren tausend Jahren, wenn wir Altes und Neues Testament zusammen betrachten. Und dann fällt mir immer wieder der Spruch ein: "Wer die Bibel wörtlich nimmt, ist zu faul zum denken".

    • @Minion68:

      Der Kern des Christentums ist der jeder anderen Sekte auch. Gruppenzugehörigkeit und Menschenführung.



      Alles andere ist Romantik und Werbung.

  • "... ich als gläubiger Christ...", wieso widerspricht dann seine Politik christlichen Werten und christlicher Lehre. Irgendwo passt das für mich nicht zusammen. Jesus sagt, euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein. Bei Herrn Söder scheint es so, dass ein Ja in der Kirche ein Nein in seinen Taten und umgekehrt bedeutet.

    • @Frank Burghart:

      Das Christentum ist eine Religion, die Kirche eine Institution.



      Soviel dazu.

  • Vielleicht hilft ein Blick in ein Geschichtsbuch und das Studium der Bibel im Vergleich:



    Quelle bpb.de



    "Die Geschichte des Asylrechts reicht bis in das Altertum zurück. Das moderne Asylrecht entwickelte sich jedoch erst im Zuge der europäischen Nationalstaatsbildung im 19. Jahrhundert, die von großen Fluchtbewegungen begleitet war."



    Und bei europa.clio-online



    "Das geringe Interesse der europäischen Staaten am Schutz von MigrantInnen, die vor Kriegen, Bürgerkriegen und Maßnahmen autoritärer politischer Systeme in der Zwischenkriegszeit geflohen waren, führte seit Anfang der 1920er-Jahre zu intensiven Diskussionen über zwischenstaatliche Hilfen und zu ersten Ansätzen internationaler Verantwortungsteilung in Europa. Vor diesem Hintergrund begann der Völkerbund – zunächst sehr zögerlich – Initiativen zur Etablierung supranationaler Hilfsorganisationen zu lancieren."



    Christl. Tugenden:



    "Zwischen den Säulen findet man sieben Tugenden:



    TIMOR DOMINI - INTELLECTUS - TEMPERANTIA - PATIENTIA



    - LIBERALITAS - DEVOTIO - CASTITAS



    Gottesfurcht - Erkenntnis - Nüchternheit - Geduld -



    Großmut - Ergebenheit - Keuschheit"



    www.didaktik.mathe...mpel/fruechte.html

    • @Martin Rees:

      Meint irgendein vernunftbegabter Mensch, diese Tugenden gab es nicht vor dem Christentum schon.



      Vielleicht haben sie das mit der Gottesfurcht vorangetrieben. Ob das so gut war?



      Jedenfalls ist mir kein Vertreter dieser Sekte bekannt der diesen Tugenden gerecht wurde.



      Vielleicht weil es sich um Menschen handelt?

  • Herr Söder liest nur das, was ihm in sein Bild passt. Und da stört die Bibel leider. Denn, wenn man die Werte und die Lehre Jesu Christi ernst nimmt, dann ist das, was Herr Söder macht (fast) das genaue Gegenteil. Die Union, bei mir nur noch Union ohne C, hat die christlichen Werte und Lehre schon lange verlassen und ist UNchristlicher als manche Atheisten

    • @Frank Burghart:

      Alle außer den Christen selber sind genau gleich UNchristlich.



      Das ist eine Tatsache.



      Diese sogenannte Lehre ist reine Phiosophie und Auslegungssache.

  • Der Satz, dass Christdingsten auch mal einfach die Evangelien gelesen haben sollten, rutschte mir auch schon mehrfach raus.

    Der Schwarzhut ist da eher drauf wie der Großinquisitor und betet die Macht oder gleich sich selbst an.

  • Söder nimmt das Christentum in etwa so ernst wie die FDP die soziale Gerechtigkeit.

  • Zu Recht kritisiert Söder die Kirchen, die Bibelstellen inkosistent und weitgehend kompatibel zu einer bestimmten politischen Richtung auslegen. Relativ klare Aussagen zur verschiedenen Rolle von Mann und Frau und zur Homosexualität werden weginterpretiert, während aus recht allgemeinen Aussagen konkrete politische Forderungen z.B. zur Flüchtlingspolitik abgeleitet werden. Tatsächlich ist das mit der Bibel kompatible Spektrum politischer Meinungen aber viel weiter, und dies sollten die Kirchen widerspiegeln.



    Dass Herr Söder eine spezielle Interpretation der Bibel hat, ist demgegenüber ok, da er Politiker, nicht Kirchenfunktionär ist.



    P.S.: Mit dem Gesagten unterstütze ich NICHT die konkreten politischen Ansichten Söders oder die religiösen Ansichten erzkonservativer Christen!

    • @JeanK:

      Bitte den letzten Absatz von Stefan Hunglinger nochma lesen; der Maggus droht der Kirche und des gehört sich ned. Auch der Freistaat Bayern hat keine Monarchie mit Staatskirche ala UK.



      Das Christentum ist neutestamentlich und da gibts ggü. Homosexualität außer Paulusens Briefe an die urchristlichen Sprengsel ned viel Futter für Jene, welche sich anmaßen, Gottes Gedanken lesen zu können. Im Gegensatz zu Völkerverständigung, Barmherzigkeit usw. usf. und was Jesus noch so alles erlebt, gekriegt und gegeben haben soll.

  • Ob Maggus wohl zu der Erkenntnis gelangen könnte, dass der Welt das Christentum und damit die christlichen Parteien erspart worden wäre, hätten die Ägypter dereinst so auf Flüchtlinge reagiert, wie es die Union heute vorschlägt?

    • @Flix:

      Da waren die alten Ägypter vielleicht noch um einiges krasser.

      "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten aus dem Sklavenhause geführt hat. "

      Man hat also Leute, die als Flüchtlinge kamen (Josef und seine Brüder) letztendlich versklavt.

      Da hat die Union noch Luft nach unten.