Karlsruhe stoppt Abschiebung: Syrer muss nicht nach Griechenland
Ein Asylbewerber hatte geklagt. Jetzt mahnen die Verfassungsrichter die Behörden, bei der Abschiebung in den Drittstaat gründlicher zu prüfen.
Dabei handelt es sich ausdrücklich um eine Einzelfall-Entscheidung. Der Mann hatte den Behörden nach seiner Ankunft in Deutschland 2015 gesagt, dass er in Griechenland bereits erfolgreich Asyl beantragt habe. Dort habe er aber auf der Straße gelebt und keine staatliche Unterstützung bekommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte daraufhin den Asylantrag des Manns ab, weil er bereits in Griechenland Schutz bekommen habe.
Die Klage des Syrers auf Eilrechtsschutz wies das Verwaltungsgericht Minden mit der Begründung ab, die Situation für Flüchtlinge habe sich in Griechenland in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Zudem habe er als anerkannter Asylbewerber die gleichen Ansprüche auf Sozialhilfe wie Griechen.
Das reicht den Verfassungsrichtern nicht aus. Ihnen zufolge hätte sich das Verwaltungsgericht damit auseinandersetzen müssen, dass der Anspruch auf Sozialleistungen in Griechenland einen 20-jährigen legalen Aufenthalt voraussetzt und der Kläger deshalb von diesen Hilfsleitungen „faktisch ausgeschlossen“ sei. Das Verwaltungsgericht hätte zudem feststellen müssen, ob und wie nach Griechenland zurückgeführte anerkannte Flüchtlinge untergebracht und ernährt werden.
Eine entsprechende Zusicherung auf solch eine Hilfe sei von den griechischen Behörden im vorliegenden Fall nicht abgegeben und von Bundesamt oder Bundesregierung auch nicht angefordert worden. Das Verwaltungsgericht muss nun dem Beschluss zufolge prüfen, inwieweit anerkannte Flüchtlinge effektiv Anspruch auf die in Griechenland zum Januar 2017 eingeführten allgemeinen Sozialhilfeleistungen haben.
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