Keine Einigung über Gemeinnützigkeit: NGOs müssen weiter bangen

Unionsregierte Länder blockieren einen Kompromiss zur Gemeinnützigkeit. Der hätte zumindest einigen politischen Vereinen Sicherheit gegeben.

Demonstrant:innen mit Plakaten unter einem rosafarbenen aufblasbaren Schwein vor dem Bundeskanzleramt

Campact-Aktion: Manchmal gemein, oft nützlich, aber fürs Finanzamt nicht mehr gemeinnützig Foto: dpa

BERLIN taz | Bei der Gemeinnützigkeit, die seit dem sogenannten Attac-Urteil für viele politische Organisationen gefährdet ist, ist keine Lösung in Sicht. Am Freitag hat der Bundesrat einen Kompromiss blockiert, der zumindest einem Teil der betroffenen Vereine geholfen hätte.

Der Bundesfinanzhof hatte Anfang 2019 entschieden, dass das globalisierungskritische Netzwerk Attac nicht mehr gemeinnützig ist, weil seine Bildungsarbeit nicht ausgewogen genug sei, und weitere Aspekte der Arbeit nicht gemeinnützig seien, weil dabei politische Forderungen im Mittelpunkt stünden. Auch die Kampagnen-Organisation Campact verlor deshalb später ihre Gemeinnützigkeit, was unter anderem dazu führt, dass Spenden nicht mehr steuerlich absetzbar sind. Durch die Aussage, dass politische Arbeit auch bei gemeinnützigen Zwecken nicht im Mittelpunkt stehen darf, sahen zudem viele weitere Organisationen ihren Status bedroht.

Zumindest diesen wollten die Bundesländer nun eigentlich durch eine Reform der Abgabenordnung helfen, die im Rahmen des Jahressteuergesetzes verabschiedet werden sollte. Zusammen mit anderen, vor allem von der Union geforderten Änderungen wie einer Erhöhung der steuerfreien Übungsleiterpauschale und neuen gemeinnützigen Zwecken wie Freifunk oder Ortsverschönerung sollte auch festgelegt werden, dass gemeinnützige Vereine ihre Ziele auch durch die Beeinflussung der politischen Willensbildung erreichen dürfen.

Dieser Punkt wurde am Freitag aber von mehreren CDU-regierten Ländern nicht unterstützt, sodass er keine Mehrheit fand. Weitere Forderungen wie die Aufnahme von Demokratieförderung oder sozialer Gerechtigkeit als neue gemeinnützige Zwecke – wovon dann auch Attac und Campact profitiert hätten – hatten es gar nicht erst in den Kompromiss geschafft.

„Die Weigerung der Ländermehrheit, Rechtssicherheit für Vereine und Verbände zu schaffen, ist fatal“, kommentierte Stefan Diefenbach-Trommer von der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, zu der sich 175 Vereine und Stiftungen zusammengeschlossen haben. Auch Campact-Vorstand Felix Kolb ist empört über die „Heuchelei“ der Union, die die Zivilgesellschaft im Ausland wortreich unterstütze, sie in Deutschland aber bekämpfe.

Wie es nach der Ablehnung der Länder nun weitergeht, ist offen. Die Bundesregierung könnte auch selbst eine Lösung einbringen, doch auch das war bisher an der Weigerung der Union gescheitert. Kolb forderte SPD und Grüne auf, unter diesen Umständen einer Reform der Abgabenordnung gar nicht zuzustimmen, weil es sonst kein Druckmittel mehr gegen die Union gebe.

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