Kämpfe in Nordostsyrien: Syrische Kurden weiterhin unter Druck
Angeblich sollen nun amerikanische und französische Soldaten die Grenze zur Türkei sichern. Die droht damit, die kurdischen YPG zu „verbrennen“.

taz | Die Lage der Kurden in Syrien bleibt angespannt. Nach Angaben aus kurdischen Kreisen wird derzeit darüber verhandelt, ob französische und amerikanische Soldaten die Grenze zwischen der Türkei und dem von den syrischen Kurden kontrollierten Gebiet im Nordosten des Landes überwachen können. Dem französischen Sender TV 5 Monde sagte die hochrangige Kurdenpolitikerin Îlham Ahmed, „Frankreich und die USA könnten tatsächlich die Grenzsicherung übernehmen“.
Offiziell wurde das noch nicht bestätigt. US-Truppen sind derzeit bereits in dem Gebiet im Einsatz und sollen, ebenfalls nach kurdischen Angaben, in der Grenzstadt Kobanê Stellungen bezogen haben. Demgegenüber betont die türkische Regierung nahezu jeden Tag, sie werde eine bewaffnete Präsenz der kurdischen SDF und YPG Milizen nicht länger hinnehmen und notfalls die „YPG vom Erdboden verbrennen“.
Seit Wochen finden Kämpfe zwischen kurdischen Einheiten und der von der Türkei unterstützten SNA-Miliz statt. Schon Mitte Dezember hatte die SNA mit türkischer Luftunterstützung die westlich des Euphrat gelegene Stadt Manbidsch von den Kurden erobert, damit gedroht, den Euphrat zu überschreiten und Kobanê anzugreifen. Dem waren die YPG-Milizen mit einem Gegenangriff zuvorgekommen.
HTS-Regierung will keine „Abspaltung“ dulden
Insgesamt geht es darum, dass die syrischen Kurden eine Region östlich des Euphrats auch weiterhin in Eigenregie verwalten wollen. Erste Gespräche darüber hatten Ende Dezember auch mit den neuen HTS-Machthabern in der Hauptstadt Damaskus stattgefunden. Nach einem Gespräch mit Maslum Abdi, dem Kommandeur der kurdischen Truppen, sagte HTS-Führer Ahmed al-Sharaa, die Regierung werde keine Abspaltung in Teilen Syriens dulden.
Alle Milizen müssten ihre Waffen abgeben und sich in eine neu zu bildende syrische Armee integrieren. Dennoch bezeichnete Maslum Abdi das Gespräch anschließend als positiv. Er sagte, die „Demokratischen Kräfte Syriens“ die von den kurdischen Milizen dominiert werden, „unterstützen die neue syrische Führung, damit Stabilität im Land herrscht, um den Weg zu einem konstruktiven Dialog zwischen den Syrern zu bereiten“.
Es scheint, dass die USA auch unter Trump zunächst bereit sind, die Kurden abzusichern. An Erdoğan gewandt sagte Trump, die türkische Armee sollen „nicht die Falschen angreifen“. Dennoch macht die türkische Regierung weiterhin Druck. Einerseits bietet sie der neuen HTS-Regierung Unterstützung an, anderseits will sie, dass diese die Kurden möglichst schnell entwaffnet. Türkische Medien berichteten gestern, dass der neue syrische Machthaber Ahmet al-Sharaa in den nächsten Tagen einen Besuch in Ankara plant, um sich dort mit Erdoğan zu treffen.
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