Kämpfe in Sudan dauern an: Regierung setzt Verhandlungen aus

Präsident Burhan droht mit Intensivierung des Krieges und zieht die Armee aus Gesprächen mit der RSF-Miliz zurück. Khartum ist angeblich abgeriegelt.

Männer in Uniformen recken die Fäuste

Sudans Präsident inmitten der 7. Infanteriedivision in Khartum, 30. Mai Foto: Sudan Armed Forces/reuters

BERLIN taz | Im Krieg zwischen der Regierungsarmee und der Miliz RSF (Rapid Support Forces) in Sudan setzt die Armee auf Eskalation. Die Regierung von Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan setzte am Mittwoch die laufenden Gespräche in Saudi-Arabien über einen Waffenstillstand aus, wie sudanesische Diplomaten mehreren Medien bestätigten. Ein Armeesprecher sagte der Nachrichtenagentur AP, man reagiere damit auf „wiederholte Verletzungen“ der geltenden vorläufigen Waffenruhe, die am 22. Mai in Kraft getreten und am 29. Mai für weitere fünf Tage verlängert worden war.

In einer Ansprache hatte Burhan, der im laufenden Konflikt sehr selten öffentlich auftritt, bereits am Dienstagabend eine Intensivierung des Krieges in Aussicht gestellt. „Die Armee hat ihre vollständige letale Kraft bisher noch nicht aufgeboten, aber sollte der Feind die Stimme der Vernunft weiterhin ignorieren oder darauf nicht eingehen, könnte sie dazu gezwungen sein, sie einzusetzen“, sagte der Staats- und Armeechef vor Soldaten in Sudans Hauptstadt Khartum. Die RSF müsse sich aus zivilen Wohnvierteln und Einrichtungen zurückziehen und sich in Demobilisierungszentren begeben, verlangte er.

Dem Aufruf, die Waffen zu strecken und sich aufzulösen, gedenkt die RSF unter dem früheren Vizepräsidenten Hamdan Daglo Hametti allerdings nicht Folge zu leisten. In einer eigenen Stellungnahme erklärte die Miliz, sie stehe „bedingungslos“ hinter den Gesprächen im saudischen Dschiddah, „obwohl die SAF (Sudanesische Streitkräfte) die Feindseligkeiten nicht eingestellt haben“. Man kämpfe weiter für Demokratie in Sudan gemeinsam mit dem sudanesischen Volk.

Die schwer umkämpfte Hauptstadt Khartum ist blockiert

Das sudanesische Volk, das hunderttausendfach vor diesen Kämpfen die Flucht ergriffen hat, gerät dabei komplett unter die Räder. Verschiedene lokale Quellen berichteten am Mittwoch, es sei nun nicht mehr möglich, die besonders schwer umkämpfte Hauptstadt Khartum zu verlassen. Auch die Hafenstadt Port Sudan am Roten Meer, wo viele Menschen aus Khartum und auch internationale Organisationen Zuflucht gefunden haben, soll mittlerweile vom Großteil Sudans abgeschnitten sein – nur der Landweg in angrenzende Regionen Sudans sowie nach Ägypten sei noch offen, hieß es. Die Behörden in Port Sudan verhängten am Dienstagabend eine nächtliche Ausgangssperre und warnten vor „Schläferzellen“ des Feindes – gemeint ist die RSF – in der Stadt.

Eine dauerhafte Sperrung der Verkehrswege zwischen Port Sudan und Khartum würde alle Bemühungen durchkreuzen, internationale humanitäre Hilfe für Sudans Bevölkerung zu leisten. Die Zulassung ungehinderter Hilfe war der Hauptsinn der in Dschiddah vermittelten Waffenruhe gewesen. Hilfsgüter kommen über Port Sudan ins Land und müssen von dort aus in andere Landesteile gebracht werden.

Präsident Burhan

„Die Armee hat ihre vollständige letale Kraft bisher noch nicht aufgeboten“

Am Samstag hatte das UN-Welternährungsprogramm WFP nach eigenen Angaben erstmals seit Beginn des Krieges am 15. April mit Lebensmittelverteilungen in Omdurman begonnen, der Zwillingsstadt von Khartum am westlichen Nilufer. In der für drei Tage angesetzten Operation seien sowohl in von der Armee kontrollierten Gebieten als auch in denen unter RSF-Kontrolle insgesamt 12.445 Menschen versorgt worden, hieß es. Auch in Port Sudan sowie der nordsudanesischen Grenzstadt Wadi Halfa laufe Hilfe an. Das WFP rechnet damit, dass in den nächsten Monaten rund 40 Prozent der rund 45 Millionen Einwohner Sudans Hunger leiden werden. Nach Angaben der UN-Migrationsorganisation IOM sind inner- und außerhalb Sudans mittlerweile 1,65 Millionen Menschen auf der Flucht.

Eine Eskalation des Krieges seitens der Regierung bahnte sich schon vergangene Woche an. Am Samstag hatte Verteidigungsminister Yasin Ibrahim eine Generalmobilmachung aller Reservisten im Alter bis zu 65 Jahren ab Montag angeordnet. Die Regierung hatte auch die Auswechslung des deutschen UN-Sudanbeauftragten Volker Perthes gefordert.

Am Mittwoch wurde aus Khartum erneut schwerer Artilleriebeschuss gemeldet. Die Armee feuere aus ihren Stellungen in Omdurman über den Nil ins Zentrum von Khartum, wo die RSF steht, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Augenzeugen.

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