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Keylogger-AffäreGeldstrafe für früheren taz-Redakteur

Ein Ex-taz-Redakteur soll wegen des Ausspähens von Computern 6.400 Euro Strafe zahlen. Dem Prozess blieb er fern.

Die Staatsanwaltschaft bezeichnet die Motivation des Angeklagten als unklar, die taz geht von privaten Motiven aus Foto: Imago/Schöning

BERLIN taz | Die juristische Aufarbeitung der Spähaffäre in der taz steht möglicherweise vor einem Abschluss. Der frühere taz-Redakteur Sebastian Heiser soll wegen des Keylogger-Einsatzes in den Redaktionsräumen 6.400 Euro Geldstrafe zahlen. Am Montag hat das Amtsgericht Berlin einen Strafbefehl über 160 Tagessätze à 40 Euro gegen den 37-Jährigen verhängt.

Die Staatsanwaltschaft hatte Heiser wegen Abfangens und Ausspähens von Daten in 14 Fällen angeklagt. Weil Sebastian Heiser zur Verhandlung nicht erschienen ist, schwenkte die Staatsanwältin in der Hauptverhandlung auf das Strafbefehlsverfahren um. Der Verhandlungstermin am Montagmorgen war nach nur vier Minuten wieder beendet.

Sofern Sebastian Heiser nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt, kommt dieser einem Urteil gleich. Sebastian Heiser würde damit seine Schuld eingestehen und wäre vorbestraft. „Ich gehe davon aus, dass Herr H. eine öffentliche Hauptverhandlung vermeiden möchte und daher auf den Einspruch verzichten wird“, sagte sein Verteidiger Carsten Hoenig am Montag.

Akzeptiert er den Strafbefehl aber nicht, wird erneut ein Verhandlungstermin angesetzt. Erscheint der Angeklagte wieder nicht, kann das Gericht einen Haftbefehl verhängen. Nach spätestens zehn Jahren wäre der Fall dann verjährt.

Passwörter und E-Mails abgefangen

Sebastian Heiser hatte sich nach seinem Auffliegen im Februar 2015 in ein Land in Südostasien abgesetzt, das mit Deutschland kein Auslieferungsabkommen abgeschlossen hat.

Wenn ein Keylogger, der einem USB-Stick ähnelt, zwischen Tastatur und Computer angebracht wird, zeichnet er unbemerkt sämtliche Tastaturanschläge auf. Laut Anklage soll Sebastian Heiser damit zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 17. Februar 2015 an verschiedenen Rechnern innerhalb der taz-Redaktion Daten abgefangen haben, unter anderem Passwörter und E-Mails.

In diesem Zeitraum soll er sich auch in mehreren Fällen mit ausgespähten Zugangsdaten in fremde Redaktionsaccounts eingeloggt und somit Zugang zu Daten der Betroffenen gehabt haben. Zudem soll er auch eine vollständige Kopie eines fremden Facebookprofils abgespeichert haben.

Während die Staatsanwaltschaft die Motivation des Angeklagten als unklar bezeichnet, geht die taz davon aus, dass die Ausspähung privat motiviert war.

Im Juni dieses Jahres publizierte die taz die Ergebnisse einer eigenen aufwendigen Rekonstruktion der Ereignisse. Demnach waren mindestens 23 Personen von der Ausspähung betroffen, darunter 19 Frauen, die meisten von ihnen Praktikantinnen. Im Zuge dieser Recherche wurde der frühere Kollege an seinem neuen Wohnort in Südostasien aufgespürt, er wollte sich aber nicht äußern.

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6 Kommentare

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  • Tja, die TAZ scheint Lieblingsobjekt aller Schnüffler zu sein...ob Verfassungsschutz, Möchtegern-Journalisten oder kriminelle Abmahnanwälte...muß wirklich was dran sein, an der TAZ ;-)

  • ähem... kurze frage: vorbestraft? sicher? oder wg mehr als 90 tagessätzen lediglich eintrag ins polizeiliche führungszeugnis?

    • Sebastian Erb , Autor des Artikels, Reporter
      @hermanator:

      Ab einer Verurteilung von mehr als 90 Tagessätzen gilt man in Deutschland als vorbestraft (und die Verurteilung wird dann auch stets im Führungszeugnis aufgeführt). Nachzulesen etwa hier: http://www.fachanwalt.de/ratgeber/ab-wann-gilt-man-als-vorbestraft

      • @Sebastian Erb:

        danke für die info

  • Journalist startet eine Karriere als Senkrechtstarter und fällt aus offenbar tumbesten "privaten" (Spanner-)Motiven auf die Nase, so dass er aus lauter Peinlichkeit blitzartig und gründlich das Land verlassen und in Taiwan als Online-Werbungs-Optimierer arbeiten muss.

     

    Ob er die 6400 Euro zahlt oder nicht, macht da auch keinen Unterschied mehr, er hat sich selber schon genug bestraft. Wenn er wenigstens ein bißchen persönliche Größe hätte, würde er sich entschuldigen und ein wenig Asche auf sein Haupt streuen. Naja, muss er selber wissen.

  • Leute jibs, dit jibs janich!