Kaliberg in Hessen: Klage gegen Monte Kali
Der Düngerkonzern K+S will eine Abraumhalde in Hessen vergrößern. Das Deponiesalz würde Trinkwasser und Natur gefährden, fürchten Umweltschützer.
Seit mehr als 100 Jahren bauen der Kasseler Konzern und seine Vorgänger in Hessen und Thüringen Rohsalz ab, aus dem mit Wasser, das als Dünger verwendete Kalium ausgewaschen wird. Doch laut K+S sind etwa 70 Prozent des Salzes nicht nutzbar und müssen entsorgt werden. Es wird in den Fluss Werra geleitet, der in die Weser übergeht. Festes Salz wird hunderte Meter hoch derzeit auf insgesamt vier Abraumhalden (umgangssprachlich Monte Kali, Kaliberg oder Kalimandscharo genannt) geschüttet. Dort wird es teilweise von Regen ausgewaschen, ebenfalls in den Fluss geleitet oder versickert ins Grundwasser, das nach langer Zeit auch in die Werra fließt. Das Salz gefährdet dem BUND zufolge die Trinkwassergewinnung. Fische würden krank, mehrere Arten seien in der Region ausgestorben.
Nun will K+S die Halde am Standort Hattorf in der Gemeinde Philippsthal (Werra) vergrößern. Dort hat das Unternehmen bereits nach eigenen Angaben rund 200 Millionen Tonnen Abraum zu einem 165 bis 230 Meter hohen Berg aufgehäuft. Die Halde ist demnach rund 1,5 Kilometer lang und 1,0 Kilometer breit. Die erneute Erweiterung soll laut BUND weitere 17,6 Hektar belegen, wofür bereits 15,2 Hektar Wald gerodet wurden.
Auch deshalb klagen die UmweltschützerInnen gegen die Genehmigung. „Größere Halden bedeuten größere Salzwassereinträge aus den Halden in die Werra“, sagte Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen. Die Behörden hätten nicht angeordnet, die bestehende Halde zusätzlich abzudecken, damit von allen Deponien insgesamt weniger Salz ausgewaschen wird. Für den Umweltverband ist dies ein Widerspruch zur übergeordneten Planung, die eine Abdeckung verlange. Der BUND bezweifelt auch, ob die vorgesehene Abdichtung des Bodens dauerhaft halten wird. Statt den Abraum weiter auf die Halden zu schütten, sollten die Rückstände lieber in den Kalibergwerken eingelagert werden. Der Umweltverband treibt auch andere Klagen gegen K+S-Entsorgungsprojekte voran.
Der Konzern teilte der taz mit: „Wir sind davon überzeugt, dass die Genehmigung rechtmäßig ist, das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde“. Den Abraum auf einer Halde aufzuhäufen, sei „der weltweit gültige Stand der Technik zur Entsorgung fester Bergbaurückstände.“ Es würden „die höchsten Umweltstandards eingehalten.“ Die Abdichtung würde den Einfluss auf das Grundwasser „minimieren“. Langfristig sollten Halden vollständig abgedeckt werden: „Es ist uns ernst damit, Vorreiter eines umweltschonenden Bergbaus zu sein“.
Auch das Regierungspräsidium Kassel geht nach eigener Darstellung davon aus, dass es die Haldenerweiterung zu Recht genehmigt hat. „Bei voller Produktion ermöglicht die Erweiterung die Aufhaldung der anfallenden Rückstände bis voraussichtlich Mitte des Jahres 2025. Das Genehmigungsverfahren zur noch ausstehenden Phase 3 dauert an“, teilte die Behörde bereits Anfang April mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid