Katholische Frauenbewegung „Maria 2.0“: Katholikinnen im Kirchenstreik
Katholische Frauen aus Münster streiken für eine Reform der Kirche. Sexualstraftäter sollen konsequent ihr Kirchenamt verlieren.
Ein Meer aus weißen Bettlaken vor dem Dom in Münster. Einige hundert katholische Frauen (und Männer) sitzen am Sonntag nicht in der Kirche, sondern stehen davor – aus Protest. Eine Woche lang wollen Katholikinnen keine Kirche betreten, keine Gottesdienste leisten und auch sonst nichts tun, was Frauen in der katholischen Kirche (meist ehrenamtlich) tun. Seit Samstag sind sie im Streik.
Maria 2.0 nennen die Gläubigen ihre Protestaktion, mit der sie sagen wollen: Wir haben die Nase voll von all den leeren Worten, mit denen männliche Kirchenoberhäupter uns seit Jahren hinhalten, wir wollen endlich Taten sehen.
In einer Onlinepetition auf der Kampagnenplattform Campact beklagen Katholikinnen die lückenhafte Aufarbeitung der zahlreichen Fälle sexueller Gewalt in katholischen Einrichtungen sowie das Fehlen ernst gemeinter Hilfsangebote und Entschädigungen. „Wir stehen fassungslos, enttäuscht und wütend vor dem Scherbenhaufen unserer Zuneigung und unseres Vertrauens zu unserer Kirche“, schreiben die Katholikinnen, die ihre Petition auch an Papst Franziskus in Rom richten.
Initiatorinnen sind Frauen aus der Gemeinde Heilig Kreuz in Münster, die auf die immer gleiche Frage treffen: Warum sind Frauen angesichts der Gräueltaten, die männliche Kirchenverantwortliche an den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen begangen haben und noch begehen, nach wie vor Mitglied dieser Kirche? Austritt ist für die Frauen „keine Option“, sie wollen die Kirche von innen heraus reformieren.
Maria 2.0. - Katholischer Frauenstreik
So fordern sie, dass Täter und Mitwisser keine Kirchenämter mehr innehaben dürfen und vor ein weltliches Gericht gestellt werden, der Zölibat aufgehoben wird und Frauen endlich Priesterinnen werden können. „Frauenlob wird gerne von Kirchenmännern gesungen“, heißt es: „Die aber allein bestimmen, wo Frauen ihre Talente in der Kirche einbringen dürfen.“
Der Streik stößt auf breiten Zuspruch. So sagt der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode der Evangelischen Presseagentur: „Ich finde die Aktion gut, um ein Zeichen zu setzen für mehr Beteiligung von Frauen in der katholischen Kirche.“ Bode ist Vorsitzender der Frauenkommission in der Bischofskonferenz. Ebenso kündigten Katholik*innen aus Österreich, der Schweiz und Belgien Unterstützung bei den rund 100 Protestaktionen in dieser Woche an: Singen und öffentliches Beten auf Plätzen und vor Kirchen, Ausbreiten von weißen Bettlaken als Zeichen „der Unschuld, der Trauer und des Mitgefühls“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen