Kabinett will mehr Mieterschutz: Plötzlich geht da was
Seit dem Koalitionsbruch entdeckt Rot-Grün den Mieterschutz: Kappungsgrenze senken, Transparenz bei möblierten Wohnungen. Nur die Mehrheiten fehlen.
Derzeit dürfen in angespannten Wohnungsmärkten Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren höchstens um 15 Prozent steigen. Diese sogenannte Kappungsgrenze soll nun auf 11 Prozent gesenkt werden, um den Mietenanstieg stärker zu begrenzen. Das wird insbesondere für Sozialwohnungen relevant, deren Bindung ausläuft.
Zudem sollen Gemeinden mit über 100.000 Einwohner*innen verpflichtet werden, eine qualifizierten Mietspiegel zu erstellen, um mehr Transparenz zu schaffen. Der Betrachtungszeitraum, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen, soll von sechs auf sieben Jahre ausgeweitet werden. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto mehr alte und damit meist günstigere Mietverträge zählen hinein – die Ausweitung soll einen preisdämpfenden Effekt haben.
Besserer Kündigungsschutz
Der Gesetzentwurf enthält zudem einen verbesserten Kündigungsschutz. Werden Mieter*innen wegen Zahlungsverzug außerordentlich gekündigt, kann die Kündigung schon jetzt abgewendet werden, wenn die fehlenden Zahlungen innerhalb der gesetzlichen Schonfrist beglichen werden. Dies gilt allerdings nicht bei ordentlichen Kündigungen – dieser Umstand wird schon lange von Mieterschutzverbänden beklagt. Laut Gesetzentwurf soll nun die „Schonfrist, auf die ordentliche Kündigung übertragen“ werden. Dadurch könnte wohl ein Teil der Zwangsräumungen verhindert werden.
Daneben sollen Vermieter*innen, die möblierte Wohnungen anbieten, künftig verpflichtet werden, zu Mietbeginn den Möblierungsaufschlag separat auszuweisen. Damit können Mieter*innen die ortsübliche Vergleichsmiete einfacher ermitteln – und somit besser überprüfen, ob die Mietpreisbremse eingehalten wird. Erst vergangene Woche hatte das Kabinett beschlossen, die Mietpreisbremse bis Ende 2029 verlängern zu wollen. Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt derzeit noch bis Ende 2025.
Doch beide Gesetzentwürfe haben einen großen Haken: Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben noch vor der Neuwahl durch den Bundestag kommen. Denn die rot-grüne Übergangsregierung ist auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Die FDP wird die Vorhaben jedenfalls nicht durchwinken, die Union spielt auf Zeit und betont, für eine eventuelle Verlängerung der Mietpreisbremse bliebe auch noch nach der Neuwahl Zeit. Dem widerspricht der Mieterschutzbund: Bis eine Regierung stehe und ein neuer Gesetzentwurf vorliege, könne viel Zeit vergehen. Zudem müssen die Länder festlegen, welche Orte als angespannt gelten, auch das könne ein paar Monate in Anspruch nehmen.
Die Zukunft der Mietpreisbremse bleibt also ungewiss. Einen ersten Stimmungstest gibt es am Donnerstagabend: Da wird die Verlängerung der Mietpreisbremse in erster Lesung im Bundestag beraten.
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