Kabinett beschließt neues Rentenpaket: Nach den Boomern kommt das Glück
Die Ampelkoalition einigt sich auf das zweite Rentenpaket. Damit wird die Mindesthöhe der Rente gesichert – und die Beiträge steigen kräftig.
N ach der Reform ist vor der Reform. Auch das aktuell beschlossene Rentenpaket II wird nicht der letzte Versuch zur Stabilisierung der Rentenfinanzen bleiben. An Vorschlägen dafür mangelt es nicht. Im Gespräch sind die Anhebung des Rentenalters, ein Ende der abschlagsfreien Rente nach 45 Berufsjahren oder der teilweise Umstieg auf die Finanzierung über Aktienanlagen.
Kein Vorschlag alleine löst das Grundproblem des Rentensystems dauerhaft. Es besteht ein wachsendes Missverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Rentnern. Dadurch droht eine hohe Belastung der Beitragszahlenden, insbesondere der jüngeren Versicherten und der Arbeitgeber. Die große Frage ist, wie eine Überlastung vermieden werden kann.
Das nun beschlossene Rentenpaket ist dazu nur bedingt geeignet. Es sichert auch künftigen Rentnern ein gewisses Mindestniveau ihrer Ansprüche. Damit verteuert es das System tendenziell noch. Entlastung soll das aktienbasierte Generationenkapital bringen.
Von einem großen Wurf kann hier jedoch nicht die Rede sein. Es soll ab Mitte der 30er Jahre jährlich 10 Milliarden Euro einbringen. Angesichts von Ausgaben der Rentenkasse in Höhe von fast 375 Milliarden Euro im vergangenen Jahr ist die Entlastung minimal. So rechnet auch die Bundesregierung mit einem kräftig ansteigenden Beitragssatz ab dem Jahr 2028. Dann geht es von 18,6 Prozent des Bruttolohnes auf 22,3 Prozent im Jahr 2040 hoch. Bei einem Bruttolohn von 4.000 Euro müssen Arbeitnehmerinnen wie auch die Arbeitgeber dann 74 Euro mehr im Monat bezahlen.
Babyboomer haben ausgeboomt
Im Vergleich zu den Spitzenbeiträgen von über 20 Prozent, die die Boomergeneration früher mal entrichtet hat, sind es 40 Euro Mehrbelastung. Der Vorwurf, die Rentenpolitik gehe einseitig zulasten der jüngeren Generation, stimmt daher nur bedingt.
Auch steht es um die Aussichten junger Leute mit Blick auf die eigene Rentenerwartung gar nicht schlecht. So schnell wie die Boomer ins Rentnerleben eintreten, so schnell wird sich ihre Anzahl Mitte der 50er verringern, was zu sinkenden Rentenausgaben bei hohen Einnahmen führt. Für die danach in den Ruhestand gehenden Generationen sieht es also nach einer guten Rente aus. Wer heute 30 Jahre alt oder jünger ist, kann daher eher optimistisch sein.
So bleibt die Frage nach der Belastungsgrenze. Sie kann heute nicht abschließend beantwortet werden. Die Höhe der Rentenbeiträge hängt vom Arbeitsmarkt, der Lohnentwicklung und der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft ab. Insofern sind langfristige Prognosen von erheblichen Unsicherheiten geprägt. Bisher jedoch konnte noch jede Schieflage durch Reformen vermieden werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?